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Entwurf eines illuminierten Chateau d’eau (Burnacini).
Figuren zu bilden. Sie protegiert diejenigen Bäume, wie
Zypressen und Orangen, die sich tektonisch auswachsen. Sie
bindet die Blumen zu Mosaikparterres. Sie liebt an der
Wiese nicht das Gras, sondern dessen Rand, der polygone
Formen annehmen kann. Sie bindet Gruppen gleichmäßiger
Pflanzen und Bäume nach den Regeln einer wohlgeordneten
Grundrißzeichnung. Sie frohlockt, daß die Beweglichkeit der
Vegetabilien eine verhältnismäßig so geringe ist, und benutzt
diese Geringfügigkeit, um die Bewegung ganz zu töten.
Es ist die genaueste Parallele zur bildenden Kunstgeschichte.
Das Quattrocento, zum Beispiel Cosimos Villa Careggi, hat
noch den Rest der Gotik: botanische Ordnung. Venedig,
dessen Gärten Sansovino aufzählt, eine Stadt, die die Er^
innerungen der Gotik nicht leicht fallen läßt, liebt die Botanik
länger als Rom, das im Cinquecento den architektonischen
Garten rein herstellt. Bramante im Giardino della Pigna des
Vatikans hat den Wuchs der Pflanze unter die Rhythmik
der Schere oder der Technik befohlen, um sie ohne Störung
in den Plan der großartigen baulichen Anlage aufzunehmen.
Man unterscheidet zwischen courfähigen und proletarischen
Bäumen. Zu den letzteren gehört noch lange Zeit die Eiche,
die in ihrem knorrigen persönlichen Wuchs sich unangenehm
von der Frisiertheit der Orangen und der Eleganz der Pinie
unterschied.
Ligorio, der in seinem Casino del Papa noch die Bramantesche
Methode der konsequenten Rhythmisierung des Baumbestandes
befolgte, gestattete in der oberen Terrasse seiner Villa d’Este
zum erstenmal dem höheren Baum, dem waldartigen Park,
der vor den Toren des eigentlichen Gartens bis dahin hatte
warten müssen, den Eintritt. Es war die erste bewußte
Demokratisierung. Noch freilich wird das Volk der freien
Bäume durch regelmäßige Diagonalwege abgeteilt und die
Wände der Wege werden in Heckenform beschnitten, aber
der Anfang war gemacht. In anderen italienischen Gärten,
vor allem in Frankreich, das Italiens Formen nur erweitert,
nicht verändert, ist es nun möglich, fern vom Palast, hinter
dem Giardinetto, einen wirklichen Giardino mit einer ge^
duldeten, frei wachsenden Gesellschaft von Bäumen anzu^
legen. Die englische Schule, in ihrer Entwicklung durch
Kent, Brown, Repton, läßt auch den Giardinetto fallen und
gibt dem ßaumwuchs eine Freiheit, die sich von der mitteh
alterlichen nur dadurch unterscheidet, daß sie eine bewußte
ist. Die Wiese, die von den Italienern noch in Zypressen^
alleen gerahmt, von Lenotre als festumrissener Tapis vert
benutzt wird, hat ihre Gleichberechtigung erlangt und der
natürliche Rhythmus sich bewegender Tiere und Hirten,
der Farbenwechsel der Weide wird absichtlich in den Park
einbezogen — es ist derselbe Prozeß, der sich heute noch in
Roms Villa Borghese vollzieht — bis schließlich deutsche
Gärtner, wie Pückler und Sckell, dieses landwirtschaftliche
Motiv zu gunsten der reinen Landschaft auch aufgeben.
Eine Reihe künstliclvromantischer Motive, Scherzspiele der
Natur, zu denen Chinas Gärten anregten, vergleichbar der
Dressierung von Tieren, fällt allmählich den Bedürfnissen
nach natürlichen Gestaltungen, die den Garten nicht anders
formen, als wie ihn die Natur in ihrer besten Stunde an der be^
treffenden Stelle selbst geschaffen hätte. Statt der Mauer der
Graben, statt der korporativen Hecken einzelne schöne Baum.'
exemplare, statt der Blumeninschriften die wallenden violetten
Blumenfelder des Kew Garden und seine malerisch verstreuten
Azaleen, die eine botanische Einzelheit zu einer ästhetischen
Reinkultur erheben. Man kehrt zu der unbeschränkten Natur
gotischer Zeiten zurück, nachdem man durch die Renaissance
die Veredelung der Natur und ihre bewußte Anordnung
gelernt hat. Das beetartige Bukett wird ersetzt durch die
lose, langstenglige Orchidee, deren schönste Blüte das Pro'
dukt einer konstruktiven Kultur ist.
Die bewußte Konstruktivität gibt dem modernen Verhältnis
zur Pflanze seinen Charakter. Der Tiergarten wird ausge^
holzt, nicht um seine Bäume Parade bilden zu lassen, sondern
um dem Sonnenlicht freieren Zufluß und dem Heere der
Vögel größere Lockungen zu geben. Dies ist unser Ideal.
Wir stellen das Gewächs unter die fruchtbarsten Bedingungen
der Natur. Dies ist unsere einzige Gartenbaukunst. Und
wenn wir, wie es selbst der moderne englische und auch in
neuester Zeit schon der kontinentale Garten nicht mehr
verpönt, einen kleinen Giardinetto oder eine kleine Pergola
oder einen zyressenumstandenen See nach dem Muster der
Villa Falconieri uns bauen, so tun wir dies doch nur mit
bewußtem Stilgefühl, irgend einem ästhetischen Traume
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