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Die Handels
schulen in
Deutschland,
wurden ins Leben gerufen. Ueberall war das Bedürf
nis» nach tüchtigen, allgemein und fachlich gebildeten
Beamten hervorgetreten, welche den commerciellen Be-
tiicL hatten leiten sollen 5 allüberall zeigte sich der be
denklichste Mangel. Kaum dass die zahlreicher gewor
denen Bankhäuser kaufmännisch gebildete Individuen
fanden.
Ausser einer primitiven Handelsschule zu Laibach
den dahinsiechenden commerciellen Abtheilungen der
polytechnischen Schulen von Wien, Lemberg und Kra
kau und der Mercantil-Abtheilung der nautischen Aka
demie zu Triest gab es keine höhere Lehranstalt für
Ausbildung von Kaufleuten, Bank-Beamten etc.
Eine Regierung, die Alles bevormundete, keine
selbstständige Regung duldete, übereifrig war in Schul
organisationen, die Realschulen, die Gymnasien, die
Universitäten umgestaltete, zumeist nach dem Muster
deutscher Lehranstalten, liess die Handelsschule in
Händen von Privatleuten, Unternehmern, die in Cur-
son Schüler des verschiedensten Alters im „Buchführen
und Rechnen“ unterrichteten, oder besser gesagt da
für abrichteten.
Als ein Grund für diese Vernachlässigung des
kaufmännischen Unterrichtes in Oesterreich von Seite
dos Staates erscheint uns der Umstand, dass auch in
Deutschland die Regierungen den mercantilen Unter
richt .kaufmännischen Corporationen oder geradezu Pri
vatunternehmern überliessen. Der Germanisator Graf
Leo I hun ■— 1854 besass Böhmen nicht mehr ein
Gymnasium mit rein czechischer Unterrichtssprache —
hatte alle seine Reformen deutschen Mustern entnom
men: für die Handelsschulen gab es kein Muster staat
licher Schulen. Die deutschen Handelsschulen sind bis
zum heutigen Tage noch nicht zu einer festen, gleich-
massigen Organisation durchgedrungen 3I ). In Nttrn-
*') Ver £d- Kreyssig: lieber Realismus und Realschulwesen
m „Sammlung gemeinverständlicher, wissenschaftlicher Vorträge
herausgegeben von Rud. Virchow und Pr. v. Holtzendorff “
VI. Serie, Heft 141. Berlin 1872, S. 32 u. ff.