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Volltext: Die bildenden Künste der Gegenwart

Gruppe XXV. Die bildenden Künste der Gegenwart. 45 
Landschaftsmaler Berg, Wahlberg und Holm, aus Norwegen: 
Gude, Ti dem and, Morten Müller, Nielssen, Hanno, aus 
der Schweiz: Hie Bildhauer Dorer und Schlöth, den Altmeister 
unter den Thiermalern Koller, dann Stückelberg, A. Corrodi und 
W ec kesser, die Landschaftsmaler B o c i o n, Zimmermann, 
Diday u. s. w. Durchweg tüchtige Einzelleistungen wurden uns von 
diesen Künstlern geboten, bei denen aber die Anlehnung an die Weise 
sei es der französischen, sei es der deutschen Kunst sich bemerkbar 
macht. Erwähnenswerth ist in diesen Nebenkreisen die Vorliebe für 
die Landschaftsmalerei, die Meisterschaft in der Auffassung und Behand 
lung der heimischen Naturformen. Es scheint, als ob ihre Phantasie 
von der Tradition unberührt, gerade für die Reize und Schönheiten 
ihrer heimathlichen Landschaften eine besonders frische Empfänglich 
keit sich bewahrt hätte. 
Ganz abgesondert, ohne Zusammenhang mit den continentalen 
Schulen treten die Maler Englands auf, die in Wien wenn auch nicht 
zahlreich doch ganz würdig vertreten waren. Die französische Kunst, auf 
dem Festlande dominirend, übt keinen uennenswerthen Einfluss auf 
die englischen Künstler, auch das Studium der alten Meister wirkt nicht 
bestimmend, am ehesten berührt sich das gegenwärtige Geschlecht mit 
der Künstlerschaar, welche am Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst 
den englischen Namen in der Kunst berühmt machte. Diese vollstän 
dige Abgeschlossenheit erschwert das gerechte Urtheil, das sich nur zu 
leicht von continentalen Gewohnheiten gefangen nehmen lässt. Wir 
erkennen den Zusammenhang der englischen Malerei mit bestimmten 
literarischen Richtungen; die pointirten bis an die Grenze der Wahr 
scheinlichkeit streifenden Charaktere Dickens’ treten uns auch in den 
englischen Genrebildern entgegen, wir begreifen die Abhängigkeit von 
den heimischen Typen, die sich in der Landschaftsmalerei, wie in der 
Schilderung des menschlichen Lebens kuudgiebt, wir beneiden die 
englischen Maler um den Muth, ganz selbstständig und unabhängig zu 
verfahren. Aber in ihrer Formensprache, besonders in ihrem Colorit, 
das sich mit Vorliebe in der Scala hellster Töne bewegt, scharfe Con- 
traste nicht scheut, die Lösung derselben durch Halbdunkel meistens 
verschmäht, liegt etwas Fremdartiges, welches nur allmälig vom Be 
schauer überwunden wird, zumal auf einer allgemeinen Ausstellung, wo 
das Auge rasch ermüdet und für neue Eindrücke die Empfänglichkeit 
leicht verliert. Unbestritten bleibt die hohe Begabung, welche aus den 
Werken eines Leighton, Lewis, Ward, Armitage, Calderon, 
Faed spricht, ebenso wie die Virtuosität, welche die englische Aquarell 
malerei auszeichnet. Selbst in den graphischen Künsten bewahren die 
Engländer ihre Abgeschlossenheit. Sie treiben am liebsten die Schab 
kunst, während auf dem Continente sich die einzelnen Schulen wieder 
stark einander genähert haben, der alte Cartonstich in den Hintergrund
	        
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