aasgeführt ist, daß also der Maurermeister und nicht der
Tapezierer für den Schaden verantwortlich ist.
Sehr häufig sieht man, daß Tapeten desselben neu tape^
zierten Zimmers Bahnen verschiedener Tönung zeigen, ob'
wohl das Muster bei sämtlichen Rollen genau übereinstimmt.
Das liegt daran, daß die Tapeten zu verschiedenen Zeiten ge'
fertigt wurden; ein Teil der Rollen befand sich noch auf
Lager, als die neue Lieferung des begehrten Musters er'
folgte. Der gewissenhafte Tapezierer wird sich sämtliche Rollen
ansehen und die Farbentönung vergleichen, ehe er mit der
Arbeit beginnt. Abweichende Rollen muß der Lieferant
zurücknehmen und durch neue ersetzen. Rollen, welche sich
längere Zeit auf Lager befanden, zeigen auch häufig gelbe,
verblichene Ränder, die sich dann auf der Wand deutlich
abzeichnen. Derartige Rollen müssen gleichfalls vorher aus'
geschieden werden.
Alle Papiertapeten, mit Ausnahme der stärksten Fabrikate,
werden so geklebt, daß sich die Ränder gegenseitig über'
decken. Die Rollen sind schon entsprechend mit Rand ge'
arbeitet, so daß gerade durch überkleben des Randes die
rechte Musterung entsteht. Bei dunkelgefärbten Tapeten
zeigt das Papier doch aber, namentlich wenn es etwas stärker
ist, deutlich die helle Schnittkante des Randes, welche sofort
deutlich auffällt und das Muster zerschneidet, wenn diese
Kante dem Fenster zugekehrt ist. Das Kleben der Bahnen
muß also derart erfolgen, daß der Schnitt dem Fenster ab'
gekehrt, also nicht beleuchtet wird.
Selbstverständlich darf die Tapete nicht auf feuchte Wände
geklebt werden, sonst schimmelt der Kleister und es ent'
stehen auf der Fläche weiße und bläuliche Flecke. Später
löst sich die Tapete beulenförmig ab oder fällt regelrecht
herunter.
Häufig verbreiten frisch tapezierte Wände lange Zeit him
durch einen sehr unangenehmen Geruch. In der Regel wird
dieser Ubelstand, der den Aufenthalt in diesen Räumen ganz
unerträglich machen kann, auf Verwendung schlechten
Kleisters zurückgeführt. In der „Deutschen Bauzeitung“
(Jahrgang 1881) wurde jedoch betont, daß auch noch andere
Ursachen derartige widerliche Gerüche hervorrufen können.
Es kann auch an den Farben der Tapete liegen. So wird
z. B. Ultramarin durch den schwachsauren Kleister zersetzt,
so daß sich dabei der Geruch von Schwefelwasserstoffgas
entwickelt. Der Kalkmörtel wirkt zwar neutralisierend auf
die erzeugte Milchsäure im Klebestoff, wenn aber bereits
alte Tapeten vorhanden sind, so kann der Kalkmörtel diese
Wirkung nicht ausüben. Es wird an erwähnter Stelle emp'
fohlen, dem Kleister ein wenig Kalkmilch oder Sodalösung
hinzuzusetzen, wodurch die schädliche Wirkung aufgehoben
wird.
Von der Verwendung zu billiger Papiertapeten — es gibt
ja schon solche zu 12 bis 15 Pfennig pro Rolle — ist
immer abzuraten. Diese Tapeten sind nicht haltbar und die
Kosten der Arbeit stehen in gar keinem Verhältnis zum
Material. Zahlt man schon 60 Pfennig für das Kleben der
Rollen (einschließlich der Borden), so sollte man auch wenig'
stens 60 Pfennig für die Rolle Tapete bezahlen. Wenn man
in einer bestimmten Frist — sagen wir einmal in fünf
Jahren — einen Raum zweimal mit Tapeten von 15 Pfennig
pro Stück tapezieren muß, so ist das weit kostspieliger, als
wenn man ihn einmal mit Tapeten zu 60 Pfennig pro
Stück tapeziert. Zwar spart man bei zweimaligem Verwenden
der billigen Tapete noch immer 30 Pfennig für Material,
dafür gibt man aber 60 Pfennig pro Stück mehr für ArbeitS'
lohn aus. Man zahlt also für die Wahl der billigen Tapete
tatsächlich 30 Pfennig mehr als bei der Wahl einer weit
besseren Tapete für 60 Pfennig. Viele Leute, die ein Haus
besitzen, besitzen leider nicht Verstand genug, um dieses
höchst simple Rechenexempel aufstellen zu können.
