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Antrag stellte, eine „allgemeine kaufmännische Lehran
stalt“ zu gründen. 35 )
Es waren grosse Gesichtspunkte, von welchen der
Antragsteller ausgegangen war: Er begründete seine
Motion mit einer Darlegung der Bedeutung des Han
dels als eines der hervorragendsten Factorcn der \ olks-
wirthschaft, der „wie alle anderen Zweige der Wissen
schaft“ der höchsten Ausbildung fähig ist und einer
steten Fortschrittspflege bedarf, mächtige Einwirkung
auf den Reichthum und hiermit auf die Cultur des
Voltes nehme und mit wissenschaftlicher Bildung be
trieben als unentbehrlicher Vermittler der Industrie und
des gesammten Gewerbsfleisses wohlthätig auftrete. Der
Exporthandel hat zu seiner Voraussetzung gediegene
commercielle und linguistische Bildung der ihn Betrei
benden, die gründlicher Bildung, wie sie durch han
delsgeographische , geschichtliche und nationalökono-
mische Studien gewährt wird, nimmer entrathen können.
Unzureichend ist die Bildung, entwickelte Ohligs,
welche der Kaufmann aus der Volks- und Bürgerschule
für seinen Beruf mitbringt, weshalb denn auch in Deutsch
land kaufmännische Lehranstalten entstanden. V ährend
für das Gewerbe durch die technischen Fachschulen,
Realschulen und Gewerbeschulen 56 ) hinlänglich gesorgt
sei, werde der Handel im Schulwesen gänzlich ver
nachlässigt und doch sei das Darniederliegen der Han
delsgeschäfte mit dem Auslande trotz der gerühmten
Siege auf den letzten Ausstellungen lediglich der man
gelhaften kaufmännischen Bildung zuzuschreiben, wes
halb der Handel fast nur auf das Binnengeschäft be
schränkt blieb. Den Consulats-Aemtern fehle es an
s5) Vgl, die Gründung einer allgemeinen kaufmännischen
Lehranstalt in Wien. Ein Antrag an die Niederösterreichische
Handels- und Gewerbekammer von B. W. Ohligs. Wien 1856
Manz’sche Buchhandlung.
36 ) lieber die Wiener Gewerbeschulen und ihre geschäft
liche Entwickelung handelt ein Programm-Aufsatz vom Director
Dr. Valentin T ei rieh im 13. Jahresberichte der Wiedner
Kommunal-Oberealschule. Wien 1868.