KUNST UND TECHNIK IM GEWERBE
und ftudiert werden, nachdem früher der zu fteuernde Kurs
beftimmt worden ift. ü
Meine Vorfcbläge in diefer Beziehung lauten: □
1. Möglichfte Schonung der handfchriftlichen Individualität und
Qualität des Schülers. Befchränkung der Tätigkeit des Lehrers
auf ihre Entfaltung, Pflege und Ergänzung oder auf ihre not=
wendige Heilung durch Husfcheidung des Unklaren, Uncbarak=
teriftifchen, Unharmonifchen und Überflüffigen. □
2. Studium und Erweiterung der Schreibwerkzeuge und Mate=
rialien beim Unterricht. □
3. Erweiterung des Schriftunterrichtsgebietes nach der orna=
mentalen Seite bin und Entfernung der hier unnötigerweife auf«
geftellten Grenzen. □
VERZIERTE GLfiSER
ie Methode, Gläfer zu dekorieren, war in den Zeiten vor
dem modernen Induftrialismus febr mannigfaltig. Das
Einfcbleifen oder Gravieren mit Handräderbetrieb war
eine der älteften Methoden, die ungeachtet der konventionellen
Mufter viel perfönliche Freiheit und individuellen Reiz in der
Anordnung der einfachen dekorativen Elemente und Schliffe
als Werkzeugausdruck gewährt. Florale Motive lagen dem
Schmuckgedanken meiftens zugrunde, das Weinblattmufter in
rankender Anordnung war befonders beliebt, das bloße Nacb =
gravieren ift älteften Datums. Erft fpäter kam die Mode hinzu,
gewiffe Teile der Gravierung nacbzufchleifen, um Lichteffekte
dem Schmuck zuzufübren und gegen Ende des XVIII. Jahr»
bunderts wurde die Gravierung in allen Teilen nacbgefcbliffen.
Die Mufter felbft find nicht febr zahlreich, aber viele weifen
zahlreiche Abwandlungen auf und manche haben eine merkwürdig
lange Herrfchaft behauptet. Nicht nur das Weinblatt bat, wie
erwähnt, viele Formen aufzuweifen, fondern auch die Rofe, die
von der einfachen konventionellen Form bis zu den ausge=
arbeiteten naturaliftifchen Effekten entwickelt wurde. Auf
anderen Weingläfern aus verfchiedenen Zeiten findet man die
Sonnenblume, die Lilie, Vergißmeinnicht, Tulpe, Geißblatt,
während Hopfen und Gerfte regelmäßig auf Biergläfern ange
bracht werden. Wir finden auch Butterblumen, Bienen, Mücken,
Schwäne und Vögel, die wabrfcbeinlicb einefehr alte Überlieferung
find. Kleine Landfchaften, zuweilen naturaliftifch, zuweilen
pfeudochinefifch kommen ebenfalls vor, und zwar figürliche
Motive, Sportfzenen, Waffenftücke, Schiffe, Infcbriften, Wappen
und Embleme. Die Gravierung wird berkömmlicherweife auf
den Bechern angebracht, fie finden ficb aber auch im Fuße und
felbft unterhalb des Fußes, etwa in der Form beraldifcb ge-
geformte Rofen und Blätter. Vielleicht bat diefe feltfame An
bringung unterhalb des Fußes etwas mit der altväterlichen
Mode des Glaserbebens und des Haltens am Fuße anftatt am
Stengel, wie wir es beute tun, zu fcbaffen. Zuweilen wurden
diefe eingravierten Mufter vergoldet und reiche Effekte damit
erzielt. Golddekorationen kommen vor, die eingebrannt find,
indem das Gold auf der Oberfläche des Glafes aufgetragen wird,
ohne Gravierung und leicht fixiert. Weiße Schmelzdekorationen
waren zuzeiten febr beliebt und wurden auf zweifache Art
bergeftellt; entweder wurde die Zeichnung ziemlich ftark auf
gemalt oder der Schmelz beftand in einer ganz dünnen, bäutcben-
Beifpiele von dekorierten Gläfem
artigen Auftragung, wo die nötigen Umräßlinien und die Zeich
nung mit einer Nadel ausgekratjt find. In vielen Fällen wurde
die Zeichnung auf einem mit Infcbriften verfebenen Glas ein-
gefcbliffen und die Infcbrift felbft mit dem Diamant gefcbliffen.
In anderen Fällen wurde die ganze Zeichnung auf diefe Art
eingraviert. Dies ift eine febr alte Methode, die feit den
frübeften Zeiten in allen Ländern gebandhabt wurde. □
Leider haben die alten Kunfthandwerker, die folcbe Gläfer
berftellten, es verfäumt, ihre Werke zu zeichnen. Es ift daher
unmöglich, die Herfteller der alten Kunftgläfer zu identifizieren.
Nachforfchungen haben zunäcbft nur das lokale Vorkommen
gewiffer Methoden feftftellen können und find auf diefem Wege
nur in vereinzelten Fällen zu den Namen der verfchollenen
und unbekannten Herfteller gelangt. Die alten Glasgravierer,
namentlich des berühmten XVIII. Jahrhunderts, waren nicht
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