Tönung dem alten Kettgarn sehr ähnlich war. Zweieinhalb
Kilo wurden verbraucht. Acht Arbeiterinnen haben durchs
schnittlich an einem Teppich gearbeitet; ihre Zahl konnte
beliebig vermehrt werden, da die vier Meter großen Rahmem
seiten genügend Platz boten und es für die Arbeitsweise gleich
blieb, von welcher Seite Kettfäden eingezogen und auch ge^
stickt wurde. An den beiden Querseiten der Rahmen saß je
eine Arbeiterin, deren Aufgabe allein darin bestand, die arg
beschädigten Kanten mit zahllosen neuen Kettfäden zu ver^
sehen und die Kanten selber fortlaufend und lückenlos zu
besticken, damit sie wieder haltbar wurden. Die großen Stick'
rahmen waren für die vier Meter großen Teppiche in der
Größe von 4'3o Meter angefertigt worden. Die dicken abge'
rundeten Balken bestanden aus zusammengeleimten Teilen,
denn so vermochten sie der großen Spannung, die der Teppich
auf sie ausübte, Widerstand zu bieten, ohne sich zu biegen.
Die vier Zentimeter breiten Leinengurten waren an die Balken
in vertiefte Kanten festgenagelt, lagen deshalb so flach am
Holz, daß es möglich war, die Teppiche glatt aufzurollen.
Alle RaffaeLTeppiche waren bereits einige Jahre bevor mit
Erfolg gereinigt worden, daher es hier ausfallen mag, dieses
wichtige Kapitel, das als Einleitung bei jeder Instandsetzung
von Teppichen und Stoffen eine Rolle spielt, auseinander--
zusetzen.“
Der bisher noch vielfach geübte Vorgang, die beschädigten oder
fehlenden Teile bildmäßig wieder so herzustellen, wie es den
reparierenden Händen im Wege der Analogie wahrscheinlich
vorkommt, also den alten Zustand durch eine neue, möglichst
getreue Nachzeichnung vorzutäuschen, ist als vollkommen
unberechtigt und unkünstlerisch erkannt worden; leider wird
bei Gobelinreparaturen darauf noch nicht im erwünschten
Maße Rücksicht genommen. Vielleicht tragen die oben mit'
geteilten Erfahrungen zur Aufklärung bei und bewirken, daß
der darin gekennzeichnete einzig richtige Standpunkt in diesen
Dingen wieder allgemein eingenommen wird.
auf und gebraucht den vorgespannten Faden zugleich als
Unterlage und als Wegweiser. Auf diese Weise gelangt sie
zum Ausgangspunkt zurück, und hier beginnt, etwas tiefer,
mit demselben Faden die zweite Reihe. Stets ist es die
gleiche Wiederholung: i. Faden von rechts nach links ge'
spannt, 2. darüber zurück; Stich für Stich wird jede Rippe
aufgegriffen. Die Arbeiterin muß sehr achtgeben, daß die
kleinen Stiche, die, um ihren Zweck ganz zu erfüllen, tief
in das Gewebe eindringen, sogar durch die Kettfäden gehen
müssen, auf der rechten Seite unsichtbar bleiben. Hier darf
nichts verraten, was rückseitig geschehen ist. Deshalb ist es
auch wichtig, das übersticken mit leichter Hand auszuführen,
die Stiche nie anzuziehen; denn so behält der Teppich um
umschränkt seine Dehnbarkeit, wenn auch die unzähligen
schadhaften Felder mit feinen Stichreihen übersät sind. Genau
wie die mürben Stellen werden alle Kettgarnlöcher vollständig
überstickt, schon aus dem wichtigen Grunde, hier die ihres
Einschlags ganz beraubte lose Kette wieder untereinander
zu verbinden und es dadurch unmöglich zu machen, daß
nachher der hängende Teppich an solchen Stellen auseinander'
klafft und dem Zerstörungswerk des Alters geradezu Am
griffspunkte bietet. Beim Besticken der Kettgarnlöcher werden
die vorhin erwähnten Hilfsfäden unter der Arbeit wieder
herausgezogen, sobald ihr Zweck, die Kettfäden zu ordnen,
erfüllt ist.
Außer den Kettgarnlöchern und den mürben Stellen kommt
als dritte Aufgabe für die Stickerin hiezu, die oft auseinander'
geplatzten Gewebeschlitze technisch so wieder zusammen zu
nähen, wie es ursprünglich geschehen war. Jetzt allerdings
dürfen die einstmals farbig verbundenen Schlitze nur mit nem
tralgefärbter Seide vernäht werden, die außer den neuen
Kettfäden als einziges Material verwendet wird.
MATERIAL etc. Es war dies eine feindrähtige Chappe'Seide;
rund elf Kilo sind davon verstickt worden! Für die Kettfäden
fand sich ein vorzüglicher Leinenzwirn, der in Charakter und
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