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Haus aus wohl schwerlich Hafner gewesen sein möge. Und da an einigen
Stücken auch Eidechsen und ähnliches Gethier in plastischer Abformung
angebracht sind, ähnlich wie am Palissygeschirr, da hier und da auch
Schmelzfarben Vorkommen, welche an Palissy’s Palette mahnen, so dachten
Manche daran, diesem Künstler auch das Henri II. zuzuschreiben. Aber
abgesehen von der gründlichen Verschiedenheit in den Formen und der
Decoration beider Gefässgattungen konnte diese Version schon deshalb
wenig Glauben finden, weil in Palissy’s Schriften auch nicht die leiseste
Andeutung vorkommt, welche auf jenes andere Genre bezogen werden
könnte.
Die eigenthümlichen Arabesken, welche an den meisten Exemplaren
als Flächenverzierung erscheinen, Hessen früher auf die Hand eines Gold
schmiedes rathen und natürlich schwebte, wie stets, wenn von Gold
schmiedearbeit aus der Zeit der Renaissance die Rede ist, der Name Ben-
venuto Cellini auf den Lippen. Gegen die Autorschaft des Meisters selbst
war freilich einzuwenden, dass er in seiner Redseligkeit und Ruhmredig
keit sicherlich nicht verabsäumt haben würde, von solcher Thätigkeit
Kunde zu hinterlassen. So liess man denn einige seiner Schüler zu dem
Zweck in der Keramik dilettiren, ohne dass hiefür ein Beweis beizubringen
wäre. Andere dachten an ein Mitglied der Familie della Robbia, Girolamo,
welcher für des Königs Franz I. Lustschloss Madrid im Boulogner Walde
gearbeitet hat. Zu dieser Hypothese kam Henri Delange, welcher 1861 die
meisten bekannten Stücke in Farbendruckcopien publicirte; nur gesellte
er nach dem Vorgänge Emile Vattiers 3 ), eines Künstlers, welcher für
Sevres gearbeitet hatte, dem Thonplastiker della Robbia den berühmten
Schriftschneider, Buchdrucker und Maler Geoffroy Tory zu, denn Vattier —
und darin bewies er einen schärferen Blick, wurde durch die erwähnten
Arabesken mehr an Buchdruck- und Buchbinder- als an Goldschmiedever
zierungen erinnert. Die Uebereinstimmung mit den aus Bandverschlin
gungen und Ranken combinirten Verzierungen der gleichzeitigen, soge
nannten Grolier’schen Einbände ist allerdings frappant. Noch andere und
zwar sehr bedeutende französische Kunstforscher, wie Labarte, Leon de
Laborde, ferner Alexandre Brongniart wollten wegen des Kunstcharakters
der Gefässe nichts von fremden Händen wissen. Doch die Fragen wer
und wo blieben noch immer ungelöst, bis ein Zufall der merkwürdigsten
Art den Vendeer Benjamin Fillon auf die wahrscheinlich richtige Spur
führte. Ein Freund zeigte ihm eine Miniaturmalerei, auf welcher ein Mann
aus einem flaschenförmigen Thongefässe, einer sogenannten Gourde, trinkt.
In dieser Gourde glaubte Fillon ein Henri-deux-Gefäss zu erkennen, und
da auf demselben Blatte das Wappen einer altfranzösischen Familie, Gouf-
fier, angebracht war, die Gouffier’s aber in jenen Provinzen Frankreichs
ansässig gewesen waren, in welchen Henri-deux zumeist aufgefunden
worden ist, gerieth er auf die Vermuthung, dass die genannte Familie in
Beziehung zu der geheimnissvollen Fabrication stehen könne. Sieht man