Besonders geschickte Arbeiter erfordert das Kleben der
Velourtapeten, die durch Aufstreuen bunten Baumwollstaubes
auf das mit klebrigen Farben hergestellte Tapetenmuster
erzeugt werden. Diese Tapeten sind zu stark, um das Über'
kleben der Ränder zu gestatten; die Bahnen müssen also
stumpf gegeneinander geschoben werden. Daraus ergibt sich,
daß sie sehr korrekt geschnitten und sehr genau aneinander
gefügt werden müssen; jeder Fehler ist hier leicht zu be'
merken, obwohl an den Stößen einfarbige Streifen im
Grundton der Tapete unterlegt werden. In derselben Weise
verwendet man auch die aus pappenartigem Hanfpapier ge'
preßten imitierten Ledertapeten, die sich übrigens sehr
schwer kleben lassen und sich häufig von der Wand los'
lösen. Gute Imitationen wird man also zweckmäßig wie die
echten geschnittenen und gepreßten Ledertapeten nur in
Holzrahmen verwenden, welche die Wirkung dieser Arbeiten
wesentlich erhöhen und festhalten. Durch Verwendung von
echten Seiden' und Damasttapeten vermag man eine überaus
reiche Wirkung des Wand' und Deckenschmuckes zu er'
zielen. Derartige Tapeten lassen sich nicht auf kl eben. Man
verwendet vielmehr eine Unterlage von Jutestoff, welcher
auf die Wand genagelt, bisweilen auch aufgeklebt wird.
Darüber kommt die Zeugtapete, die stets durch Nägel be'
festigt wird. Die Nagelreihen müssen aber so angeordnet
werden, daß sich bei Bedecken derselben mit Profilleisten
eine gefällige Felderteilung ergibt. Meist finden für diesen
Zweck gekehlte Goldleisten Verwendung, die mit Draht'
stiften auf die Wände genagelt werden.
Schon aus diesen Ausführungen wird man ersehen, daß
sogar, rein technisch betrachtet, das Tapezieren von Räumen
manche Fachkenntnisse und eine nicht unbedeutende Fertig'
keit verlangt. Der Tapezierer aber, welcher wirklich ein Künstler
ist, wird auch zu sagen wissen, welche Tapete für ein ganz
bestimmtes Mobiliar, für einen ganz bestimmten Zweck zu
wählen ist, um eine schöne Farbenharmonie, eine gewisse
Stimmung des Raumes zu erzielen. Wie man einen Tüncher
häufig als Maler bezeichnet, so pflegt man auch wohl einen
Menschen, der die Wände verständnislos mit Papier beklebt,
als Tapezierer zu bezeichnen; in Wahrheit aber verdient nur
derjenige so genannt zu werden, der die fachtechnischen Kennt'
nisse und den Geschmack besitzt, welchen dieser Beruf er'
fordert.
ICH GLAUBE, DASS WENN EIN HALBES
DUTZEND MÄNNER ZU IRGENDWELCHER
ZEIT IHR HERZ ERNSTHAFT AN ETWAS
SICH VORBEREITENDES HÄNGEN, DAS
NICHT DER NATUR ZUWIDER IST, ES DOCH
EINMALZUSTANDE KOMMT; DENN NICHT
ZUFÄLLIG KOMMT EIN GEDANKE IN DIE
KÖPFE EINIGER, VIELMEHR WERDEN SIE
DURCH ETWAS VORWÄRTS GETRIEBEN
UND ZUM SPRECHEN GEZWUNGEN, DAS
SICH IM HERZEN DER WELT REGT UND
SONST UNAUSGESPROCHEN BLIEBE.
WILLIAM MORRIS.
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