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auffallend von allen übrigen europäischen Emailarbeiten unterscheiden, —
Gefässe, deren Spur ich jetzt allerdings glaube nach Ostasien verfolgen
zu können. Ebenso räthselhaft waren bis vor nicht langer Zeit jene
Faiencegefässe, welche man früher nach dem Könige Heinrich II. von
Frankreich oder nach Diana von Poitiers, neuestens nach dem Schloss
Oiron getauft hat.
Die Aufmerksamkeit des grösseren Publicums wurde auf diese Thon-
gefässe erst 1862 gelenkt, als auf der Ausstellung jenes Jahres in London
23 von den damals bekannten 54 Gefässen dieser Gattung vereinigt waren.
Aus dem Umstande, dass schon eine förmliche Statistik der Henri-deux-
Waare bestand, ging allerdings hervor, dass man in den Kreisen der
Sammler sich bereits angelegentlich mit diesen Objecten befasst haben
müsse. Gar so lange war jedoch auch das nicht her. Die Schicksale
einer schönen niedrigen Schale mit breitem Ständer, welche dieses Genre
im Hötel Cluny vertritt, sind dafür bezeichnend. Dieses Stück kam mit
anderen Besitzthümern eines Klosters in dem jetzigen Departement der
Sarthe 1793 zur Versteigerung und erzielte einen Franc; einige Jahrzehnte
später zahlte man 60 Frcs. dafür, und aus desselben Besitzers Händen ging
es in den Fünfziger Jahren an das Musee Cluny für 800 Frcs. über. Un
geachtet des anständigen bürgerlichen Gewinns von 1333 Procent hatte
der Mann doch ein schlechtes Geschäft gemacht, denn bald darauf würde
man ihm in London bereitwillig das Zehnfache gegeben haben. Die Fa
milien Rothschild in London und Paris, welche einen grossen Theil der
Henri - deux - Gefässe besitzen, haben einzelne Exemplare mit 12, 16,
20.000 Frcs. bezahlt; 1862 wurde einem anderen Amateur in England
für eine jener Wasserkannen, die zum Uebergiessen der Hände benutzt
wurden, und die man Aiguieren oder Ewer nennt, vergeblich 25.ooo Frcs.
geboten, und in der Versteigerung der Pourtales’schen Sammlung kam ein
Biberon (Saugflasche) auf 27.000 Frcs. Und obwol verschiedene Schrift
steller sich gegen solche kolossale Ueberschätzung ernstlich ereifert haben,
ist doch ein Sinken der Preise kaum zu erwarten.
Und was ist es denn, was diese Gefässe so gesucht macht?
Nennen wir zunächst ihre Seltenheit. Seitdem sie so hoch geschätzt
werden, ist selbstverständlich in Frankreich und zumal in den Departe
ments, in welchen sie zum Vorschein gekommen sind, jeder Winkel nach
weiteren Exemplaren durchstöbert worden. Ihre Zahl ist auch seitdem
auf 72 gestiegen und möglicherweise wird noch eines oder das andere
Stück an’s Licht gebracht werden. Häufig aber können sie niemals werden,
da sie, wie wir später sehen werden, nicht Erzeugnisse einer gewerbs
mässigen Fabrication sind. Von den jetzt bekannten werden die aller
meisten schwerlich je wieder in den Handel kommen, da 7 im Louvre-
Museum, 1 im Hötel Cluny, 2 im Museum der Porcellanfabrik zu Sevres,
5 im Kensington-Museum, mehr als 20 in den Händen verschiedener Mit
glieder der Familie Rothschild, andere bei den reichsten Kunstfreunden