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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 3. Jahrgang 1906/07

KUNST UND TECHNIK IM GEWERBE 
L.: DIE TECHNIK DER 
GETRIEBENEN ARBEIT 
R epoussé - Arbeit nennt 
man das reliefartige Aus» 
treiben mittels Hammer 
und Punzen auf der Unterfeite 
einer Metallfläcbe, die auf einem 
nachgiebigen Grund befeftigt 
ift. Treiben nennt man diefelbe 
Arbeit auf der oberen Seite 
der Metallfläcbe. Der Ausdruck 
Zifelieren bezeichnet im Wefen 
dasfelbe, wird jedoch nur an= 
gewendet für die feine Arbeit an der Oberfläche eines metallenen 
Gußftückes. Das erwünfchte Relief wird erreicht, indem man 
entweder den Grund, auf dem fich das Ornament abhebt, nieder* 
klopft, oder indem man das Ornament aus dem Rücken der Metall* 
fläche berausmeißelt und hierauf auf der Oberfläche nacharbeitet. 
Wenn das erwünfchte Relief fehr flach ift, genügt es, wenn 
man die Metallfläche auf einen Bleiblock auflegt, oder auf ein 
Stück weiches Fichtenholz, oder auf eine dicke Korkplatte. Für 
ein höheres Relief muß das Metall auf einen Block aus einer 
Pechkompofition gelegt werden. Diefe Kompofition befteht aus 
vier Teilen Pech, vier Teilen Kolophonium und zwei Teilen Parifer 
Gips. Man mifcht Pech und Kolophonium in einem Topf, und wenn 
die Mifchung gut gerührt ift, fetjt man einen Brocken Talg oder 
1—2 Zoll von einer Talgkerze zu und rührt die Mifchung wieder 
tüchtig auf. Hierauf wird der Gips handweife eingeftreut und 
gut gerührt, die Mifchung in ein Gefäß gegoffen, das mit 
trockenem Pfeifenton tüchtig eingepulvert ift, und läßt das Ganze 
erkalten. Im Winter kann das Pech leicht zu hart befunden 
werden. In diefem Falle erweicht man es durch neuerliches Auf* 
fchmelzen und abermaliges Beimifchen von Talg. Der Talg macht 
die Mifchung nachgiebiger und ift im Winter eher von nöten, als 
im Sommer. Das Metall wird erwärmt und auf den Pechblock 
gelegt. Der Umriß der Zeichnung kann auf dem Metall beftimmt 
werden, indem man die Form in Wachs aufträgt. Mit einer 
feinen, fpitjen Punze wird der Umriß bis auf die Metalloberfläche 
durcbgeritjt, oder, wenn die Arbeit zu fein ift, um das zu ver- 
tragen, kann die Zeichnung auch mittels Koblenpapier aufgetragen 
werden. Wenn dies getan ift, wählt man runde Punzen und 
klopft den Grund des Ornamentes nieder nach Maßgabe der 
Abficht. Man foll das Relief nach und nach gewinnen, die Schläge, 
wenn nötig, kräftig führen, die Punzen fo führen, daß die fich 
erhebende Furche nach und nach zur Fläche dehnt und fich dicht 
an die Form hält, die man auszudrücken wünfcht. In regel 
mäßigen Zeitabftänden wärmt man das Metall auf der Oberfläche 
an, entfernt es vom Pech 
block und brennt es bis 
zur Glühhitze. Dadurch 
wird das Metall für die 
Schläge der Punzen emp 
findlich und nachgiebig. 
Wenn diefe Maßregel ver- 
nachläffigt wird, kann 
das Metall während der 
Arbeit zerreißen. Das 
Abbeben des Metalls von dem Block gibt Gelegenheit, etwaige Feh* 
ler von vorn oder von der Rückfeite, je nachdem, zu verbeffern. 
Punzen mit fcharfen Ecken follen vermieden werden bis zu den 
lebten Stadien, weil fonft das Metall leicht durchgefchlagen würde. 
Die hier abgebildeten Punzen find zum Modellieren der Oberfläche 
fehr zweckmäßig. Der Anfänger foll fo lange üben, bis die 
punzierte Linie in dem Metall gleichmäßig und glatt ift, vom 
Anfang bis zum Ende, und die Linien klar und ungebrochen find. 
Bevor dies nicht in Ordnung ift, bringt man viel Zeit in dem 
Verbeffern von Defekten zu, die leicht vermieden fein könnten. 
Die Abbildung zeigt die Art, wie die Punzen gehalten werden. 
Die Punzen werden zwifchen Daumen, dem erften und zweiten 
Finger feftgebalten, die Fingerfpi^e des dritten Fingers ruht auf 
dem Metall zur Stütze und als Führung. □ 
In der Hohlreliefarbeit ift die Form durch abwechfelndes Be 
arbeiten des Rückens und der Vorderfeite erzielt, indem der 
Grund an der Vorderfeite eingeklopft und die Form von rück 
wärts berausgeklopft wird. Mit Geduld, Mühe und vielem An- 
bitjen kann die Metallarbeit in die runde Form gebracht werden. 
Zu diefem Zweck find Punzen nötig, die ungefähr die Form der 
Daumenfpitje haben, um das Relief aus dem Rücken heraus- 
zutreiben, und rund faffettierte Punzen find zum Eintreiben und 
Vertiefen auf der Oberfläche nötig. In jeder Repoussé-Arbeit 
ift die Hauptfache, berauszubekommen, daß das Metall plaftifch 
wird und mit Sorgfalt in Formen gebracht oder über Ober 
flächen gebreitet werden kann, ähnlich wie Wachs von gleicher 
Härte. Dies trifft namentlich für Kupfer, feines Silber und feines 
Gold zu, Meffing, felbft das befte, ift viel weniger leicht zu be 
handeln. Der Kunfthandwerker foll namentlich auf die Winke 
zur dekorativen Behandlung des Metalls bedacht fein, die fich fort 
während beim Fortfcbreiten feiner Arbeit von felbft ergeben. Die 
Eigenfchaft des Materials ift viel inftruktiver als irgend ein Lehrer. 
RUNDGETRIEBENE ARBEIT. Kleine Objekte, Vögel, Tiere, 
kleine Figuren können in Repoussé gearbeitet werden, indem 
man die Körper in zwei 
Hälften berftellt. Man 
lötet die zwei Hälften zu- 
fammen, läßt ein kleines 
Loch an dem Rücken 
oder an einer Stelle, 
wo es am wenigften 
bemerkt wird und füllt 
den Hoblraum mit Pech. 
Das muß kleinweife 
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