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Nene rangen Im
Handelsbetrieb
Umschwung in
der Österreich.
Handelspolitik.
Zeichnensehule, welche mit geringeren Voraussetzungen
allgemeiner Bildung leicht praktische Resultate liefern
konnte.
Hält man sich den Zustand der Verkehrsverhält-
nisse und des Handels vor Augen, so waren die Be
sorgnisse der Kaufmannswelt in der That sehr berech
tigt. Eisenbahnen und Telegraphen einzuführen konnte
sich die österreichische Regierung denn doch nicht ent-
schlagen. Mit jedem Fortschritte des Eisenbahnwesens
wuchs jedoch für den an Prohibitiv-Massregeln gewöhn
ten, durch sie allein sich geschützt glaubenden Kauf
mann, die Gefahr.
Schon durch die Eisenbahn-Verbindung Wiens mit
Brünn hatten einzelne Industriezweige den Einfluss des
leichteren, rascheren und billigen Verkehrs arg empfun
den. Mit dem Anschluss der nördlichen Linien an
deutsche Bahnen, in der directen Verbindung mit Triest,
war der Zollvereins-Industrie, den englischen und fran
zösischen Waaren der Weg geebnet, nicht nur als Con-
currenten auf dem Wiener Geschäftsplatze aufzutreten,
sondern auch in jene Hauptabsatzgebiete einzudringen,
wo bisher die Wiener Industrie allein den Handel be
herrschte. Durch den Zolltarif vom Jahre 1839 war
bereits die Zollschranke geschwächt, die politischen
Erwägungen, Rücksichten auf die eigenen Agricultur-
provinzen Hessen das Aufgeben der bisherigen Handels
politik unvermeidlich erscheinen. Metternich und
K ü b e c k strebten aus allen Kräften danach, Oester
reich mit dem Zollverein zu einigen, diese Zoll
einigung mittelst eines umfassenden Handelsvertrages
mindestens vorzubereiten. Die österreichische Handels
welt sah ihren Ruin vor Augen, ihre Vortheile politischen
Plänen geopfert und die Katastrophe wäre mit der durch
greifenden Beseitigung des Prohibitiv-Systems unaufhalt
sam hereingebrochen, wenn nicht in der Staatsconferenz
die Furcht vor Unghrn zu sehr überwogen hätte. 27 ) So
trieb Oesterreich in die Bewegung von 1848 hinein.
2T ) Vgl. „Zeitgenössische Q-eschichten- 1 von Prof. Dr. Adolf
Schmidt, Berlin. Duncker und Humblodt 1859. S. 534 u. ff-