Die Handarbeiten der ersten Schuljahre finden nach dem System der
New Yorker Volksschulen eine vorzügliche Ergänzung durch den
ZEICHENUNTERRICHT, der auch auf den höheren Stufen in einer
den modernen Anforderungen entsprechenden Weise betrieben wird.
An die Arbeiten in Papier und Karton schließen sich PAPPARBEITEN
an, die vom fünften bis achten Schuljahr in solchen Schulen betrieben
werden, die keine besondere Werkstatt besitzen. Auf dem inter
nationalen Zeichenkongreß in Bern haben diese Papparbeiten aus
New Yorker Volksschulen die Aufmerksamkeit von Kennern erregt.
Sowohl ihre originelle Form als auch die geschmackvollen Farben
zusammenstellungen und der dem Material durchaus angepaßte
Schmuck zeichnen sie aus. Wer Gelegenheit hatte, sie genauer zu
prüfen, dem wird nicht entgangen sein, welche vorzügliche Übung
für die Bildung des Geschmackes und für die Ausbildung von Auge
und Hand sie darstellen.
Eine andere Abteilung bilden HOLZARBEITEN, die mit Hilfe der
Hobelbank herzustellen sind und demnach nur in solchen Schulen
betrieben werden können, in denen die Werkstatteinrichtungen dafür
vorhanden sind. In den New Yorker Volksschulen werden, soweit
eben die genannte Bedingung erfüllt ist, derartige Arbeiten vom
sechsten Schuljahre an betrieben, aber nur von den Knaben, während
die Mädchen am Haushaltungsunterrichte teilnehmen. Anderwärts
läßt man auch die Mädchen an dem Unterrichte in Holzarbeiten teil
nehmen, wie man ja auch nichts darin findet, daß sich die Knaben
am Kochunterrichte beteiligen. Der Amerikaner ist eben viel vor
urteilsloser in allen Anschauungen und sieht die Dinge immer so an,
wie sie wirklich liegen, während wir über unsere aus theoretischen
Erwägungen entspringenden Vorurteile vielfach nicht hinwegkommen
können.“ Der amerikanische Schulbetrieb auf technischer und künst
lerischer,, Grundlage ist in „Kind und Kunst“ noch weiter ausgeführt,
womit die Zeitschrift einen durchaus löblichen Anfang gemacht hat,
die Fortschritte im Auslande zu zeigen, die auch uns frommen
könnten.
DAS DEUTSCHE BILDUNGSBEDÜRFNIS IST AUF
ABWEGEN!
Also schreibt ein deutscher Buchhändler:
„Schriften, deren Wert in den Resultaten des Ver
standes liegt, sind schon nach einem Menschenalter,
wenn der Verstand gegen diese Resultate gleichgültiger
wird oder auf leichterem Wege dazu gelangt, veraltet.
Schriften aber, in denen sich ein Individuum lebend
abdrückt, werden nie entbehrlich, denn sie enthalten in
sich ein unvertilgbares Lebensprinzip, eben weil jedes
Individuum einzig und mithin auch unersetzlich ist.“
„So äußert sich Schiller in einem Brief an Fichte. Was tun aber die
Deutschen von heute, um eine lebendige Persönlichkeit auf sich wirken
zu lassen? Sie lesen Bücher über dieselbe. Denn die Bildungsfrönerei
schreibt vor, über etwas informiert zu sein, und man beladet sich ihr
zuliebe mit totem Wissen. Man sucht nicht selbständig nach dem,
was die eigene Seele je nach ihrer Veranlagung zur Nahrung braucht.
Man traut sich ja auch keine persönliche Stellung zu irgend einer
Lebenserscheinung zu, falls sich nicht in einer Zeitung oder Zeitschrift
eine „Autorität“ darüber ausgesprochen hat, deren Ansicht man meistens
je nach dem Grad der Tagesberühmtheit annimmt.
Wird das Schiller-Jubiläum der erste Anlaß werden, aus der einseitigen
Verstandeskultur von heute loszukommen, damit wir den „schöpferi
schen“ Menschen wieder auf uns wirken lassen und dadurch in
unserer eigenen Sphäre Schöpfer werden? Damit wir nicht mehr über
einseitiger Ausbildung des Intellektes uns selbst versäumen? Denn wie
Schiller sagt, durch Verbreiterung der Wissensfläche „ergreifen“ wir
zwar immer mehr, doch hängt das „Begreifen“ von der „Kraft und
Tiefe der Persönlichkeit“ und von der „Freiheit ihrer Vernunft“ ab.
