MAK
Seite 114 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 8 
dessen Leben lind Wirken schildert, und dessen einzelne 
Werke genau beschreibt. 
Die Periode von Utamaros Manierismus dauerte auch 
nicht lange, beiläufig ein Jahrzehnt, dann war der künst 
lerische Fieberrausch erloschen und mit ihm Utamaros 
Lebenskraft. 
Als Beispiel dieser Periode bringe ich ein Bild 
(Fig. 2), das zu der Serie gehört, welche Dr. Kurth in dem 
Werke über Utamaro unter Nr. 417 »Seiro niwaka bi-jin 
awase«, das heißt, Sammlung schöner Frauen beim 
Niwaka-Feste (eine Art von Karnevalfeier im Yoshiwara- 
vicrtcl) anführt. 
Fig. 2. Utamaro. 
Die Zahl der Blätter ist unbestimmt. Dr. Kurth be 
schreibt drei Blätter, unseres wäre ein viertesBlatt. 
Das Blatt stellt eine Szene aus dem Drama »Oshie kusa 
voshiwara susume mit der Oiran Hinatsuru aus dem 
Hause I'shi-zia« vor. Das Drama wurde wahrscheinlich 
während des Niwaka-Festes im Yoshiwaraviertel aufge 
führt. Die Handlung dieses Dramas zu schildern, bin ich 
jedoch nicht in der Lage, auch fehlt mir noch der Name 
der zweiten Frauengestalt. Die Lesung ist hier schwer, 
da die Inschrift etwas beschädigt ist. Vielleicht gelingt 
dies einem der Leser des Artikels. 
Man beachte auf diesem Bilde nur die langen, 
schmalen Köpfe auf den dünnen Hälsen, die zarte, nervöse 
Hand und die kleinen Augen wie den übermäßig kleinen 
Mund, und man wird mir recht geben. 
Das unter Nr. 1 von mir veröffentlichte Blatt dürfte 
auch zu dem von Dr. Kurth in seinem Werke »Utamaro« 
unter Nr. 168 erwähnten Triptychon gehören. Es heißt 
daselbst wörtlich: »168, Kollektion Goncourt Nr. 1375 
beschreibt das mit dem vorigen sicher verwandte Trip 
tychon: »Herstellung von Drucken.« (»Frauen befeuchten 
das Papier mit der Bürste und lassen es auf einer Leine 
trocknen. Andere glätten das Holz mit Klöpfelschlägen, 
schneiden die Bilder hinein, oder schärfen die Geräte 
dazu. Andere endlich prüfen die Holzschnitte, die soeben 
abgezogen sind.« Es ist bemerkenswert, daß auf diesem 
Triptychon ausschließlich Frauen tätig sind.) 
Zur näheren Erläuterung betreffs des Hinweises auf 
| die vorige Nummer füge ich bei, daß Dr. Kurth daselbst 
j bringt: »Yedo mei ban nishiki-yc tagayashi,« das heißt, 
die Pflege der berühmten Brokatbilderdrucke in Yedo. 
Er beschreibt dabei zwei Blätter, welche den Verkauf 
der Holzschnitte und das Kontor des Verlegers Tsuruya 
in Yedo darstellen. 
Da das von Dr. Kurth unter Nr. 168 erwähnte Trip 
tychon nur im allgemeinen von Goncourt be 
schrieben erscheint, so will ich zur Ergänzung auf diese 
Darstellung näher eingehen. Zu bemerken ist hier, rechts 
oben am Blatte, ein längliches Schild, worauf der Titel 
des Blattes geschrieben steht. Er lautet: »Yedo mei 
budsu nishikiye kosaku,« das heißt, Yedos Sehenswürdig 
keiten, die Brokatbildererzeugung. Daneben links steht 
die Legende: »Hangishi tshokoku shite nawashino yori 
honden-e utzushi uyuruzu,« das heißt, die Holz- 
schneiderin überträgt das Bild vom Original auf das Holz 
durch Schnitzen. 
Damit ist den Laien gesagt, was das Bild dar- 
stellen soll. 
