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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 2. Jahrgang 1905/06

GRAMMATIK. Die Formenlehre und das Wichtigste der 
Syntax wird wiederholt. Es werden Extemporalien geschrieben. 
Jede zweite Woche eine deutsche Aufgabe. 
MATHEMATIK. Nach der Ansicht der Schule muß der 
Mathematik in dieser Klasse große Aufmerksamkeit zu' 
gewendet werden. Der reif gewordene Verstand ist jetzt 
ziemlich schweren Gedankenaufgaben gewachsen und die 
Lösung dieser kommt dem Unterricht auch in anderen von 
der Mathematik abhängigen Fächern zu gute. 
Der Unterrichtsverlauf selbst ist sehr reformbedürftig. Man 
überzeugt sich immer mehr davon, daß der Lehrplan der 
Mittelklassen der öffentlichen Lehranstalten eine Änderung 
erfordert, und zwar müßte das Hauptgewicht auf die prak^ 
tischen Aufgaben gelegt werden und müßten verschiedene 
theoretische Abhandlungen in die höheren Klassen verlegt 
werden. Aber in vielem sind auch die Ansichten der Refomv 
freunde geteilt. Eine wichtige Frage ist z. B. die betreffs 
des Geometrieunterrichts, wo noch nicht entschieden wurde, 
ob das Euklidische Lehrbuch oder die neueren Versuche 
vorzuziehen sind. 
Die Schule hat für sich selbst eine neuere Methode auszu^ 
probieren gewünscht. 
GESCHICHTE. Die Hauptsache für die höheren Mittel' 
Schulklassen sollte die neuere Geschichte sein. Im Zusammen' 
hang mit den historischen Erscheinungen des Mittelalters 
und der römischen Weltherrschaft erfordert das jedoch eine 
ziemlich umfassende Darstellung als Einleitung. Das ist im 
Laufe dieses Jahres geschehen und die Geschichte des Mittel' 
alters erscheint somit als abgeschlossen. Die Abschnitte von 
kulturhistorischem Wert erfuhren eine sehr eingehende Be' 
Handlung. Es wurden zusammen mit den Schülern Versuche 
gemacht, den historischen Zusammenhang zwischen den Er' 
scheinungen zu finden und darzustellen. 
Die Geschichte des Nordens ist in die allgemeine eingefügt 
worden. Man hat, wo es möglich war, Urschriften gelesen, 
teils gemeinsam, teils lasen die Schüler allein unter Leitung 
des Lehrers. Auf diese Weise wurden Abschnitte aus 
„Tacitus“, „Amaler und Germania“, „Das Leben Karls des 
Großen“ von Einhard, „Der Rolandsgesang“, „Der Koran“ 
Joinvilles, „Ludwig der Heilige“, Kirchengeschichte u. s. w. 
gelesen. Auch historische Kritik wurde geübt, und zwar in 
der Weise, daß die Schüler schriftlich einige moderne histO' 
rische Streitpunkte entwickelt haben. 
DIE MUTTERSPRACHE. Die Hauptaufgabe ist Aufsatz' 
schreiben gewesen. Jede zweite Woche wurde ein Aufsatz 
geschrieben. Bei jedem dritten Aufsatz durfte das Thema 
frei ausgewählt werden. Außerdem wurden Vorträge gehalten 
und die schwedische Formenlehre durchgenommen. 
Es wurde vorläufig vom Prinzip der Lehranstalt, die neuere 
Literatur möglichst zu pflegen, Abstand genommen und man 
befaßte sich mit dem Lesen der älteren Literatur und zugleich 
mit einer literarhistorischen Darstellung der Literatur des 
nordischen Mittelalters in Island und Schweden bis Olavus 
Petri. Gegen Ende des Frühlingstermines wurde Shakespeares 
„Julius Cäsar“ gelesen. 
