KUNST UND TECHNIK IM GEWERBE
L.: DIE TECHNIK DER
GETRIEBENEN ARBEIT
R epoussé - Arbeit nennt
man das reliefartige Aus»
treiben mittels Hammer
und Punzen auf der Unterfeite
einer Metallfläcbe, die auf einem
nachgiebigen Grund befeftigt
ift. Treiben nennt man diefelbe
Arbeit auf der oberen Seite
der Metallfläcbe. Der Ausdruck
Zifelieren bezeichnet im Wefen
dasfelbe, wird jedoch nur an=
gewendet für die feine Arbeit an der Oberfläche eines metallenen
Gußftückes. Das erwünfchte Relief wird erreicht, indem man
entweder den Grund, auf dem fich das Ornament abhebt, nieder*
klopft, oder indem man das Ornament aus dem Rücken der Metall*
fläche berausmeißelt und hierauf auf der Oberfläche nacharbeitet.
Wenn das erwünfchte Relief fehr flach ift, genügt es, wenn
man die Metallfläche auf einen Bleiblock auflegt, oder auf ein
Stück weiches Fichtenholz, oder auf eine dicke Korkplatte. Für
ein höheres Relief muß das Metall auf einen Block aus einer
Pechkompofition gelegt werden. Diefe Kompofition befteht aus
vier Teilen Pech, vier Teilen Kolophonium und zwei Teilen Parifer
Gips. Man mifcht Pech und Kolophonium in einem Topf, und wenn
die Mifchung gut gerührt ift, fetjt man einen Brocken Talg oder
1—2 Zoll von einer Talgkerze zu und rührt die Mifchung wieder
tüchtig auf. Hierauf wird der Gips handweife eingeftreut und
gut gerührt, die Mifchung in ein Gefäß gegoffen, das mit
trockenem Pfeifenton tüchtig eingepulvert ift, und läßt das Ganze
erkalten. Im Winter kann das Pech leicht zu hart befunden
werden. In diefem Falle erweicht man es durch neuerliches Auf*
fchmelzen und abermaliges Beimifchen von Talg. Der Talg macht
die Mifchung nachgiebiger und ift im Winter eher von nöten, als
im Sommer. Das Metall wird erwärmt und auf den Pechblock
gelegt. Der Umriß der Zeichnung kann auf dem Metall beftimmt
werden, indem man die Form in Wachs aufträgt. Mit einer
feinen, fpitjen Punze wird der Umriß bis auf die Metalloberfläche
durcbgeritjt, oder, wenn die Arbeit zu fein ift, um das zu ver-
tragen, kann die Zeichnung auch mittels Koblenpapier aufgetragen
werden. Wenn dies getan ift, wählt man runde Punzen und
klopft den Grund des Ornamentes nieder nach Maßgabe der
Abficht. Man foll das Relief nach und nach gewinnen, die Schläge,
wenn nötig, kräftig führen, die Punzen fo führen, daß die fich
erhebende Furche nach und nach zur Fläche dehnt und fich dicht
an die Form hält, die man auszudrücken wünfcht. In regel
mäßigen Zeitabftänden wärmt man das Metall auf der Oberfläche
an, entfernt es vom Pech
block und brennt es bis
zur Glühhitze. Dadurch
wird das Metall für die
Schläge der Punzen emp
findlich und nachgiebig.
Wenn diefe Maßregel ver-
nachläffigt wird, kann
das Metall während der
Arbeit zerreißen. Das
Abbeben des Metalls von dem Block gibt Gelegenheit, etwaige Feh*
ler von vorn oder von der Rückfeite, je nachdem, zu verbeffern.
Punzen mit fcharfen Ecken follen vermieden werden bis zu den
lebten Stadien, weil fonft das Metall leicht durchgefchlagen würde.
Die hier abgebildeten Punzen find zum Modellieren der Oberfläche
fehr zweckmäßig. Der Anfänger foll fo lange üben, bis die
punzierte Linie in dem Metall gleichmäßig und glatt ift, vom
Anfang bis zum Ende, und die Linien klar und ungebrochen find.
Bevor dies nicht in Ordnung ift, bringt man viel Zeit in dem
Verbeffern von Defekten zu, die leicht vermieden fein könnten.
Die Abbildung zeigt die Art, wie die Punzen gehalten werden.
Die Punzen werden zwifchen Daumen, dem erften und zweiten
Finger feftgebalten, die Fingerfpi^e des dritten Fingers ruht auf
dem Metall zur Stütze und als Führung. □
In der Hohlreliefarbeit ift die Form durch abwechfelndes Be
arbeiten des Rückens und der Vorderfeite erzielt, indem der
Grund an der Vorderfeite eingeklopft und die Form von rück
wärts berausgeklopft wird. Mit Geduld, Mühe und vielem An-
bitjen kann die Metallarbeit in die runde Form gebracht werden.
Zu diefem Zweck find Punzen nötig, die ungefähr die Form der
Daumenfpitje haben, um das Relief aus dem Rücken heraus-
zutreiben, und rund faffettierte Punzen find zum Eintreiben und
Vertiefen auf der Oberfläche nötig. In jeder Repoussé-Arbeit
ift die Hauptfache, berauszubekommen, daß das Metall plaftifch
wird und mit Sorgfalt in Formen gebracht oder über Ober
flächen gebreitet werden kann, ähnlich wie Wachs von gleicher
Härte. Dies trifft namentlich für Kupfer, feines Silber und feines
Gold zu, Meffing, felbft das befte, ift viel weniger leicht zu be
handeln. Der Kunfthandwerker foll namentlich auf die Winke
zur dekorativen Behandlung des Metalls bedacht fein, die fich fort
während beim Fortfcbreiten feiner Arbeit von felbft ergeben. Die
Eigenfchaft des Materials ift viel inftruktiver als irgend ein Lehrer.
RUNDGETRIEBENE ARBEIT. Kleine Objekte, Vögel, Tiere,
kleine Figuren können in Repoussé gearbeitet werden, indem
man die Körper in zwei
Hälften berftellt. Man
lötet die zwei Hälften zu-
fammen, läßt ein kleines
Loch an dem Rücken
oder an einer Stelle,
wo es am wenigften
bemerkt wird und füllt
den Hoblraum mit Pech.
Das muß kleinweife
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