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diesem seitlich in einem besonderen Gebäude anzugruppieren. Sie nehmen dann in ihrer
Lage die Stellung ein, die das Wirtschaftspersonal zur Herrschafteinnimmt: sie stehen
ihm zur Seite. Architektonisch läßt sich die Baugruppe der Wirtschaftsräume dem
Haupthause aufs glücklichste angliedern, und wie schon erwähnt, kann sie leicht dazu
verwendet werden, die Bedeutung des Haupthauses zu steigern.
Die Wirtschaftsräume haben im Stadthause eine ganz un verhältnismäßige Beschrän
kung erfahren. Im Landhause kommt es darauf an, ihnen die Bedeutung wieder zu ver
schaffen, die sie im alten ländlichen Wohnhause naturgemäß hatten. Mit dem Drange in die
Stadt, der der Menschheit des 19. Jahrhunderts eigentümlich gewesen ist, ist notwendiger
weise eine Einschränkung der Wohnungsansprüche verbunden gewesen. Diese Beschrän
kung wurde aber hauptsächlich auf diejenigen Räume ausgedehnt, die nicht zum un
mittelbaren Gebrauch des Mieters gehören, denn bei den Versorgern mit Wohnungen
lag vorzugsweise das Bestreben vor, dem Mieter zu imponieren. Man schränkte daher
die Küche und alle Räume ein, die das Dienstpersonal betrafen. Wir erinnern uns noch
der unglaublich engen Mädchengelasse, mit denen erst in den letzten Jahrzehnten die
Baupolizei aufgeräumt hat. Und noch heute hat die an sich schon kleine städtische
Küche keinerlei Nebenräume und die Vorratskammer ist fast zu einem Schranke zu
sammengeschrumpft. Statt diesen Räumen die notwendige Fürsorge zuzuwenden, bietet
die Stadtwohnung in den Wohn- und Gesellschaftsräumen wahre Prunkgemächer, die
das notwendige Bedürfnis der meisten Mieter ebenso überschreiten, wie die Wirtschafts
räume dagegen Zurückbleiben. Nach beiden Richtungen hin ist das Landhaus als Eigenhaus
berufen, die Ansprüche wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Küchen und Nebenräume
müssen wachsen, und die bloßen prunkvollen Repräsentationsräume können eingeschränkt
werden. Die Küche muß geräumig und gut beleuchtet werden, und sie muß vor allen
Dingen so gelegen sein, daß sie einmal den Mittelpunkt aller Arbeitsräume der Dienstboten
bildet, dann aber auch eine möglichst bequeme und zuträgliche Verbindung nach den Wohn-
räumen hin hat. Hier ist jedoch hinzuzufügen, daß es nicht angebracht ist, die Küche direkt
and äs Eßzimmer anstoßen zu lassen oder gar ein Fenster anzulegen, durch das aus der Küche
in das Eßzimmer serviert werden kann. Die Übertragung der Küchengerüche und des Ge
räusches des Dienstpersonals und seiner Hantierungen in der Küche ist die natürliche üble
Folge solcher angeblichen Bequemlichkeiten. Richtiger ist es, die Küche durch mindestens
einen oder zwei dazwischengeschobene kleinere Räume vom Eßzimmer zu trennen. Als
solche Räume ergeben sich von selbst die Anrichte und etwa noch ein Aufwascheraum. Der
Weg von der Küche nach dem Eßzimmer wird dabei womöglich noch durch eine Richtungs
änderung zu brechen sein. Die fünf bis acht Meter Mehrweg für das Dienstpersonal kommen
nicht in Betracht den großen Vorteilen gegenüber, die sich für den Haushalt ergeben.
Die Küche selbst ist möglichst so zu legen, daß sie von zwei gegenüberliegenden
Seiten Fenster hat, um Durchzug herbeiführen zu können. Als Aufbewahrungsort für
Vorräte kommt im Landhause unmittelbar neben der Küche nur ein kleines Gelaß in
Frage, da die Kellerräume vollauf Gelegenheit zur Unterbringung größerer Vorräte
bieten. Die Speisekammer neben der Küche dient demnach nur zum Handgebrauch.
Im übrigen ergibt sich in der Anrichte die Möglichkeit, einen großen Teil der trockenen
Vorräte im Unterteil des Geschirrschrankes unterzubringen. Von großem Werte ist
innerhalb der Wirtschaftsgruppe ein gemütliches Leutezimmer. Der Zustand, daß alle
Dienstboten die Küche während der Tageszeit als ihre einzige Unterkunft betrachten,
ist ein unwürdiger und verbietet sich auch schon dann von selbst, wenn eine Reihe
von Dienstboten vorhanden ist. Der vielbeklagten Leutenot kann man am ersten dadurch
entgegenkommen, daß man das Los der Dienstboten nach Möglichkeit verbessert.