Pflasterung oder die Eröffnung einer neuen Strasse
konnte ohne vorherige Berathung im Staatsrat he und
Genehmigung des Kaisers durchgeführt werden. Der
Zuzug der Fremden war gering, so dass diese auf den
Typus der Gesammtbevölkerung keinen Einfluss zu ge
winnen vermochten. So lebten in Wien noch im Jahre
1820 neben 233.900 Wienern nur 13.852 Fremde. 24 )
Keinerlei Concurrcnz erhöhte Eifer, noch Gewerb-
fleiss, in den Händen des Wiener Bürgerthums lag der
grösste Theil des Grund- und Hausbesitzes, der Detail
handel, die grösseren Gewerbe und die Capitalskraft.
Der Erwerb war nicht anstrengend, ohne grosse Capi-
talion ergiebig und durch hohe Zölle gegen ausländische
Fabrikate gesichert. Der Wiener Kaufmann konnte
auf reiche Kundschaft der Krämer und Landstädte
rechnen. Deutsche, englische, französische Waare
konnte nur auf dem Wege des Schmuggels Zugang
erlangen. Das Bildungs-Bedürfniss des Kaufmanns war
demnach gering und die einzige „Realschule“, welche
mit dem Polytechnikum vereinigt war, reichte selbst
noch für eine Bevölkerung von 400.000 Menschen (1845)
völlig aus. Die öffentlichen Prüfungen daselbst fanden so
wenig Thoilnahmc, dass Job. Engel (f 1868 als Diree-
tor der Schottenfelder Oborrealschulo) 1847 nur 4 Zu
hörer zählte. Ohne irgendwie den Anspruch zu er
heben, an dieser Stelle eine Geschichte der österreichi
schen Realschule bieten zu wollen, sei hier bemerkt,
dass die ganze Entwicklung des deutschen Realschul
wesens, wie sie sich in den 30er Jahren vollzog, an
dey Wiener „Realschule“ spurlos vorüberging. In
Deutschland hi essen nicht bloss — bis 1859 •— die
Realschulen „Höhere Bürgerschulen“, sie waren es auch
in eminentem Sinne und zugleich mit dem Bürgerthum
mit den handeltreibenden Städten verwachsen. Alles,
was Mager geschaffen, blieb in Wien unbeachtet,
ebenso die Altcnstcin'sehe Prüfungs-Ordnung von
2i ) Vgl. „Unsere Zeit." iieutsche Revue der Gegenwart.
Neue Folge. 9. Jalirg, G. Heft, Leipzig, Brockhaus 1873,