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Volltext: Die bildenden Künste der Gegenwart

Gruppe XXV. Die bildenden Künste der Gegenwart. 43 
Meister und das meisterhafte Institut des Gewerbemuseums angeleitet, 
ein Geschlecht von Kunsthandwerkern in Wirksamkeit, das eben so 
grossen Eifer wie tüchtige Fähigkeit zeigt, den Intentionen der Archi 
tekten gewissenhaft und liebevoll nachzugehen und sie bis in das kleinste 
Detail durchzuführen. Freilich, wer den albernen Traum träumt, un 
sere Zeit müsse einen einheitlichen Ausdruck in der Architektur ge 
winnen, wer von einem absonderlichen Stil des 19. Jahrhunderts als 
einer künstlerischen Nothwendigkeit schwatzt, wird nicht ganz befrie 
digt sein. 
Eine Ansicht zeigt uns das gothische Rathhaus und in seiner 
Nachbarschaft den Museumsbau in reichen Renaissanceformen und das 
künftige Parlamentshaus von einer griechischen Säulenhalle beschattet. 
Wer sich darüber ärgert, soll zuerst die Vielgestaltigkeit unseres Lebens, 
die Mannigfaltigkeit unserer Culturwurzeln tilgen. Die Hauptsache für 
unsere Kunstentwickelung ist, dass wir, wenn wir zu einem Baustil 
greifen, diesem sein volles Recht widerfahren lassen, das organische 
Gefüge desselben nicht zerstören, und dass der Künstler seine Indivi 
dualität nicht preisgiebt, mag er diese oder jene Banformen anwenden, 
unmittelbares Leben ihnen einhaucht, das Gepräge seiner Persönlich 
keit ihnen aufdrückt. In wie hohem Grade dieses bei Semper zutrifft, 
ist längst anerkannt. 
Fällt der Architektur im Wiener Knnstleben eine leitende Rolle 
zu, so zeigt dagegen die Malerei noch eine starke Anlehnung theils 
an die Münchener, theils an die französische Schule. Boi den Uebel- 
ständen, welche bis in die jüngste Zeit herab an der Wiener Akademie 
herrschten, war es begreiflich, dass die besseren Talente anderwärts 
ihre Ausbildung suchten, überdies hat der Reichthum und Luxus, der 
in Wien sich sammelte und die Kunstliebe in Mode brachte, einen 
stattlichen Zuzug fremder Künstler veranlasst. Die Gunst der reichen 
Kunstliebhaber neigte sich natürlich der coloristischen Richtung am 
meisten zu und legte den Anschluss an die französische unter ähn 
lichen Verhältnissen wirksame Kunst nahe. Am stärksten von dersel 
ben berührt zeigen sich E. Felix und C. Herbsthofer. Doch trägt 
namentlich die Genremalerei den deutschen Charakter, die Betonung 
des poetischen Inhaltes, die freudige Hingabe an das Studium naiven 
Volkslebens, die gernüthlich - harmlose Auffassung an sich. Durch den 
wackeren Waldmüller schon vor einem Menschenalter in Wien einge 
bürgert, wird sie jetzt durch Friedländer, Schönn, Kurzbauer 
trefflich vertreten. Eine Specialität bilden die Werke von A. Petten- 
kofen. Sie schildern mit Vorliebe ungarische Volksscenen und fesseln 
durch die feine Stimmung, den zarten silbergrauen Ton, die frische 
Auffassung. 
Durch den Geburtsort hat Wien auch das Anrecht an einen an 
deren Specialisten, den Aquarellmaler Passiny erworben, dessen Bilder
	        
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