gewissen Teiles des Publikums gegen die üblichen Fachleute, als durch diese geschieht.
Freilich bildet dieser Teil des Publikums einen verschwindend kleinen Prozentsatz
der Allgemeinheit. Und doch ist es mit Freuden zu begrüßen, daß ein solcher Prozent
satz bereits vorhanden ist. Es handelt sich um eine kleine Gemeinde, die das Un
erträgliche der bisherigen künstlerischen Zustände erkannt hat und sich gegen die
Versorger mit Afterkunst auflehnt. Sie findet das, was sie will, vorläufig nur bei
einigen bevorzugten Künstlern, mit deren Empfinden sie sich eins fühlt. Aber doch
ist bereits ein kleiner Stamm von Bestellern und Versorgern gebildet, der die wenigen
wirklichen Kulturleistungen hervorbringt, die heute im deutschen Hausbau zu ver
zeichnen sind. Von der Vermehrung dieser Gemeinde der Sehenden wird es ab-
hängen, wie schnell wir vorwärts schreiten. Daß dem Anwachsen der Wünschenden
auch das Anwachsen der Gebenden entsprechen wird, ist bei der starken Kunst
bewegung, in die Deutschland eingetreten ist, mit Sicherheit anzunehmen. Allerdings
wird sich diese vor allem erst von dem kunstgewerblichen Gebiete aus, auf dem sie
sich bisher fast allein betätigte, auch auf die Nachbargebiete, vor allem auf die Haus
architektur erstrecken müssen, ehe sie wirklich durchgreifend und maßgebend wirken kann.
Heute ist man in Deutschland freilich noch weit davon entfernt, klar zu er
kennen, daß einem Gebilde wie einem Wohnhause doch vor allem ein geistiger Wert
innewohnt, daß das Wohnhaus ein Organismus ist, dessen Wesenheit in der Intelli
genz und der künstlerischen Empfindung liegt, die sein geistiger Schöpfer darin
niedergelegt hat. Gerade in diesem Mangel an Erkenntnis liegt der Grund für die
erschreckende Ausbreitung einer schlechtesten Villenarchitektur in unseren Vororten.
Leute, deren Bildungsgrad und gesellschaftlicher Stand ein solches Mißverständnis
ausschließen sollte, schrecken davor zurück, einen erfahrenen Künstler zu Rate zu
ziehen, weil ihnen ein Bauunternehmer sagt, daß sie bei ihm das Architektenhonorar
sparen. Die grobe Vorstellung, daß ein Haus lediglich ein Konglomerat von Mörtel,
Steinen, Holz und Dachziegeln sei, und daß geistige Arbeit damit nichts zu tun
habe, bringt die Tatsache mit sich, daß selbst unsere gebildeten Leute in schrecklich
angelegten und schrecklich geschmacklosen Häusern leben. Der Bauunternehmer operiert
geradezu mit dieser Dummheit unseres überklugen Publikums. Dieses spart die Intelli
genz und kauft die schlecht gefügten Steine. Daß in Wirklichkeit das Honorar dem
Bauherrn gar nicht zugute kommt, da der Bauunternehmer auf eine vom Bauherrn
gar nicht zu übersehende Weise auf seine Kosten zu kommen pflegt, erhöht den Humor,
den man in der Geschichte finden könnte. Überhaupt herrschen über die Stellung
des entwerfenden Baukünstlers beim hausbauenden Publikum die ungeklärtesten An
sichten. Man vergißt, daß er vor allem auch der Anwalt des Bauherrn in allen
geschäftlichen Dingen ist, daß er eine stete Aufsicht über die Materialien und die Güte
der Arbeit ausübt, die der Bauherr, der ja in seinem Leben meist nur ein einziges Mal in
die Lage kommt, zu bauen, nicht ausüben kann, daß also durch das Vorhandensein
eines Architekten der große Sicherheitsfaktor einer Prüfungsinstanz eingeführt ist, deren
Nützlichkeit bei einem so großen und wichtigen Gegenstände, wie es ein Hausbau ist,
doch für jeden auf der Hand liegen sollte. Allerdings ist das Verhältnis des Architekten
zu seinem Bauherrn ein schwieriges. Es ist geschäftlich nicht haarscharf zu fassen
und beruht zu einem großen Teile auf gegenseitigem Vertrauen. Das gegenseitige
Handinhandarbeiten ist überhaupt erste und unerläßlichste Bedingung, wenn ein gutes
Wohnhaus unter Beihilfe des Architekten Zustandekommen soll. Der Architekt hat die
Aufgabe, alle Sonderwünsche des Bauherrn zu studieren und ihnen im Entwurf so
weit als irgend möglich gerecht zu werden. Auf der andern Seite aber muß er auch