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Paul Roller.
ALFRED FENZL. ENTWURF FÜR EINEN FRIEDENSCONGRESSPALAST
AUF LACROMA. SPECIALAUFGABE. III. JAHRGANG.
Das Endziel alles menschlichen Strebens auf socialem Gebiete: dem Einzelnen Wohlfahrt und
freie individuelle Entwicklung zu gewährleisten, kann nur dann als erreichbar vorgestellt werden,
wenn alle Völker und Nationen, die an der modernen Cultur und Civilisation schöpferisch betheiligt
sind, als einig und zu gemeinsamer Thätigkeit verbunden vorausgesetzt werden. Diese hohe Vor-'
Stellung in künstlerischer Weise zu plastischem Ausdruck zu bringen, war der leitende Gedanke bei
der Verfassung des vorliegenden Projectes.
Es stellt somit einen Friedenscongresspalast vor, der den Vertretern sämmtlicher Culturvölker
der Gegenwart als Versammlungsort zu dem erhabenen Zwecke dienen soll, in strittigen Fällen
socialer oder politischer Natur schiedsrichterliche Urtheile zu fällen, zur Abwehr der gewaltsamen
Entscheidung durch die ernste Fehde, insbesondere aber des menschenmordenden Krieges.
Der Palast erhebt sich auf internationalem Gebiete, auf einer Insel im ewigen Meere.
Lage und Klima Hessen für den Zweck die Insel Lacroma hervorragend geeignet erscheinen. Ihr
Hafen besitzt die genügende Meerestiefe, und ihre Entfernung vom Festlande — relativ 650 m. —
gestattet die Annäherung der grössten Schiffe. Sie erscheint im Projecte mit dem Festland durch eine
Riesenbrücke verbunden, über welche eine Ragusa mit dem Palaste verbindende elektrische Bahn
geführt ist. An der Küste des Festlandes schon bereitet ein grosser, mit Colonnaden, Triumphbogen
und Monumenten geschmückter Platz die Wirkung der gigantischen Anlage vor. Nach dem Passieren
der Brücke fesseln den Besucher zunächst zwei kolossale Leuchtthürme, Sie sind durch einen Triumph'
bogen verbunden, der eine plastische Gruppe, den grossen allgemeinen Frieden, das Ergebnis höchster
menschlicher Selbstüberwindung und sittlicher Erhabenheit darstellend, trägt. Das ganze, gegen den
Palast zu ansteigende Terrain aber ist in stufenförmige Etagen aufgelöst und gleichsam in einen
architektonischen Park verwandelt, der den Eindruck der Erhabenheit und Würde zu verbreiten be'
stimmt ist.
Für die Palastanlage selbst ist auf der höchsten Stelle der Insel ein Plateau geschaffen, dessen
Durchmesser 250 m. beträgt, und das mit dem Brückenköpfe, der gleichzeitig die Landungsstelle ist,
durch eine eilinienförmige Zufahrtsstrasse verbunden erscheint. Die in der Hauptachse gelegene grosse
Zugangsstrasse endigt am Plateau mit einer mächtigen, Monumente tragenden Freitreppe. Das
Centrum des Palastes bildet der grosse Berathungs' und Festsaal; an ihn schliessen sich beiderseits
Seitentracte an, die die Sectionsräume für die vertretenen Haupt' und Nebenmächte umfassen. Sie
enthalten auch die Diensträume und je drei Nebenbuffets, welche mit dem durch das Hauptvestibule
zugänglich angeordneten Hauptbuffet in entsprechende Communication gebracht sind. Diese beiden
Flügel enden in je einen kleinen Quertract, der je einen Sitzungssaal, ferner Bibliotheks' und sonstige
Räumlichkeiten enthält.
Zu beiden Seiten der Palastanlage erstrecken sich längs des Plateaurandes, je einen Viertel'
kreis desselben umfassend, zwei Wandelcolonnaden, die mit den Statuen solcher Persönlichkeiten
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