MAK
XLIV 
Es ist eine tägliche Beobachtung, daß er die Kosten anfangs überall zu beschränken 
sucht, diesen Standpunkt aber im Laufe des Baues bald verläßt. Durch die Beschäf 
tigung mit seinem Bau gewinnt er Lust und Liebe zur Sache, er sieht Häuser an, be 
sucht Geschäfte, studiert Kataloge, lernt die neuesten Einrichtungen kennen und hat 
den Wunsch, alles Schöne und Gute auch in seinem Hause angewendet zu sehen. So gerät 
er häufig in eine Art Bauenthusiasmus, der ihn zu Erweiterungen seines Programms, 
zur Wahl besserer Materialien und besonders häufig zu einem besseren inneren Ausbau 
veranlaßt. Psychologisch spricht mit, daß er sich im Verlaufe eines halben Jahres an 
das Hantieren mit großen Summen gewöhnt und die Scheu überwunden hat, bedeu 
tende Geldbeträge auszugeben. Er tröstet sich damit, daß es sich hier um sogenannte 
„einmalige Ausgaben“ handelt. Seine eigne Entwicklung bringt ihn in eine Opferwillig 
keit, die zu seiner anfänglichen Sparsamkeit in schroffem Widerspruch steht. Und so 
trägt er selbst das Seine dazu bei, daß sein Bau bei der Abrechnung vielleicht doppelt 
so teuer wird, als er werden sollte. Die bekannten großen Überschreitungen sind da. 
Aus solchen Vorkommnissen ergeben sich dann allzuleicht Vorwürfe für den 
Architekten, dessen Aufgabe es doch an und für sich sicherlich nicht sein kann, den 
Bauherrn davon abzuhalten, seinen Bau besser auszustatten, als er anfänglich beabsichtigte. 
Immerhin wird er gut tun, dem Bauherrn im Verlaufe des Baues nicht nur die Kosten, 
die durch jeden einzelnen seiner hinzukommenden Wünsche auflaufen, mitzuteilen, son 
dern ihm auch von Zeit zu Zeit Übersichten der zu erwartenden Gesamtbaukosten vor 
zulegen, damit der Bauherr im vollen Bewußtsein der finanziellen Konsequenzen han 
delt und später nicht das Gefühl haben kann, als habe ihn sein Architekt zu Mehraus 
gaben veranlaßt. Die Baukostenfrage ist die denkbar diffizilste in dem Verhältnis des 
Architekten zum Bauherrn. Die Neigung, Verteuerungen dem Architekten zuzuschreiben, 
ist bei sehr vielen Bauherren vorhanden. Hört man doch häufig die Ansicht äußern, 
daß man mit einem Architekten teurer baue, als wenn man sich lediglich an das Bau 
geschäft wende, und viele begründen ihre Umgehung des Architekten mit diesem Argu 
ment. Eine solche Annahme beruht indessen sicherlich auf den oberflächlichsten Schlüssen. 
Gerade der erfahrene Architekt ist, wenn er seine Aufgabe richtig auffaßt, und voraus 
gesetzt, daß der Bauherr seine Wünsche genau definiert, der beste Anwalt des Bau 
herrn, auch in Bezug auf die Kosten des Baues. 
Damit soll die Tatsache nicht bestritten werden, daß Häuser, die von Archi 
tekten gebaut werden, häufig teuer werden. Das liegt aber meistens an dem Bauherrn 
selbst und nicht an der Tätigkeit des Architekten. Von vornherein liegt auf der Hand, daß 
die Ziegelsteine, der Mörtel, das Holz, das Eisen an einem Bau deshalb nicht mehr kosten, 
weil ihn ein Architekt entworfen hat. Bleibt das Honorar des Architekten. Es ist schon 
weiter vorn darauf hingewiesen, daß dieses auch dann dem Bauherrn nicht geschenkt 
wird, wenn ein Baugeschäft den Entwurf „gratis“ liefert, denn das Baugeschäft muß 
seine Unkosten für den Entwurf doch irgendwo verrechnen. Wenn es aber beim Ent 
wurf rascher und daher mit weniger Unkosten arbeitet, als der Architekt, so wird sich dies 
wohl in der Qualität des Entwurfes bemerkbar machen, ganz abgesehen von dem künst 
lerischen Niveau, aus dem der Entwurf im einen und im andern Falle entspringt. Der 
wahre Grund, weshalb Bauten, die mit Architekten entstehen, häufig teuer werden, 
liegt in der schon erwähnten Bauliebhaberei des Bauherrn, der vielleicht den Wunsch 
hat, alles vom Besten zu haben, sein Haus bis in den kleinsten Winkel durchgebildet, 
für jedes kleinste Bedürfnis gesorgt zu sehen. Gerade weil er dies wünschte, wandte 
er sich an den Architekten und begnügte sich nicht mit der mehr summarischen und 
ihrem Charakter nach mehr kaufmännischen Tätigkeit des Bauunternehmers. Daß auf
	        
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