Bucheinbände der
W iener W erkstätte.
Links:
Ledereinband aus
Levante - Maroquin,
mit Lederintarsia
u. Handvergoldung.
Das Innere des^
selben Einbandes
mit handgedruck'
tem Seidenvorsatz.
Rechts:
Pappband mit
Tunkpapier.
gültig festgestellt. Die Hauptschuld liegt an der Bearbeitung des
Leders. Es ist gefunden worden, daß Schaf-', Kaltv, Ziegen^ und
Schweinsleder, anstatt seine charakteristische Oberfläche zu
behalten, so bearbeitet wird, daß Schafleder wie Kah>,
Saffian^ oder Schweinsleder aussieht, oder aber es wird so
geglättet, daß es keinen bestimmten Charakter behält,
während Ziegenleder mit allen möglichen Narben versehen
und Schweinsleder wie Levante' Saffian genarbt wird. Der
Gebrauch mineralischer Säuren, namentlich Schwefelsäure,
beim Färben, das Prägen des Leders unter schwerem Druck,
um die künstliche Narbung herzustellen, das Schaben dicker
Häute, wobei die zähen Fasern des inneren Teiles der Haut
weggeschnitten werden, sind die wesentlichen Momente der
Degradation des Bucheinbandes. Aber auch den schlechten
Methoden des Bindens, z. B. der Verwendung hohler Rücken,
muß ein erheblicher Teil der Schuld beigemessen werden.
Die Geschichte der allgemeinen Einführung hohler Rücken
ist ungefähr wie folgt: Leder wurde zum Uberziehen der
Bücherrücken zweifellos seiner Zähigkeit und Biegsamkeit
wegen gewählt, weil es, während es den Rücken schützte,
c
sich bog, und dem Rücken gestattete, sich „aufzuwerfen 1 '
(s. Fig. A). Als gute Handvergoldung gebräuchlich und
der Buchrücken reich verziert wurde, fand man, daß das
Falten des Leders den Glanz des Goldes beeinträchtigte und
es zum Abspringen veranlaßte. Um dies’ zu vermeiden,
wurden die Rücken so dick ausgefüttert, bis sie so steif wie
ein Stück Holz waren. Dann konnte sich der Rücken, wenn
das Buch geöffnet wurde, nicht „aufwerfen“, das Leder
wurde nicht gefaltet und das Gold blieb unverletzt (s. F. B).
Das war schon gut für das Gold, aber ein so behandelter
Band öffnet sich nicht völlig und kann in der Lat, wenn
das Papier sehr steif ist, überhaupt kaum geöffnet werden.
Um beiden Schwierigkeiten zu begegnen, wurde der hohle
Rücken eingeführt und, da erhabene Bünde im Wege ge--
wesen wären, wurden die Heftbindfäden in eingesägte
Öffnungen gelegt, die quer über den Buchrücken her'
gestellt wurden.
Die Verwendung hohler Rücken war ein sehr geschickter
Ausweg, da dabei die Buchrücken zum „Aufwerfen“ ge
bracht werden konnten und zur selben Zeit das Leder in
Ruhe gelassen wurde (s. F. C). Die Methode des „Ein'
sägens“ war lange vor der Einführung hohler Rücken be'
kannt. Sie wurde angewendet, um die erhöhten Bünde bei
solchen Bänden zu vermeiden, die mit gesticktem Material
überzogen wurden. Aber obgleich mit genügender Sorgfalt
zufriedenstellende Einbände mit hohlen Rücken hergestellt
werden können, hat ihre Einführung doch dahin geführt,
daß wertlose Einbände von geringer Haltbarkeit und doch
mit dem Aussehen besserer Arbeit gemacht werden. Da das
Publikum sich an hohe Bünde gewöhnt hat und die wirk'
liehen Bünde in den Rücken eingelassen sind, bringen die
Buchbinder falsche Bünde an. Um Arbeit oder Kosten zu
sparen, wurde das Buch, da die Bünde unsichtbar sind, nur
auf drei oder vier Bindfäden geheftet, während auf dem
Rücken sich noch die gebräuchlichen fünf falschen zeigten.
Oft wurden nur zwei von den drei Bünden mit dem Deckel
verbunden, und manchmal wurden die Bünde überhaupt
nicht am Deckel befestigt. Dann wurden wieder falsche
Kapitalbänder meterweise durch Maschinen hergestellt, an
Kopf und Schwanz angeklebt und eine „Hülse“ aus Pack'
papier gemacht. Dann wurde mit Leder überzogen, das so
dünn war, daß es nur geringe Haltbarkeit haben konnte.
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