14
kaiserlichen Galerie kann man an
einem der Linnentücher reichere
(Näh-)Zacken mit symmetrischen Vo
lutenformen erkennen; eine Weiter
bildung stellen dann etwa die Zacken
am Kragen und an den Manschetten
der „Marie Luise von Tassis“ von
van Dyck in der fürstlich Liechten-
steinschen Galerie zu Wien dar.
Später rückt die, auch sonst in
der Renaissancedekoration so be
liebte Vase als Mittelpunkt in ein
symmetrisches Gebilde von Voluten
oder auch schon von deutlicheren
Ranken und Blumenformen ein; in
den Spitzenvorlagen des Bart. Danieli
(Bologna, bei Agostino Parisini, ohne
Jahr) finden wir sie schon vielfach;
auf Bildern des Rubens, van Dyck,
Frans Hals oder Rembrandt (ver
gleiche die Abbildung 12), oder auf
Stichen des W. Hollar, aber auch bei
italienischen oder selbst spanischen
Meistern der ersten Hälfte des XVII.
Jahrhundertes erkennen wir diese
Formen nicht selten; 1 die Originale
waren anscheinend sowohl in Näh-
als in Klöppelarbeit ausgeführt.
Bemerkenswert ist bei dem Spät
renaissancetypus auch das nicht sel
ten hervortretende Streben, die inne
ren Durchbruchstreifen, die sonst
noch deutlich getrennt geblieben sind,
mit den äußeren Zacken zu einem
freien Gebilde zu verschmelzen. Aber
nicht auf diesem Wege wurde die
eigentliche Weiterentwicklung her
beigeführt, sondern durch die reichere
Ausgestaltung der kurzen, symmetrischen Voluten und Ranken (in den ursprünglichen Durchbruchstreifen der
Leinwand) zu immer kräftigeren und stärkeren Formen, wobei, wie gesagt, die eigentlichen freien Zäckchen
oder Bogenendigungen oft auf einer viel früheren Stufe der Entwicklung stehen blieben. Als Übergang zu den
späteren Arbeiten mag etwa das unter Nummer 6 wiedergegebene Stück angeführt sein, das bereits eine
durchlaufende Ranke zeigt; auch haben die Blumen hier zum Teile bereits kräftiges Relief, doch ist es ganz
anders ausgeführt als später. Bemerkt sei, daß sofort mit der Ausbildung der größeren Ranken auch Versuche
technischer Änderungen vor sich gehen: man bemüht sich nämlich vielfach, zur Vereinfachung der Arbeit die
durchlaufenden Linien aus eigens geflochtenen, geklöppelten oder gewebten Bändern herzustellen und bereitet
so schon die „Litzenspitzen“ oder die spätere „Point-lace-Spitze“ vor (man vergleiche die Abbildung 13).
III. DIE BAROCKSPITZE.
A. Die großzügige Barockspitze.
Die auf Tafel 17 abgebildete Spitze, eine Schenkung des Erzbischofs Paris Lodron an die Kirche von Villa
Lagarina, stellt sowohl in der Zeichnung als in den erhöhten Umrissen und den gemusterten Durchbrechungen
der Hauptformen einen Übergang zur eigentlichen Barockspitze dar. Da diese Spitze vor 1653, dem Todesjahre
des Schenkers, angefertigt sein muß, so ist hierein nicht unwichtiger Anhaltspunkt zur Beurteilung der historischen
Entwicklung geboten. Ganz ohne tieferen Grund werden Spitzen dieser Art vielfach als spanisch bezeichnet;
es liegt hier gegenüber den uns bekannteren, sogenannten venezianischen, Reliefspitzen, über die noch gesprochen
werden soll, kein Unterschied nationaler, sondern zeitlicher, Entwicklung vor.
1 Man vergleiche etwa die „Gesellschaftliche Unterhaltung“ von Don Antonio de Pereda in der Münchener Pinakothek.
Li ■!
n
! ms
. s-m:
*
Abb. 22. Nie. Largilliere, Jakob und Luise Stuart, Uffizien, Florenz. (Nach einer Photographie von
G. Brogi in Florenz)