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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 2. Jahrgang 1905/06

uns in der Geburtsstadt des Rubens befinden, am Niederrhem, 
wo die Farbe von jeher die Kunstwerke beherrscht und ver 
herrlicht hat. Die stille Wirkung eines solchen Mannes in 
seinem Kreise verdient, recht deutlich geschildert zu werden, 
ein Geschäft, welches Herr Kanonikus Wallraff mit Vergnügen 
übernehmen wird, da er als ein Jüngerer diesem würdigen 
Greis auf dem Lebens- und Kunstwege gewiss manche Anre 
gung verdankt. □ 
Ein Schüler dieses würdigen Mannes, Herr Hagbold, beschäf 
tigt sich mit ähnlichen Arbeiten; doch hat er bisher nur 
Profilporträte geliefert, denen man eine glückliche Ähnlichkeit 
nicht absprechen kann. Die Reinlichkeit und Feinheit der 
Kleidungs- und Putestücke an diesen Bildern ist höchlich zu 
loben, und wenn er sie in der Folge sowohl von vorn in 
voller Ansicht, ganc rund, als von der Seite, nur halb erhaben, 
ausführen wird, so kann es ihm an Beifall und Kunden nicht 
fehlen. □ 
Noch ist hier ein geschickter Miniaturmaler zu erwähnen, 
Herr Lützenkirchen, welcher sich bei sehr schönen Talenten als 
ein denkender Künstler erweist und sich auch schon das Ver 
trauen hoher Personen bei bedeutenden Gelegenheiten er 
worben hat. □ 
Indem man nun von dem Vergangenen und Gegenwärtigen 
spricht, was Köln merkwürdig, ehrwürdig und angenehm 
macht, und sodann fragt, was denn ferner wünschenswert wäre, 
damit gebildete Personen aller Art ihren Aufenthalt hier gerne 
wählten, so wird man die Antwort hören, dass Wissenschaft 
und diejenige Kultur, welche aus dem Studium der alten 
Sprachen hervorgeht, nebst allem, was geschichtlich heissen 
kann, hier von Frischem angeregt und begünstigt werden 
sollten; von Frischem sage ich, denn auch diese Vorzüge haben 
sich hier nicht ganz verloren. Man darf nur die im Lapidarstil 
glücklich aufgestellten Inschriften, worin Herr Kanonikus 
Wallraff sich besonders hervortut, sowie seine heiteren und ge 
haltsreichen Gelegenheitsgedichte betrachten; man darf die 
historischen Bemühungen, welche derselbe nebst anderen Per 
sonen den vaterstädtischen, kirchlichen Ereignissen widmet, 
näher ins Auge fassen, so findet man noch Verzahnungen 
genug, welche nur auf einen neuen Anbau zu warten 
scheinen. □ 
Und hier wird man unmittelbar an jene ansehnliche Universität 
erinnert, welche ehemals hier ihren Sitz hatte. Ihre Lage war vorteil 
haft in der Mitte der Länder zwischen Mosel, Maas und Lippe, 
auch zur Verbindung mit verwandten Nachbarländern, woher 
noch bis zur französischen Umwälzung Studierende, meist von 
katholischer Religion, sich auf diese Universität wendeten, in 
solcher Anzahl, dass sie eine sogenannte Nation unter den 
Studenten ausmachten. Die medizinische Fakultät zog durch 
ausgezeichnete Lehrer noch bis zu Ende des letzten Jahrzehnts 
holländische Studenten nach Köln, und noch jetzt geniesst die 
Stadt in den angrenzenden Ländern ihren alten Ruhm. Ja, in 
den ersten Jahren der französischen Herrschaft wurde die Hoff 
nung rege zu Wiederbelebung der alten Universität, und bis in 
die letzten Zeiten nicht ganz aufgegeben, erhielt sie sich an der 
Aufmerksamkeit, welche die Zentralschule genoss, die nachher 
in eine höhere Sekundärschule verwandelt wurde. Ihr blieben 
bedeutende Güter, Anstalten und Sammlungen, welche zum 
