uns in der Geburtsstadt des Rubens befinden, am Niederrhem,
wo die Farbe von jeher die Kunstwerke beherrscht und ver
herrlicht hat. Die stille Wirkung eines solchen Mannes in
seinem Kreise verdient, recht deutlich geschildert zu werden,
ein Geschäft, welches Herr Kanonikus Wallraff mit Vergnügen
übernehmen wird, da er als ein Jüngerer diesem würdigen
Greis auf dem Lebens- und Kunstwege gewiss manche Anre
gung verdankt. □
Ein Schüler dieses würdigen Mannes, Herr Hagbold, beschäf
tigt sich mit ähnlichen Arbeiten; doch hat er bisher nur
Profilporträte geliefert, denen man eine glückliche Ähnlichkeit
nicht absprechen kann. Die Reinlichkeit und Feinheit der
Kleidungs- und Putestücke an diesen Bildern ist höchlich zu
loben, und wenn er sie in der Folge sowohl von vorn in
voller Ansicht, ganc rund, als von der Seite, nur halb erhaben,
ausführen wird, so kann es ihm an Beifall und Kunden nicht
fehlen. □
Noch ist hier ein geschickter Miniaturmaler zu erwähnen,
Herr Lützenkirchen, welcher sich bei sehr schönen Talenten als
ein denkender Künstler erweist und sich auch schon das Ver
trauen hoher Personen bei bedeutenden Gelegenheiten er
worben hat. □
Indem man nun von dem Vergangenen und Gegenwärtigen
spricht, was Köln merkwürdig, ehrwürdig und angenehm
macht, und sodann fragt, was denn ferner wünschenswert wäre,
damit gebildete Personen aller Art ihren Aufenthalt hier gerne
wählten, so wird man die Antwort hören, dass Wissenschaft
und diejenige Kultur, welche aus dem Studium der alten
Sprachen hervorgeht, nebst allem, was geschichtlich heissen
kann, hier von Frischem angeregt und begünstigt werden
sollten; von Frischem sage ich, denn auch diese Vorzüge haben
sich hier nicht ganz verloren. Man darf nur die im Lapidarstil
glücklich aufgestellten Inschriften, worin Herr Kanonikus
Wallraff sich besonders hervortut, sowie seine heiteren und ge
haltsreichen Gelegenheitsgedichte betrachten; man darf die
historischen Bemühungen, welche derselbe nebst anderen Per
sonen den vaterstädtischen, kirchlichen Ereignissen widmet,
näher ins Auge fassen, so findet man noch Verzahnungen
genug, welche nur auf einen neuen Anbau zu warten
scheinen. □
Und hier wird man unmittelbar an jene ansehnliche Universität
erinnert, welche ehemals hier ihren Sitz hatte. Ihre Lage war vorteil
haft in der Mitte der Länder zwischen Mosel, Maas und Lippe,
auch zur Verbindung mit verwandten Nachbarländern, woher
noch bis zur französischen Umwälzung Studierende, meist von
katholischer Religion, sich auf diese Universität wendeten, in
solcher Anzahl, dass sie eine sogenannte Nation unter den
Studenten ausmachten. Die medizinische Fakultät zog durch
ausgezeichnete Lehrer noch bis zu Ende des letzten Jahrzehnts
holländische Studenten nach Köln, und noch jetzt geniesst die
Stadt in den angrenzenden Ländern ihren alten Ruhm. Ja, in
den ersten Jahren der französischen Herrschaft wurde die Hoff
nung rege zu Wiederbelebung der alten Universität, und bis in
die letzten Zeiten nicht ganz aufgegeben, erhielt sie sich an der
Aufmerksamkeit, welche die Zentralschule genoss, die nachher
in eine höhere Sekundärschule verwandelt wurde. Ihr blieben
bedeutende Güter, Anstalten und Sammlungen, welche zum
Teil sich noch vermehrten; wie denn ein wohlbestelltes physi
kalisches Kabinett angeschafft und ein botanischer Garten ganz
neu angelegt wurde. Fänden nun in demselbigen, von den
Jesuiten ehemals benutzten Raume die Kunstsammlungen
gleichfalls ihren Platz, so würde sich alles Kennenswerte hier
vereinigen lassen. Hierauf, wie auf manches andere, gründen
die Kölner die Hoffnung, die alte Universität in ihren Mauern
wieder erneuert zu sehen. rj
Alles, was wir bisher an dieser Stadt gerühmt, schien diese
Hoffnung zu begünstigen, da nicht mehr die Frage sein kann,
ob nicht auch in grossen Städten eine Universität gedeihen
könne. Ja, man wollte behaupten, dass hier, wo die reichsten
Schätze der grossen Vorzeit zu finden sind, wo geistliche und
weltliche Gebäude, Mauern und Türme und so mannigfaltige
Kunstsammlungen eine anschauliche Geschichte der Vergangen
heit liefern, wo Schiffahrt und Handel das gegenwärtige Leben
darstellen, dass hier Lehrenden und Lernenden alles nützlich
und förderlich sein müsse, indem in unseren Tagen nicht mehr
von Schul- und Parteiwissen, sondern von allgemeinen Welt
ansichten, auf echte Kenntnisse gegründet, die Rede sei. □
Man wolle jenen Universitäten, in kleinen Städten angelegt,
gewisse Vorteile nicht streitig machen, es sei aber doch nicht
zu leugnen, dass sie sich aus jenen Zeiten herschreiben, wo
der Jugend, die aus einem dumpfen Schulzwange zu einem
ängstlichen Geschäftszwange gebildet werden sollte, ein gewisser
Zwischenraum gegönnt war, in welchem sie sich neben dem
Lernen auch abtoben und eine fröhliche Erinnerung voll
brachter Torheiten gewinnen möchte. Gegenwärtig sei dieses
aber unzulässig, schädlich und gefährlich; denn der deutsche
Jüngling habe sich meist im Felde versucht, habe an grossen
Taten Anteil genommen, und selbst der Nachwuchs sei schon
ernster gesinnt; man verlange nicht nach einer abenteuerlichen,
hohlen Freiheit, sondern nach einer ausbildenden, reichen Be
grenzung. Wo sei nun eine solche schöner zu finden, als in
einer Stadt, die eine Welt in sich enthalte, wo Tätigkeit aller
Art sich musterhaft vor dem Geiste des Jünglings bewege und
wo junge Leute nicht an Kameradenselbstigkeit, sondern an
höheren Weltansichten und an unzähligen Gewerbs- und
Kunsttätigkeiten ihre Unterhaltung fänden, wo der Studierende
nur über den Fluss zu setzen brauche, um seine Ferien in dem
reichsten Bergwerks-, Hütten- und Fabrikenlande nützlich zu
zubringen ? □
Ferner behaupteten die Kölner, dass der Studierende nirgends
mehr sich selbst achten und geachtet werden könne als bei
ihnen, indem er als Miterbauer einer grossen, alten, durch
Zeit und Schicksal Zurückgekommenen Existenz angesehen
werden müsse. n
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