XLI
ÜBER DIE BAUKOSTEN DES LANDHAUSES
„Bauen ist eine Lust; was es kust’, das hab ich nicht gewußt.“
Mit diesen Worten scherzt der Volksmund über die heikelste Frage des Haus
baues, die der Baukosten. Im Publikum herrschen in der Regel über die Kosten eines
Hauses die ungeklärtesten Vorstellungen. Zunächst werden sie gewöhnlich stark unter
schätzt. Zu der Unterschätzung mag der Umstand beitragen, daß das Bauen in den
letzten zehn Jahren wie alle Lebensbedürfnisse in raschem Preisaufstiege begriffen war
und sich die Schätzung des auf diesem Gebiete nicht sehr bewanderten Laien noch au
frühere Zustände gründet. Auch ist zu bemerken, daß zu der allgemeinen Verteuerung
in neuerer Zeit noch die Kosten für den früher nicht bekannten, gesteigerten Komfort
und für bessere hygienische Einrichtungen gekommen sind. Vielfache Unklarheiten sin
vor allem aber insofern zu beobachten, als der Laie einen Unterschied zwischen einem
großen und einem kleinen Hause nicht zu machen versteht. Haus ist für ihn Haus.
Häufig bezieht er sich bei umfangreichsten persönlichen Wünschen auf irgend_ eini i m
bekanntes kleines Haus, von dem er bei seinen Kostenplänen ausgeht. Schließlich,
und darin liegt eine ganz allgemein verbreitete Unklarheit, wird, wenn von Baukosten
die Rede ist, fast nie festgestellt, ob die Kosten für das rohe Haus allein, d. h. ohne eine
bessere Raumausstattung und ohne die Herrichtung der Grundstucksumwehrung und
des Gartens als Baukosten bezeichnet werden, oder ob der Hausbesitzer vielleicht le
gesamten Ausgaben, die für seinen Wohnsitz aufgelaufen sind (häufig wird sogar der
Grund und Boden eingerechnet), als Baukosten angibt. Auf diese Weise ergeben sic
gewaltige Unterschiede; denn die Gesamtkosten können sich je nach Lage der Ver
hältnisse leicht auf das Doppelte und mehr der eigentlichen Baukosten belaufen.
In der Regel gibt der Bauherr, wenn er sich an einen Architekten wendet,
diesem seine Wünsche über die Größe und Anzahl der Räume gleichzeitig mit den in
Aussicht genommenen Baukosten als Richtschnur an. Die erste Frage, die dann diskutiert
werden muß, ist die, ob beim Entwurf vom Raumprogramm oder von den Baukosten
ausgegangen werden soll. Denn in den allermeisten Fällen schließen sich beide Wege
aus; für einen vorgeschriebenen Preis kann nur ein Haus von einer bestimmten Große
gebaut werden, ein Haus von einer gewünschten Ausdehnung kostet aber auf alle Fa e
ein bestimmtes Geld. Fast immer bringt der Bauherr aber ein umfangreiches Bauprogramm
mit und schreibt gleichzeitig eine gar nicht im Verhältnis stehende Limitierung er
Baukosten vor. Dem Architekten erwächst sofort die schwierige Aufgabe, den Bauherrn
darüber aufzuklären, daß es unter keinen Umständen möglich ist, ein großes Haus für
geringe Kosten zu bauen.
Daß die Baukosten stets im Verhältnis zur Größe des Hauses stehen, ist daher
der erste Satz, der festgehalten werden muß. An diesem Satze ändert es wenig, in
welchem Ort das Haus gebaut werden soll, es ändert selbst wenig, in welchem Material
(solange überhaupt die üblichen Baumaterialien gewählt werden) gebaut wird, und es
ändert vor allem gar nichts, ob ein sogenannter berühmter Architekt oder ein Bauunter
nehmer mit dem Bau betraut wird. Daß ein Haus von einer gewissen Größe unter
allen Umständen ein gewisses Geld kostet, hat seinen Grund darin, daß der Verbrauch an
Baumaterialien mit der Größe des Hauses ziemlich proportional wächst, und daß die Preise
der Baumaterialien, vor allem der Ziegelsteine, des Kalkes, des Sandes, des Zementes,
Muthesius, Landhaus
VI