Ferner sehen wir am Bilde im Vordergründe ein 
Mädchen hockend, das auf einem eckigen Schleifsteine, 
welcher in einem mit Wasser gefüllten Bottich steht, 
ein Messer schleift. Hinter ihr rechts sitzt in derselben 
Stellung ein zweites Mädchen, welches in die Holzplatte 
die feinen Umrißlinien durch die aufgeklebte Original 
zeichnung hineinschneidet. Hinter ihr befindet sich ein 
drittes Mädchen mit aufgelöstem Haar, das mit Meißel 
und Schlägel arbeitet. Es verrichtet offenbar die gröbere 
Arbeit. Nachdem das zweite Mädchen die feinen Umrisse 
in das Holz hineingeschnitten hat, meißelt es das Ueber- 
fliissige, mit sorgfältiger Beachtung der eingeschnittenen 
Randlinien, hinweg. Am Boden liegen noch verschiedene 
Holzplatten, und unter dem niedrigen Arbeitstischchen 
des zweiten Mädchens steht eine Schale, wahrscheinlich 
mit einer öligen Flüssigkeit, die zum Befeuchten des 
Messers dienen soll. Auf dem Tischchen liegen noch zwei 
Messer und an der Wand hängt eine Landschaft. 
Was die Farbengebung anbelangt, so ist das messer 
schleifende Mädchen mit einem, irn lichten Tone ge 
haltenen grünlich-blauen Kleide (Kimono) bekleidet, 
darüber ist ein roter Gürtel (Obi) gebunden. Das Kleid 
hat einen schwarzen Kragen, worunter ein violettes, 
weißgemustertes Unterkleid hervorsieht. Die Holz 
schneiderin hinter ihr hat ein braunes Kleid, ebenfalls 
mit schwarzem Kragen, darunter ein violettes Unterkleid 
und einen schwarzen, gelbgemusterten Gürtel. Das 
dritte Mädchen, mit dem Schlägel in der Hand, trägt ein 
kobaltblaues, weißgestreiftes Kleid und einen roten, gelb 
gemusterten Gürtel. Bei allen dreien ragt bei den weiten 
Aermeln das unterste, also dritte, hemdartige rote Ge 
wand (suban) hervor. Der Hintergrund ist lichtbrauner 
Ocker. 
Wir lernen durch diese Darstellung die Arbeit des 
japanischen Xylographen kennen, sehen, welcher Instru 
mente er sich bedient und wie er seine Arbeit verteilt. 
Ganz richtig weist Dr. Kurth darauf hin, daß es be 
merkenswert ist, daß bei dieser Darstellung ausschließ 
lich Frauen tätig sind. Es ist dies aber nur bezeichnend 
für Utamaro, den großen Frauenfreund, auf den ich in 
meinem nächsten Aufsatze noch zurückkommen will.
	            		
Nr. 8 internationale Sammler-Zeitung. Seite 115 Morgans Kunstsammlungen. Von Adolf Donath (Berlin). Mit Pierpont Morgan, der dieser Tage in Rom starb, verliert der Kunstmark seinen größten Förderer und seinen — gefährlichsten Gegner. Fr ist es gewesen, der die »amerikanische Gefahr« beschwor, die flutartig über Museen und Sammlerwelt hereinbrach und mit ihren ungezählten Millionen alle am Golde gemessene ; große Kunst verschlang. Aber Pierpont Morgan hat zweifellos auch mit seinen Millionen eine Kulturtat voll bracht, indem er Großes und Bedeutendes, um das sich j Amerika vielleicht nie gekümmert hätte, für sein Land gewann und dann schließlich durch sein Verketten von j Kunst und Geld doch wieder das Kulturbewußtsein der i Europäer gestärkt hat. Europas Opfermut entriß ihm manches »Opfer«. Holbeins »Königin Christine« oder V e 1 a s q u e z’ »Venus und Cupido« wären für die Na tional üalery in London verloren gegangen, wenn die j Engländer sich nicht zusammengetan und die 2 Millionen für Holbein und die 1,200.000 Mark für Velasquez ge zeichnet hätten. Pierpont Morgan ist der temperamentvollste unter den neuen Sammlern gewesen, und kein Parvenü des j Kunstmarktes, sondern einer, dem das Sammeln im Blute [ saß. Sein Vater hatte ihm stattliche und wertvolle Kunst- j schätze hinterlassen, die Mr. Pierpont eifrig studierte und mit Hilfe der Kenner sicher und stark auszubauen suchte. Und daß er für manche Gebiete des Sammler wesens sogar eine nicht gewöhnliche Kennerschaft be saß, beweist seine systematisch angelegte Kollektion von alten Handschriften und Drucken. Den umfangreichsten 'Feil seiner Sammlungen bildet die des alten Kunstgewerbes. Hier hat Morgan im Laufe von knapp zwei Jahrzehnten dank seinen | Riesenmitteln Stücke von allererstem Rang zusammen- ^ gebracht. In keiner Privatsammlung