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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 2. Jahrgang 1905/06

Aossiclitswarte 
Gartenbank aus Stein 
Von Arch. H. Stubner O 
Von Arcb. H. Stubner 
das uns heute in allen Dingen bevorrechtet, sieht nur Stück 
werk ; seine Triebfeder ist in der Regel filziger Eigennutz, sein 
Ehrgeiz der persönliche Vorteil auf Kosten des Ganzen. Wer 
sich die Mühe nimmt, die werktätigen Gesinnungen von heute 
zu analysieren, wird auf diese Elemente kommen. □ 
Noch eine andere Rücksicht verbindet den Staat und die Ge 
meinde zu dieser Pflicht gegen die Schule — Gemeindewesen 
und Staatswesen leben von der Kraft des produktiven Menschen, 
dessen Entwicklung und Selbständigkeit sie so früh wie 
möglich im eigenen Interesse fördern sollten. Sie dürften sich 
die kostbarste und uneigennützige Kraft der Jugend nicht ent 
gehen lassen, die imstande ist, neue Werte hervorzubringen 
und den Alltag in Schönheit zu kleiden. Sie können ein Beispiel 
geben, das für die privaten Bedürfnisse Richtung gibt und volks 
wirtschaftlich bedeutsam ist. Das Entscheidende liegt darin, dass 
Staat und Gemeinde Konsumenten sind, dass sie in den also 
hergestellten Dingen die unvergängliche Nützlichkeit von Ge 
brauchswerten sehen müssen, die weiter wirken und kultur 
fördernd sind. Ihnen käme die Rolle zu, die einst der Fürst 
der Kunst gegenüber inne hatte, die Rolle eines Mäcens, der 
die künstlerische Produktion für seinen Lebenshalt braucht. Er 
hat nichts gemein mit jener anrüchigen Sorte gewinnsüchtiger 
„Mäcene“, denen die Kunst Tauschwert und gut verzinste Ka 
pitalsanlage bedeutet, ein Handelsobjekt. q 
Es gibt kein Bedenken darüber, dass auch minderwertige Schulen 
mit in die Konkurrenz treten. Wenn der gesamte Organismus 
auf die künstlerischen Kräfte gestellt ist, wird sich bald zeigen, 
wo das Übergewicht liegt. In dem heutigen Zustand der Bevor 
mundung und der Schwächestandspolitik ist es allerdings möglich, 
dass die wenigen Tüchtigen von der verbündeten Schwachheit 
an die Wand gedrückt werden. Denn der Kampf wird überall 
und auch in der Kunst nicht mit den sachlichen Mitteln, sondern 
mit den Waffen der Erbärmlichkeit geführt. Die gute Kunst 
schule und ihre Bedingungen haben wenig Hoffnung auf Bestehen, 
die Idee einer solchen Schule ist in dem verflackernden Gehirn 
der Schulregenten nicht erwacht und hat keine Hoffnung, dort 
aufzukommen. |-j 
Es darf eben nicht vergessen werden, dass im Kerne jeder guten 
Schule ein Meister und fertiger Künstler steht, und dass in 
jenen idealen Zuständen die Kraft des Meisters den Sieg der 
Schule und die Herrlichkeit der sichtbaren Kultur entscheiden 
würde heute wird die Entscheidung vom Eigennutz, der 
Anmassung und der Unfähigkeit geführt. Diese allgemeine Ge 
sinnung lastet als schwerer Druck auf der Schule und hemmt 
oie Entfaltung; die herrschende Habgier vergiftet die jungen 
Seelen, das Reglement, die Gebundenheit des Daseins in einer 
engherzigen, philiströsen, von Dummköpfen und Spitzbuben be 
herrschten Welt lässt die innere Freiheit in der Schule nicht 
aufkommen, und das ausnahmsweise Gute kann sich nur 
schwer behaupten. ^ 
Wenn irgend einmal die Idee einer guten Kunstschule Ver 
wirklichung fände — die Welt müsste staunen über den Glanz 
und Reichtum, der von dieser Stätte ausgeht. L. 
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