MAK

Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 1. Jahrgang 1904/05

Bucheinbände der 
W iener W erkstätte. 
Links: 
Ledereinband aus 
Levante - Maroquin, 
mit Lederintarsia 
u. Handvergoldung. 
Das Innere des^ 
selben Einbandes 
mit handgedruck' 
tem Seidenvorsatz. 
Rechts: 
Pappband mit 
Tunkpapier. 
gültig festgestellt. Die Hauptschuld liegt an der Bearbeitung des 
Leders. Es ist gefunden worden, daß Schaf-', Kaltv, Ziegen^ und 
Schweinsleder, anstatt seine charakteristische Oberfläche zu 
behalten, so bearbeitet wird, daß Schafleder wie Kah>, 
Saffian^ oder Schweinsleder aussieht, oder aber es wird so 
geglättet, daß es keinen bestimmten Charakter behält, 
während Ziegenleder mit allen möglichen Narben versehen 
und Schweinsleder wie Levante' Saffian genarbt wird. Der 
Gebrauch mineralischer Säuren, namentlich Schwefelsäure, 
beim Färben, das Prägen des Leders unter schwerem Druck, 
um die künstliche Narbung herzustellen, das Schaben dicker 
Häute, wobei die zähen Fasern des inneren Teiles der Haut 
weggeschnitten werden, sind die wesentlichen Momente der 
Degradation des Bucheinbandes. Aber auch den schlechten 
Methoden des Bindens, z. B. der Verwendung hohler Rücken, 
muß ein erheblicher Teil der Schuld beigemessen werden. 
Die Geschichte der allgemeinen Einführung hohler Rücken 
ist ungefähr wie folgt: Leder wurde zum Uberziehen der 
Bücherrücken zweifellos seiner Zähigkeit und Biegsamkeit 
wegen gewählt, weil es, während es den Rücken schützte, 
c 
sich bog, und dem Rücken gestattete, sich „aufzuwerfen 1 ' 
(s. Fig. A). Als gute Handvergoldung gebräuchlich und 
der Buchrücken reich verziert wurde, fand man, daß das 
Falten des Leders den Glanz des Goldes beeinträchtigte und 
es zum Abspringen veranlaßte. Um dies’ zu vermeiden, 
wurden die Rücken so dick ausgefüttert, bis sie so steif wie 
ein Stück Holz waren. Dann konnte sich der Rücken, wenn 
das Buch geöffnet wurde, nicht „aufwerfen“, das Leder 
wurde nicht gefaltet und das Gold blieb unverletzt (s. F. B). 
Das war schon gut für das Gold, aber ein so behandelter 
Band öffnet sich nicht völlig und kann in der Lat, wenn 
das Papier sehr steif ist, überhaupt kaum geöffnet werden. 
Um beiden Schwierigkeiten zu begegnen, wurde der hohle 
Rücken eingeführt und, da erhabene Bünde im Wege ge-- 
wesen wären, wurden die Heftbindfäden in eingesägte 
Öffnungen gelegt, die quer über den Buchrücken her' 
gestellt wurden. 
Die Verwendung hohler Rücken war ein sehr geschickter 
Ausweg, da dabei die Buchrücken zum „Aufwerfen“ ge 
bracht werden konnten und zur selben Zeit das Leder in 
Ruhe gelassen wurde (s. F. C). Die Methode des „Ein' 
sägens“ war lange vor der Einführung hohler Rücken be' 
kannt. Sie wurde angewendet, um die erhöhten Bünde bei 
solchen Bänden zu vermeiden, die mit gesticktem Material 
überzogen wurden. Aber obgleich mit genügender Sorgfalt 
zufriedenstellende Einbände mit hohlen Rücken hergestellt 
werden können, hat ihre Einführung doch dahin geführt, 
daß wertlose Einbände von geringer Haltbarkeit und doch 
mit dem Aussehen besserer Arbeit gemacht werden. Da das 
Publikum sich an hohe Bünde gewöhnt hat und die wirk' 
liehen Bünde in den Rücken eingelassen sind, bringen die 
Buchbinder falsche Bünde an. Um Arbeit oder Kosten zu 
sparen, wurde das Buch, da die Bünde unsichtbar sind, nur 
auf drei oder vier Bindfäden geheftet, während auf dem 
Rücken sich noch die gebräuchlichen fünf falschen zeigten. 
Oft wurden nur zwei von den drei Bünden mit dem Deckel 
verbunden, und manchmal wurden die Bünde überhaupt 
nicht am Deckel befestigt. Dann wurden wieder falsche 
Kapitalbänder meterweise durch Maschinen hergestellt, an 
Kopf und Schwanz angeklebt und eine „Hülse“ aus Pack' 
papier gemacht. Dann wurde mit Leder überzogen, das so 
dünn war, daß es nur geringe Haltbarkeit haben konnte. 
183
	        
Kein Volltext zu diesem Bild verfügbar.
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.