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Spitzen und Weißstickereien gebracht, welche an die reizenden Bordüren
erinnerten, mit welchen Bahia auf der Wiener Weltausstellung glänzte.
Eine Reihe von Klosterschulen mit schönen Nutz- und hässlichen
Luxusarbeiten, auch die ersteren in Form [und Zuschnitt ganz verfehlt,
wies nichts Hervorragendes auf. Eine Schule sah der andern gleich; die
Vorzüge und die Fehler waren bei allen dieselben.
Bei dem wenigen Material, das mir dieser Theil der Ausstellung
bot, hatte ich umsomehr Müsse, mich in der Abtheilung der Vereinigten
Staaten umzusehen, in der interessanten Sammlung von Berichten und
Druckschriften aller Art, und mir Erkundigungen und Informationen ein
zuholen über die Unterrichtsverhältnisse in dem Lande, insoferne dieselben
auf die Frauenschulen Bezug haben, über die Bedürfnisse die dort zur
Geltung kommen und über die Art, wie diesen Bedürfnissen Rechnung
getragen wird.
Dass ich über gewerbliche und Industrieschulen für Mädchen nichts
in den Berichten finden werde, wurde mir zwar gleich Eingangs seitens
der Vertretung Amerika’s bedeutet: »In unserem Lande sind die Frauen,
die für sich selbst sorgen und erwerben müssen, glücklicher Weise noch
in zu geringer Zahl, als dass wir eigene Schulen für sie zu errichten
brauchten«, hiess es.
Seitdem habe ich aus New-York briefliche Mittheilungen bekommen,
dass einige Damen eine Gesellschaft nach dem Vorbilde des Wiener
Frauen-Erwerbvereines in das Leben zu rufen gedenken und Fachschulen
nach seinem Muster einrichten wollen, was ich hier nur nebenbei be
merken will.
Was ich zunächst mit meinen Erkundigungen erreichen wollte, war,
einen wenn auch nur sehr allgemeinen Ueberblick über die vorzüglichsten,
in den Vereinigten Staaten bestehenden Schulen, über ihre Geschichte,
ihre Einrichtungen und ihre Lehrziele, die ja den eigentlichen Charakter
einer Schule und ihre Bedeutung für die Mitwelt ausmachen.
Das Resultat meiner bezüglichen Studien will ich hier in gedräng
tester Kürze zusammenfassen.
Schreib- und Leseschulen,
Bis weit in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinein, war
es mit dem Unterrichte der Mädchen in Amerika übel bestellt. In Boston
bestanden Schreibschulen, zu welchen im Jahre 1784 auch Mädchen inso
ferne zugelassen wurden, als sie in den Stunden zwischen dem Vor- und
Nachmittagsunterrichte der Knaben, von dem Lehrer im Schreiben unter
wiesen wurden. Im Jahre 1789 wurde »die grosse Reform« vorgenommen,
welche darin bestand, dass die Mädchen zu drei Leseschulen der Stadt
zugelassen wurden, in welchen sie, vom Monate April bis October Vor
mittag lesen und Nachmittag schreiben lernten, während die Knaben an
denselben Schulen den Unterricht in umgekehrter Ordnung erhielten.