MAK

Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 1. Jahrgang 1904/05

senkrecht zu den Teppichwalzen steht, vor denen die Ar^ 
beiterinnen sitzen): Der neue Kettfaden wird (ungefähr 
2 Zentimeter entfernt) auf der einen Seite des Loches mit 
der Nadel in den Teppich eingeführt und behutsam durch 
die Rippe durchgezogen bis zum Loch, das er überspringt, 
um auf der anderen Seite desselben genau in der fort' 
laufenden Rippe wieder zu verschwinden. Nach 2 Zentü 
meter oder mehr, je nach Beschaffenheit der mürben Stelle, 
kommt der Kettfaden wieder zum Vorschein. Je 5 Zenti' 
meter lang bleiben sein Anfang und Ende einstweilen auf 
der rechten Seite hängen, damit er hieran nach Bedarf ge' 
lockert oder nachgestrammt werden kann. Bei der Führung 
von Nadel und Kettfaden nimmt die Arbeiterin eine kleine 
eiserne Zange zu Hilfe, die sicherer, als die Finger es ver' 
mögen, die Nadel aus der engen Rippe herauszieht. Um die 
Kette wieder ganz haltbar zu machen, ist es notwendig, daß 
neuer und alter Kettfaden im Innern der Rippe nicht nur 
Zusammenstößen, nein, sie müssen hier etwa i Zentimeter 
lang doppelt liegen. Werden sie nachher, wie wir sehen, 
rückseitig überstickt, so wachsen beide Kettfäden an der 
Bruchstelle zusammen. Hat also die Arbeiterin alle erforder' 
liehen neuen Kettfäden in das Loch eingezogen, hat sie 
die Kettfäden gleichmäßig angespannt, so nimmt sie jetzt 
einen festen und am Ende gut verkneteten Seidenfaden und 
mit ihm durchsticht sie, gleichsam wie beim Perlenaufziehen, 
der Reihe nach alle Kettfäden, die das Loch ausfüllen. Ist 
das Loch groß, so wiederholt sie diese Hilfsfäden in unter' 
einander folgenden Abständen. Hiemit wird schon für das 
Besticken vorbereitet, das seinen Anfang nimmt, sobald die 
Arbeiterin im Bereiche ihres Arbeitsfeldes alle Kettgarn' 
Schäden, außer den Löchern noch die vielen Bruchstellen 
in der Kette in der geschilderten Weise beseitigt hat. 
Auf diese BEARBEITUNG MIT DEM SEIDENFADEN 
(übersticken) ist schon als den wichtigsten umfangreichsten 
Teil der Instandsetzung hingewiesen worden. Sie geschieht, 
wie erwähnt, auf der Unrechten Seite des Teppichs, die jetzt, 
nachdem er gewendet ist, oben liegt. Der Zweck genannten 
Uberstickens ist allein der, dem umsichgreifenden Verfall 
des Teppichs Einhalt zu tun, indem hiebei alle losen 
Teilchen in der Wolle und in der Seide, die ausplatzen 
wollen, wieder zusammengehalten werden. 
Die Arbeiterin beginnt, indem sie von den vielen schadhaften 
Stellen, die zu Anfang, wie bereits erzählt, im ganzen Um' 
fang (meistens in rechtwinkeliger und auch rautenähnlicher 
Form) umgrenzt worden sind, eine auswählt und hier in 
der oben rechtsliegenden (nadelbezeichneten) ihren Seiden' 
faden mit einem Stich befestigt. Nun führt sie Nadel und 
Faden in wagrechter Richtung über die betreffende Stelle 
hinüber und hier befestigt sie an der linken Ecke oben den 
Faden zum zweitenmal, jedoch ohne ihn abzuschneiden. 
Denn mit demselben Faden geht sie jetzt von links nach 
rechts den Weg zurück, greift mit jedem Stich jede Rippe 
263
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.