Teil sich noch vermehrten; wie denn ein wohlbestelltes physi 
kalisches Kabinett angeschafft und ein botanischer Garten ganz 
neu angelegt wurde. Fänden nun in demselbigen, von den 
Jesuiten ehemals benutzten Raume die Kunstsammlungen 
gleichfalls ihren Platz, so würde sich alles Kennenswerte hier 
vereinigen lassen. Hierauf, wie auf manches andere, gründen 
die Kölner die Hoffnung, die alte Universität in ihren Mauern 
wieder erneuert zu sehen. rj 
Alles, was wir bisher an dieser Stadt gerühmt, schien diese 
Hoffnung zu begünstigen, da nicht mehr die Frage sein kann, 
ob nicht auch in grossen Städten eine Universität gedeihen 
könne. Ja, man wollte behaupten, dass hier, wo die reichsten 
Schätze der grossen Vorzeit zu finden sind, wo geistliche und 
weltliche Gebäude, Mauern und Türme und so mannigfaltige 
Kunstsammlungen eine anschauliche Geschichte der Vergangen 
heit liefern, wo Schiffahrt und Handel das gegenwärtige Leben 
darstellen, dass hier Lehrenden und Lernenden alles nützlich 
und förderlich sein müsse, indem in unseren Tagen nicht mehr 
von Schul- und Parteiwissen, sondern von allgemeinen Welt 
ansichten, auf echte Kenntnisse gegründet, die Rede sei. □ 
Man wolle jenen Universitäten, in kleinen Städten angelegt, 
gewisse Vorteile nicht streitig machen, es sei aber doch nicht 
zu leugnen, dass sie sich aus jenen Zeiten herschreiben, wo 
der Jugend, die aus einem dumpfen Schulzwange zu einem 
ängstlichen Geschäftszwange gebildet werden sollte, ein gewisser 
Zwischenraum gegönnt war, in welchem sie sich neben dem 
Lernen auch abtoben und eine fröhliche Erinnerung voll 
brachter Torheiten gewinnen möchte. Gegenwärtig sei dieses 
aber unzulässig, schädlich und gefährlich; denn der deutsche 
Jüngling habe sich meist im Felde versucht, habe an grossen 
Taten Anteil genommen, und selbst der Nachwuchs sei schon 
ernster gesinnt; man verlange nicht nach einer abenteuerlichen, 
hohlen Freiheit, sondern nach einer ausbildenden, reichen Be 
grenzung. Wo sei nun eine solche schöner zu finden, als in 
einer Stadt, die eine Welt in sich enthalte, wo Tätigkeit aller 
Art sich musterhaft vor dem Geiste des Jünglings bewege und 
wo junge Leute nicht an Kameradenselbstigkeit, sondern an 
höheren Weltansichten und an unzähligen Gewerbs- und 
Kunsttätigkeiten ihre Unterhaltung fänden, wo der Studierende 
nur über den Fluss zu setzen brauche, um seine Ferien in dem 
reichsten Bergwerks-, Hütten- und Fabrikenlande nützlich zu 
zubringen ? □ 
Ferner behaupteten die Kölner, dass der Studierende nirgends 
mehr sich selbst achten und geachtet werden könne als bei 
ihnen, indem er als Miterbauer einer grossen, alten, durch 
Zeit und Schicksal Zurückgekommenen Existenz angesehen 
werden müsse. n 
Unregelmässigkeiten in der Zustellung wollen dem Verlag der „HOHEN 
WARTE“ gefälligst sofort bekanntgegeben werden. 
NACHDRUCKVERBOT für sämtliche in den Heften der „Hohen Warte“ 
erscheinenden Artikel und Illustrationen. 
Alle Zuschriften und Sendungen Wien, XIX. Grineingerstrasse Nr. 57, Telephon D 58. 
Verlag „Hohe Warte* 4 . Für die Redaktion Joseph Aug. Lux. 
Für den österreichischen Buchhandel in Kommission bei: Hugo Heller, Wien, 
I. Bauernmarkt 3. 
Druck von Jacques Philipp, vorm. Philipp & Kramer (v. Leiter; M. Händler), Wien VI. 
300
	        
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