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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 21
Dürer, Helena und Konstantin, Die Einnahme der
Stadt Oppenheim durch die Schweden (7. Novem
ber 1631), Die Schlacht zwischen Engländern und
Holländern am 25. Juli 1666, Oliver Cromwell zu
Pferde, Thomas Fairfax, Adriaen van Venne und den
großen Abendmahlskelch nach Mantegna.
Es folgt, um nur die wichtigsten Namen zu nennen,
Lucas van Leyden mit einer Anzahl der kostbaren
Frühwerke des Meisters (Sündenfall, Abraham und
die drei Engel und andere), Jan Live ns (Der heilige
Hieronymus), Andreas Mantegna (Der Auferstandene
zwischen dem hl. Andreas und dem hl. Longinus,
Christus in der Vorhölle usw.), Israel van Mecken
(Tod der Lukretia), Jean Morin usw.
Von besonderem, internationalem Werte ist die
Nanteuill-Sammlung, 110 Porträts, meist im ersten
Plattenzustand und von einer Schönheit und Frische
der Erhaltung, wie sie selbst bei Davidsohn, der auf
makellose Exemplare sah, auffallen. Es befindet sich
dabei wohl ein Dutzend der lebensgroßen Brustbilder,
wie das des Parlamentspräsidenten Pompone de Bel-
lievre, Karl Emanuels II. von Savoyen, des Herzogs
von Chaulnes, des Kardinals Mazarin, des Lehrers
Ludwig XIV., Erzbischofs Serefix usw.
Den Schluß bilden die Stiche Raimondis, 60 Num
mern mit den Hauptblättern des Meisters, Paulus
predigt in Athen, Die fünf Heiligen, Der Triumpf des
Marc Aurel, Die Mäßigkeit, Der Guitarrespieler (der
Dichter Achellini), Die drei Doktoren usw. „Die Ma
donna mit dem Fisch" ist überhaupt das einzige be
kannte Exemplar.
Die zweite Davidsohn-Versteigerung wird durch die
Auktion einer kostbaren anderen Sammlung von
Kupferstichen ergänzt,, deren Stärke in den deutschen
Meistern des 16. Jahrhunderts liegt. Der Glanzpunkt
ist das Dürer-Werk, das aus 135 Nummern besteht
und fast alle Hauptblätter in einer Qualität enthält,
die dem Davidsohnschen Dürer-Werk kaum nachsteht.
Eine Kolo-Moser-Ausstellung in Wien.
Zwei Jahre sind ts nun, daß Professor Kolo Moser von
uns gegangen. In der Vollkraft seines Wirkens hat ihn ein
unbarmherziger Tod uns entrissen. Man ist in den Nachrufen
dem Kaumkünstler gerecht geworden, der Wunder der Aus
stattung geschaffen, man hat aufrichtig den Hexenmeister
betrauert, der dem heimischen Kunstgewerbe neue, bisher
nicht geahnte Entfaltungsmöglichkeiten erschlossen hat, der
Maler Moser ist ziemlich leer ausgegangen. Wie viel wir an
ihm auch nach dieser Richtung verloren haben, wie er den
Pinsel gemeistert, davon wird weiten Kreisen erst die Ge
dächtnis-Ausstellung Kunde geben, die der rührige Kunstsalon
Wolf rum in den nächsten Tagen eröffnet.
Die Vielseitigkeit, die Ludwig Hevesi den Sezessionisten
im allgemeinen nachrühmt, kommt besonders beim Maler Moser
zur Geltung. Zunächst Mosaikmalerl Die ungewöhnliche tech
nische Begabung, die sich in seinen kunstgewerblichen Schöp
fungen — Gedichte nannte sie ein Bewunderer — auszuleben
schien, führte Koloman Moser zu dem bis dahin sehr vernach
lässigtem Flachglase„dem er zu einer neuen Renaissance verhall
Die Sehnsucht nach dem Mosaik stillte der Künstler in farben
gesättigten Kompositionen, die vom Zauber' des Gold über
flutet sind. Man betrachte in der Ausstellung einmal diesen
edlen, milden Christus, der von einem Kranz sonniger Engels-
köpfchen umgeben ist. Und um ihn ljerum die Schar der
Jünger, deren Gewänder in herrlichen Tönen herabfließen.
