Gartenftadtland Hellerau
Der Feierabend=Samftag wird mit einem gemeinfamen Liede
begrüßt. Die Woebenarbeit am Montag mit einem entfpreebem
den Liede begonnen. Einzelne wichtige Tage können durch
Platjmufik, Choralblafen vom Turm, Reveille, Serenade, Kurrende»
fingen hervorgehoben werden. Mufikalifcbe Elemente des tag»
liehen Lebens, Glockenfpiele, Pofthorn, Nachtwächterborn ufw.
find möglicbft zu bewahren. Öffentliche Signale, wie Pfeifen,
Scbüffe u. dgl., find womöglich durch mufikalifcbe (Glockentöne,
Horn» und Trompetenrufe) zu erfefjen. Die Feftbräucbe bei
Hochzeiten, Leichenbegängniffen, Taufakten, Inftallationen, Er»
Öffnungen find zu revidieren und es ift, um ftarre Schablone zu
vermeiden, für eine reiche Auswahl von Gebrauchsmufik für
folcbe Gelegenheiten zu forgen, damit jeder nach feinem Ge»
fchmack oder jedesmal anders die Anordnung treffen könne. □
Dringt fo die Mufik tief ein in die öffentliche, gemeinfame
oder private Lebenführung, verfcbmelzen die Weifen, Texte und
Anläffe im Bewußtfein des Volkes zu unlösbaren Einheiten, wird
aller falfcber Affekt in der Mufik vermieden, das falfcbe Pathos
wie die falfcbe Lebemannftimmung, fo wird fich die Tonkunft
gewiß als eine fegenfpendende, erquickende, befeuernde, tröftende
und beruhigende Lebensmacbt erweifen und als eine Haupttrieb»
feder des geiftigen und gefelligen Lebens anerkannt fein. — In»
wieweit an tbeatralifebe Aufführungen mit Mufik gedacht werden
kann, wird davon abhängen, wie bald geeignete Kräfte zur Ver
fügung fteben. Diefe werden fich zunäcbft in Liederfpielen und
Singfpielen zu verfuchen haben. - Anlegung einer mufikalifeben
Volksbibliothek im Verein, fowie einer Inftrumentenfammlung.
Dr. BflTKfi
DAS BEIWORT NÜTZLICH VERDIENT JENE MUSIK,
DIE DIE HERRLICHSTEN WORTE NOCH SCHÖNER
MACHT UND IN UNSERER ERINNERUNG JEDES MIT
EINEM BESONDEREN ZAUBERTON UMGIBT UND SIE
IN UNSEREM HERZEN GERADE IN DEM AUGENBLICK
NACHKLINGEN LÄSST, WENN WIR SIE AM DRINGEND-
STEN BRAUCHEN. JOHN RUSKIN
LEHRWERKSTÄTTEN UND FACHSCHULE
Im Anfchluß an die »Dresdner Werkftätten für Handwerks-
kunft« eröffneten wir zu Oftern 1907 unfere Lebrwerkftätten,
die den Zweck haben, durch praktifche und geiftige Ausbildung
einen veredelten Arbeiterftand zu erziehen. Der Lehrbetrieb
wird nach folgenden Grundfätjen geleitet: □
Allgemeine Gefichtspunkte
Die Ausübung eines edlen Handwerks erfordert den Einfat)
der beften menfcblicben Kräfte, weil keine Arbeit gut getan wer
den kann, wenn nicht Herz und Hirn an der Leiftung der Hand
beteiligt find. Es gibt keine höhere Bildung als die Fähigkeit,
edle Arbeit bervorzubringen oder edle Arbeit zu erkennen oder
zu fördern. Edle Arbeit macht uns menfcblicb reich, fie nährt
die Freude am Schönen und vom Schönen lebt das Gute im
Menfcben. Von der Höbe der gewerblichen Arbeit hängt die
Höbe der nationalen Kultur ab, das foziale Anfehen und die
Menfcbenwürde des gewerblichen Arbeiters. Im wirtfcbaftlicben
Wettbewerb entfebeidet für die Dauer die Qualität der Leiftung.
Hinfichtlich des modernen Kunftgewerbes bängt der bleibende
Erfolg von der Steigerung der Leiftung auf handwerklicher
Grundlage ab. □
Lehrplan
Wir eröffnen unfere »Lebrwerkftätten« zunäcbft für Lehrbe-
fliffene der Tifcblerei, für die eine Lehrzeit von dreijähriger
Dauer vorgefebrieben ift. In diefer Zeit erfolgt die praktifche
Ausbildung durch Werkftättenarbeit nach folgendem Lehrplan:
Werkftättenarbeit — Werkmeifter Hilbrich. □
I. Arbeiten nach Modell. Handfertigkeitskurfus. (Werkzeug
ift vollftändig vorhanden. Es wird darauf gehalten, daß jeder
fich mit der Zeit befondere Sachen felbft anfebafft, insbefondere
Bildbauereifen und Reißzeug.) 2. Arbeiten nach Wunfcb. 3. Ar
beiten auf Beftellung. 4. Fournierarbeiten. 5. Arbeit mit Ein
lagen. 6. Arbeiten als Fertigmacher. 7. Arbeiten als Polierer.
8. Arbeiten im Mafcbinenfaal. 9. Zufcbneiden. 10. Zeichenftube.
II. Anftreicben und Lackieren. 12. Gefellenarbeit. 13. Kontor
arbeit. 14. Holzfcbnitjerei. 15. Tapezierarbeit. 16. Kalkulieren.
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