der Welt steht eine j so erlesene Serie alter Liinusiner E m a i 1 s — man kennt sie schon aus dem Londoner Kensington-Museum, wo sie bis zum Dezember 1912 mit dem größten Teil des übrigen Morganschcn Kunstgewerbes ausgestellt waren — keine Privatsammlung enthält eine so köstliche Kollektion von Majoliken, Gläsern, Goldschmiedearbeiten. Und viele Hauptstücke dieser und anderer Abteilungen stammen aus Berliner Privatbesitz. Sein altdeutsches Silber hat Morgan von Geheimrat Eugen Qutmann erworben, viele von seinen italienischen Renaissancearbeiten, wie die Skulpturen und etliche Kleinbronzen, stammen aus der Sammlung Oskar Hainauer, deren wissenschaft liche Bedeutung in Bodes Katalog gewürdigt wird, seine seltensten Uhren aus der Berliner Sammlung M a r f e 1 s. Und man weiß auch, daß Pierpont Morgan wiederholt auf den großen Berliner Kunstauktionen vertreten war. In den denkwürdigen Auktionen Lanna bei Lcpke zahlte für ihn Jacques Seligmann in Paris manchen Rekord - preis. Morgans Bronzen, die wir zum Teil in Paris ge sehen haben, stellen einen ebenso unvergleichlichen Kunstbesitz dar wie seine Handschriften, Drucke, Emails u. s. w. Und auch seine Gemäldesammlung steht an der Spitze der hervorragendsten Privatgalerien der Welt, wenn auch ihr Besitz an R e m b r a n d t s nicht den der amerikanischen Sammlungen Altmann, Widcner, Heve- meier erreicht. Aber Morgans Italienerkollektion, in der Raffaels Madonna di St. Antonio das Glanzstück ist — er hat hiefür 2 Millionen Mark gezahlt — steht einzig da. Ebenso bilden seine Holländer Hals, Vermeer, Pieter de Hooch und Hobbema sind hier qualitativ und quantitativ am stärksten vertreten — eine Sammlung von unerreichter Schönheit. Schließlich befindet sich in Privatbesitz kaum eine Engländer - Sammlung, die so erstklassige Quali täten aufzeigt, wie die Morgansche. G a i n s boroughs Herzogin von Devonshirc, Lawrences Miß Farreri, Reynolds Lady Demle sind die Haupt werke dieser englischen Großmeister des achtzehnten Jahrhunderts. Die Sammlung Dr. Oertel. Von Theodor Demmler (München). Die Sammlung Oertel erhält ihren Charakter durch die Ausschließlichkeit, mit der der Besitzer sich jahrelang den Werken der deutschen Plastik, vornehm lich der süddeutschen Altarbildnerei, zugewendet hat. Sein Sammelgebiet umfaßte vor allem Ober- und Nieder - bayern, Schwaben und den Oberrhein. Daß dabei die Stücke stark überwiegen, die zwischen 1480 und 1530 entstanden sind, versteht sich von selbst. Ueberraschend ist nur die Fülle von bodenständiger Eigenart und quellender Schaffensfreude auf einem stofflich, zeitlich und örtlich so eng begrenzten Gebiet. Aber nicht bloß von der Entstehungszeit dieser Schöpfungen gewinnt man ein ungeahnt reiches und deutliches Bild, auch der Wandel des Interesses für diesen Zweig unserer heimat lichen Kunst spiegelt sich in dem Zustand der Figuren: die naive Freude des 18. Jahrhunderts, das den alten Statuen so oft das Gewand neuer, dem eigenen Ge schmack entsprechender Farbe aufnötigt, die Nüchtern heit des frühen neunzehnten, das sie verstümmelt und ver schleudert, die historische Stimmung des späteren, das sie ergänzen und stilgerecht erneuern will und in wohl gemeintem Eifer fast ebenso oft unersetzliche Werte vernichtet und der Geist unserer Tage, der mit ein dringenderem Verständnis der künstlerischen Absicht des Schöpfers nachspürt, von dem ursprünglichen Zu stand soviel wie möglich zu retten sucht, und je länger je mehr den Resten deutscher Holzbildnerei denselben Schutz vor unbefugten Eingriffen sichern möchte, den der antike Torso längst genießt. Es ist ein Glück für die Sammlung Oertel, daß sie ihre Entstehung dieser letzten Periode verdankt, und daß mit wenigen Ausnahmen die | Stücke nicht älteren Sammlungen entnommen, sondern, an der Quelle erworben sind. So fehlen jene auf den | Liebhabergeschmack zurechtgestutzten, jene allzu stark i »zusammengestimmten« Figuren fast ganz. Die Er- | neuerungen, die der Katalog verzeichnet, sind fast durch-
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.