Es geht daher meine Verlagstätigkeit bei der deutschen Schiller-Feier
in den nachfolgend angezeigten Büchern darauf aus, die Persönlich
keit Schillers in eigenen Worten wirken zu lassen und ihn haupt
sächlich da zu zeigen, wo er unersetzlich ist, nämlich als Führer zu
einer ästhetischen und sittlichen Kultur. Aber Schiller stand nicht
allein in seiner Zeit, deren Ideale die universale Bildung, die durch
Wissenschaft und Philosophie erkämpfte persönlich selbständige Welt
anschauung, die innere geistige Freiheit waren. Diesen Mitkämpfern
will die Buchserie „Erzieher zu deutscher Bildung“ wieder zu leben
diger Wirkung verhelfen.“
Dieser Buchhändler ist der Verleger Eugen Diederichs zu Jena. Wir
haben die Worte dieses Mannes hier wiederholt, weil sie das Spiegel
bild eines Verlegers geben, von dem. man wünschen kann, daß es zum
Vorbild und Typus des deutschen Buchhändlers werde. Wenn alle Ver
leger auf diesem hohen Bildungsniveau ständen, wäre es mit der
deutschen Bildung besser bestellt. Was Diederichs leistet, ist Kultur
arbeit. Jedes Werk, das aus seinem Verlag kommt, verdient ohne-
weiters erworben zu werden. Jedes neue Buch ist ein neuer Wert, der
Nahrung und Stärkung gibt für die persönliche Kultur und eine
Mehrung ist des Seelenbesitzes, nicht der Wissenslast.
Was von seinen bisherigen Verlagswerken zu sagen ist, gilt im vollen
Umfang auch von der Serie „Erzieher zu deutscher Bildung“, davon
bisher erschienen sind:
Bd. I. J. G. Herder, Ideen, M. 2.—.
Bd. II. Friedrich Schlegel, Fragmente, M. 2.—.
Bd. III. Gottlieb Fichte, Evangelium der Freiheit, M. 3.—.
Bd. IV. Friedrich Schiller, Ästhetische Erziehung, M. 2.—.
Im Schiller-Jahr von besonderer Bedeutung ist der in sorgfältiger äußerer
Ausstattung herausgegebene zwei Bände (M. 6.—) umfassende „Brief
wechsel zwischen Schiller und Goethe“ eine allen Literaturfreunden hoch
willkommene Erscheinung. Das Werk ist von Houston Stewart Cham-
berlain eingeleitet. Diese Einleitung hebt in klarer Weise den Wert
hervor, den der Briefwechsel für uns alle hat: „nicht nur ergänzt er
in köstlicher Weise, was wir sonst über Schiller und über Goethe —
über ihr Leben und über ihre Anschauungen — wissen, sondern wir
lernen hier jeden der beiden großen Männer AN DEM ANDEREN er
kennen und gerade dies bedeutet für unsere Kultur als Ganzes sowie
für die Kultur jedes einzelnen unter uns einen unschätzbaren Gewinn.“
Im Unterzeichneten Verlag erscheint in einer nur EINMAL
aufgelegten Anzahl von 300 eigenhändig NUMERIERTEN
Exemplaren ein sorgfältig ausgestattetes Buch von
JOSEPH AUG. LUX
DREI PUPPENSPIELE
und zwar:
ES WAR EINMAL EINE PRINZESSIN..
JEAN BRIOCHE, DER PUPPENSPIELER
□ TOD DES PIERROT □
Der Preis des mit Zeichnungen versehenen Buches ist
□ 6 KRONEN □
Mit Rücksicht auf die sehr beschränkte
und nicht wiederholte Auflage empfiehlt
es sich, die Bestellungen, die nach der
Nummer ihres Einlaufes bis zur Neige
des kleinen Vorrates erledigt werden, un
gesäumt an den Verlag gelangen zu lassen
VERLAG „HOHE WARTE“
WIEN, I. WALLFISCHGASSE 4
ANMERKUNG. Die Garstener Gobelinaufnahmen unseres 15. Heftes
sind von der photographischen Anstalt „E. Prietzel, Steyr, k. u. k. Hof
lieferant“, hergestellt worden.
NACHDRUCKVERBOT für sämtliche in den Heften der „Hohen Warte“
erscheinenden Artikel und Illustrationen.
Alle Zuschriften und Sendungen Wien I. Wallfischgasse No. 4. Telephon 5461.
Verlag „Hohe Warte“ (Lux & Lässig). Für die Redaktion Joseph Aug. Lux.
Druck von Christoph Reisser’s Söhne, Wien V.
Papier von der Neusiedler Aktiengesellschaft für Papierfabrikation, Wien.
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