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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 1. Jahrgang 1904/05

Haus- und Gemüsegarten aus der Parkanlage Plankenberg. 
Gartenanlage und Gemälde von J. E. Schindler. 
kann nun dabei herauskommen, wenn dieser Bürger das 
Innere seines Hauses nach der Renaissanceschablone einrichtet, 
der Außenseite eine Barockmaske anheftet und auf ein paar 
Quadratklafter Gartengrund den Hydepark kopieren will? 
Das ist ein Unsinn, nicht wahr? Und doch ist dieser Unsinn 
so sehr System und Mode geworden, daß die kleinen Haus^ 
und Gartenbesitzer nichts Absurdes darin sehen, wenn sie 
einen halben Morgen Gartengrund als Imitation einer ins 
Unendliche sich aufrollenden Landschaft behandeln. Unsere 
heutige Gartenarchitektur befindet sich in völliger Verwahr^ 
losung, obzwar sie von überall zu leihen nimmt. Sie hat 
kein Prinzip ausgebildet, sie hat vielmehr zur Verkennung 
der alten Gartengrundsätze geführt und den Untergang der 
Gärten verursacht, die wir am dringendsten brauchen: nämlich 
die zweckmäßigen Hausgärten. 
Jene alten Hausgärten, Biedermeiergärten, die, mit Liebe ge 
pflegt und bepflanzt, einer blühenden und duftenden Blumen 
wildnis gleichen mit geraden Wegen zwischen den stein 
umfaßten Rabatten und den großen Glaskugeln, die ein 
Stück Himmel in den Garten legen, Reflexe verbreiten, ein 
wahres Netz von Lichtstrahlen inmitten der Farbenpracht, 
so daß jeder, der durch den Hausflur einen Blick davon er 
hascht, eine unstillbare Hausgartensehnsucht mitnimmt — 
man findet sie kaum mehr. Diese alten Hausgärten, die wir 
mit Vorliebe auch Biedermeiergärten nennen, haben schon 
im Anfang des XVIII. Jahrhunderts ihre Lösung gefunden. 
Mit der Blumenfreude erwuchs auch eine intensive Garten 
kultur, die bis zur Zeit des alternden Goethe anhielt, also 
bis in die sogenannte Biedermeierzeit, da es eine vielver 
breitete Sitte war, sich irgend ein Winzerhäuschen als 
Sommerresidenz einzurichten. Nur vereinzelte, in ihrer 
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