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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 2. Jahrgang 1905/06

Beifall, daß ich ihn in bewundernden Ausdrücken zu be^ 
schreiben wage. Es ist das Verdienst meines guten Architekten, 
der den Raum ganz so gestaltet hat, wie ich es wünschte, 
aber nicht beschreiben könnte, und des tüchtigen alten 
Tischlers, der die Zeichnungen in einer den Absichten des 
Architekten ganz entsprechenden Weise ausgeführt hat, wenn 
ich sagen darf, daß diese Galerie ein gutes Beispiel dafür 
ist, wie englische Eiche in einem einfachen Hause verwendet 
werden kann, das keine anderen Ansprüche macht, als gut 
ausgeführt zu sein und aus einem seiner Natur und dem 
verfolgten Zwecke entsprechend verwendeten Material zu 
bestehen, wobei auch auf die Schönheit der Verhältnisse und 
die Einfachheit der Wirkung Rücksicht genommen wurde. 
Und dank dem Umstand, daß das Haus in diesem Geiste 
geplant und ausgeführt wurde, weist diese Galerie sowie 
das ganze Gebäude eine Eigenschaft auf — die meinem 
Ermessen nach die wertvollste ist, die ein Haus oder irgend 
ein Teil davon besitzen kann — es fördert das Gefühl der 
Ruhe und die Heiterkeit des Gemütes. Es ist in einer ge^ 
heimnisvollen Weise von dem Ausdruck eines freudigen, 
lieben Willkommenheißens erfüllt, verspricht der Seele und 
dem Körper Ruhe und bietet Auge und Hirn die vollste 
Befriedigung. 
Das sind gerade jene wünschenswerten Eigenschaften, die in 
einem modernen Gebäude so selten gefunden werden und 
die man an den uns hinterbliebenen Beispielen der Haus- 
architektur unserer Tudor^ und Jakobinischen Epoche und 
noch häufiger an den Klosterbauten des Auslandes so sehr 
schätzt. Einer der Wünsche, den ich meinem Architekten 
gegenüber äußerte, bestand tatsächlich darin, daß ich gerne 
etwas von der Stimmung eines Konventes bei mir haben 
wollte, und da ich das durch nichts anderes als durch eine 
gediegene Bauweise und ehrliche Einfachheit zu erreichen 
wußte, hat er meinen Wunsch zu erfüllen verstanden. 
Die Galerie hat an der linken Seite in einer langen Reihe 
nördlich gelegener und nach dem Garten gehender Fenster 
eine reichliche Lichtquelle. Rechts befinden sich tiefe Schränke 
mit Türfüllungen aus Eichenholz, die nur durch getäfelte 
Nischen unterbrochen werden, in welchen sich die Türen 
zu den drei Schlafzimmern befinden. Ein Raum von acht 
Fuß ist von einem weniger tiefen Schrank eingenommen, 
der eine verglaste, mit Schiebefenstern versehene Vorderseite 
hat und in dem allerlei kleine Schätze aufgehoben werden, 
die auf Anmut oder persönliches Interesse Anspruch erheben 
können und die von jedem, der einen Hang zu sammeln 
hat, fast unbewußt angehäuft werden. Alle diese Dinge sind 
mit dem Bestreben, eine malerische Wirkung hervorzubringen, 
aufgestellt und der Schrank erfüllt den doppelten Zweck, 
mich den Anblick meiner ganzen, sich aus verschiedenartigen 
kleinen Dingen zusammensetzenden Habe genießen zu lassen 
und mir zugleich die Gewißheit zu geben, daß dieselbe vor 
den gefährlichen Sprüngen der jungen Katzen und vor der 
gut gemeinten, aber oft verhängnisvollen Betätigung des 
Staubwedels gesichert ist. Es sind darin Erinnerungen an 
manche Länder und manche Menschen enthalten: an Gegenden, 
die ich nie wieder sehen werde, denn die Zeit zu reisen ist 
für mich vorüber; es befinden Sich auch liebe kleine Gaben 
von Freunden dabei, die nicht mehr unter den Lebenden 
sind. Einige der kleinen Gegenstände haben keinen anderen 
absoluten Wert, als ihre Anmut, die sich gar nicht abschätzen 
läßt, wie die schöner Muscheln und Federn. 
(Fortsetzung folgt.) 
Zur 
Reform 
der weib' 
liehen 
Hand' 
arbeiten. 
(Siehe 
Seite 63.) 
56
	        
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