Folgende Aufsätze wurden von dem Lehrer aufgegeben: 
Warum wurde der römische Staat ein Kaisertum? — Das 
Lebensschicksal eines Pferdes. — Wohin willst du fahren? — 
Die Wanderung unserer Vorfahren nach dem Norden und 
ihr Leben während des Steinalters. — Ein „Luciafest“ in 
der höheren Samschule in Gotenburg. — Wilhelm Teil 
(deutsche Aufgabe). — Eine Heidekrautfeuersbrunst in 
„Landalabergen“ (von der Klasse angeschaut). — Verkehrs' 
mittel. — Die Renaissancezeit. — Das Vandalenreich. — 
Theoderich der Große. — Die Hauptzüge der germanischen 
Völkerwanderung. — Das Ritterleben. — Gotenburg. — 
Wie bindet man ein Buch ein? — 
Von den Schülern selbst ausgewählte Themata: Die Berech' 
tigung des Krieges. — Die Geschichte der Juden. — Die 
Insel und der Badeort Särö. — Die Gotteslehre des ägyptischen 
Altertums. — Engelbrecht. — Der Rhein. — Ein Skiausflug. 
— Der Winter. — Der Kampf zwischen Heiden' und Christen' 
tum in Schweden. — Wie ich meine Ferien zubrachte. — 
Mein kleiner Bruder. — Skansen. — War es gut, daß die 
Franken bei Poitiers 732 den Sieg gewannen? — Freiheit. 
— Das Leben auf „Kungspatsavenejen“. — Arbeit. — 
Stockholms Schloß. 
RELIGION. Der Religionsunterricht in dieser Klasse sollte, 
in Übereinstimmung mit der Richtung der Schule, ein durch 
und durch historisches Gepräge annehmen. Es wird die 
Bibel (die Apostelgeschichte) und die vier letzten Haupt' 
abschnitte aus dem Katechismus durchgenommen. Von diesen 
verschiedenen Teilen des Faches wurde die Bibelkenntnis 
als die Hauptaufgabe betrachtet. 
Die historische Methode beim ßibellesen besteht in der 
Darstellung der Bücher des Alten und Neuen Testamentes 
vom Standpunkt der bibelkritischen Untersuchungen der 
neueren Zeit. Dies ist geschehen und das Alte sowohl 
als das Neue Testament wurden auf diese Weise durch' 
genommen. 
Das Anwenden der historischen Methode beim Durchnehmen 
des Katechismus besteht in der Erklärung derjenigen Um' 
stände, unter welchen die Begriffe der Lutherischen Lehre 
entstanden und in katechetische Form zusammengefaßt 
wurden. 
Die kirchengeschichtliche Darstellung sollte als Grundlage 
für die Erklärung des Katechismus dienen. Dieser Teil des 
Programmes wurde jedoch bis zur VI. Klasse verschoben. 
Der Kursus des Lehrjahres ist folgender gewesen: Die 
historischen und prophetischen Bücher des Alten Testaments 
in bezug auf die Zeit ihrer Abfassung und ihrer Entstehung. — 
Übersicht über die religiöse Entwicklung der Juden auf 
Grund dieser Bücher. — Die Entstehung, die Ausbreitung 
und der Sieg des Christentums im römischen Reich. — Die 
Verhältnisse in Palästina zu der Zeit Christi. — Die drei 
ersten Evangelien mit Rücksicht auf deren Abfassungszeit 
und Entstehungsweise. — Übersicht über das Leben und 
die Lehre Christi nach diesen Evangelien. 
Dabei wurde kein Lehrbuch, sondern nur die Bibel und kurzes 
Diktat verwendet. 
ENGLISCH. Da die Sprachkenntnisse der Schüler zu Beginn 
des Frühlingstermines, als der Unterricht dieses Faches be' 
gann, sehr verschiedenartige waren und eines der Kinder 
sogar ein Anfänger war, mußte mit den allerersten Grund' 
lagen des Sprachunterrichtes angefangen werden. Der Kurs 
ist folgender gewesen: Laut' und Formenlehre, Lesen, über' 
setzen und mündliches Wiederholen von Dialogen und 
Erzählungen. 
Wörterverzeichnisse und Schreiben, teils zu Hause, teils im 
Schulzimmer. Der Unterricht wurde in der fremden Sprache 
selbst erteilt. 
CHEMIE. Elementarkurs mit Hilfe von Experimenten. Die 
Lehre von der unorganischen Natur. (Sauerstoffe, Salze, die 
Verbrennung; die Darstellung von Metallen.) 
ZEICHNEN u. s. w. Freihandzeichnen. (Der Unterricht 
wurde während des Frühlingstermines manchmal in Museen 
abgehalten.) Malen mit Aquarellfarben, Modellieren. — 
Konstruktionszeichnen: Flächige geometrische Figuren im 
Zusammenhang mit der Geometrie und Projektionen von 
flächseitigen Figuren. 
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