Eine ähnliche Wirkung geht auch von einem anderen Mosaik
bilde aus, das die göttliche Barmherzigkeit zu symbolisieren
scheint. Gottvater, dör mit gleicherGiite alle seine Kinder umfaßt.
Klimts künstlerische Liebe gehört indes dem weiblichen
•Akt. In unzähligen Varianten ist dies unerschöpfliche Thema
abgewandelt, immer aber kann man die Virtuosität dm" Zeich
nung bewundern, die bei aller Naturwahrheit dezent wirkt-
Nichts darf den Eindruck des Körpers beeinträchtigen. Darum
Sind die Arme in Stellungen gebracht, die ihn vollständig frei
! assen, Das einemal hoch nach oben gestreckt, lehnen sic das
anderemal, wie zum Beispiel bei „Den drei Grazien", die je
doch nicht Schönheiten im klassischen Sinne sind, an die
Schultern. Beim „Schlafenden Mädchen" wieder stützt die
eine Hand den Kopf, während die andere vom Leibe verdeckt
wird. Mehr als Lust an Anatomie ist es auch, wenn Kolo Moser
die Rückseite zum Vorwurf nimmt. Ihn reizt die Schönheit
des Körpers, die er in jeder Form zum Ausdruck zu bringen
sucht. In dem „Mädchen vor dem Toilettespiegel“ ist es ihm
am besten gelungen, wenn auch manch andere Rückenansicht
gefallen wird.
Gemahnen viele dieser Aktbilder an Klimt und Hodler,
die sich wahrlich ihrer nicht zu schämen brauchten, so glaubt
man eine der kraftvollen Plastiken eim_s Meuniers vor sich zu
haben, wenn man sich in die Betrachtung des auf einem Knie
liegenden Mannes versenkt. Ein Beispiel von glänzender Selbst
beobachtung gibt das aus dem Jahre 1912 stammende Selbst
porträt des Künstlers, an das man sich aus der seinerzeitigen
Ausstellung in der „Sezession" angenehm erinnern wird. Kolo
Moser hat sich in ganzer Figur, mit der gewohnten Zigarette
in der Hand, dargestellt.
Auch an dem Landschaftsmaler Moser wird man seine
Freude haben. Sein „Tannenwald" ist von wunderbarem
Stimmungsgehalt, die Seestücke von einer packenden Realistik.
Unter den Stillebeh fesseln insbesondere die Blumendarstellun
gen. Eines der schönsten ist der „Rosenstrauch“.
Nicht vergessen sollen schließlich auch die prächtigen
Entwürfe zu den österreichischen Briefmarken werden, die —
welch eigenartiges Geschick - Professor Kolo Moser erst im
Auslande bekannt gemacht haben. Dort wußte man so viel
wie nichts von dem hochbegabten Zeichner und Maler, hin
drang wenig von dem Raumkünstler una dem Wiedererwecker
des Kunstgewerbes, von dem trefflichen Glaser, Töpfer,
Teppichknüpfer, Stoffmusterzeichner und Schöpfer reizender
Bucheinbände, dort kannte man nur den Mann, der die aller
dings sehr hübschen Briefmarken in den letzten Regierungs
jahren des Kaisers Franz Josef entworfen bat. In der Heimat
soll der Prophet einmal gelten, hier soll man Koloman Moser
in seiner Eigenschaft als glänzender Maier kennen lernen und
dazu gibt die Ausstellung Gelegenheit, für die man dem Salon
Wolfrum sicher Dank wissen wird.
Die Ausstellung wird um den 20. November im
Hause, I., Kohlmarkt 4, eröffnet werden und etwa vierzehn
Tage zugänglich bleiben. Es sollte uns sehr wundern, wenn die
vi len Fremden, die jetzt in Wien weilen, achtlos an ihr vorüber
gehen würden.
Chronik,
BIBLIOPHILIE.
(Die Bannbulle gegen Luther.) Nachdem Professor
Dr, Kalkoff in Breslau darauf aufmerksam gemacht, hatte,
daß Sattler in seiner Geschichte des Herzogtums Württem
berg die Bannbulle gegen Luther nach einem Original
abgedruckt hat, haben Nachforschungen zu dem Ergebnis
geführt, daß die im württembergischen Staatsarchiv befind
liche Ausfertigung auf Pergament mit anhängendem Blei-
siegel wohl die einzige erhaltene Urschrift der Bulle darstellt.
Wir wissen von drei Originalausfertigungen; die eine hat der