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Volltext: Gebrüder Thonet - Begründer der Bugholz-Möbel-Industrie, bestehend seit 1853

Gebrüder Thonet, 
==J> 
P.T. 
Wohl selten gib! es eine industrie, die aus den 
bescheidensten Anfängen sich in so kurzer Zeit zu 
solchem Umfange und Ansehen entwickelt hat, wie die Bugholz* 
möbel*3ndusfrie. 
Es sei uns daher die Ausführung folgender statistischen 
Daten gestattet : 
Anfangs des Wahres 1830 machte ITlichael Thonet sen., 
der seit 1819 in Boppard am Rhein seinen selbständigen Ge* 
schäffsbefrieb als Bau* und ITlöbeltisdiier begann, die ersten 
Versuche, Ulöbelbestandteile aus Fournieren zu biegen. Aus der 
Periode 1836-40 stammen Stühle laut Figur 1 und 2. 
Die erreichten Erfolge zu neuem Schaffen benußend, ent* 
stand 1850 als erster Konsumsessel jene Type (Figur 3), welche 
noch heute als Sessel Pr. 4 erzeugt wird. Bekanntlich war es 
das Wiener Cafe Daum, das am allerersten mit gebogenen möbeln 
(Sesseln ür. 4) eingerichtet wurde. 
Figur i. 
Figur 3. 
Figur 2. 
1851 wur d en in der liondoner Weltausstellung ITlöbel aus* 
gestellt laut Figuren 4, 5 und 6. 
Figur 4. 
Figur 3. 
Figur 6. 
1853 ( nm *• november) gründete Michael Thonet sen. 
mit seinen Söhnen die Firma Gebrüder Thonet und lief; sie 
handelsgerichtlich protokollieren. 
1856 ( am 10 - 3uli) wur de der Firma Gebrüder Thonet ein 
Privilegium erteilt : ^ Auf die Anfertigung non Sesseln und Tisch= 
füßen aus gebogenem Holze, dessen Biegung durch Einwirkung 
von Wasserdämpfen oder siedenden Flüssigkeiten geschient.)- - 
Dieses blieb bis zum 10. Dezember 1869 in 
Kraft. 
185Q wurde in unserer Fabrik Koritschan 
jene Type geschaffen, welche als Sessel ür. 14 
(Figur 7) der Hauptkonsumartikel dieser Sn* 
dustrie geworden ist. Die bisherige Gesamt* 
Produktion von Sesseln ür. 14 in sämtlichen 
bestehenden in* und ausländischen Fabriken 
von möbeln aus gebogenem Holze dürfte bis 
Ende 1903 mit etwa 45 Ulillionen nicht zu hoch 
gegriffen sein. Figur i. 
1860 entstand in unserer Fabrik Koritschan der erste 
Schaukelfauteuil aus gebogenem Holze, eine Type, welche noch 
heute als Ilr. 1 erzeugt wird (Figur 8). 
1869, d. i. nach Ablauf unseres Patentes, entstand die 
erste Konkurrenzfabrik. Es ist naturgemäß daß diese 
und die seither entstandenen zahlreichen Kon* 
kurrenzfabriken fast alle von uns geschaffenen 
Typen in ihre Fabrikation aufnahmen ; aber auch 
nach erfolgter Gründung und Snbetriebseßung der 
Konkurrenzfabriken blieben wir die Schöpfer jener 
Hauptkonsumtypen dieser 
Industrie, welche noch heute 
den Weltmarkt beherrschen. 
So entstand beispielsweise 
1876 die Sesseltype 
laut Katalog llr. 18 
(Figur 9) ; 
1885 d' e Sesselfype 
laut Katalog llr. 56 
(Figur 10), uon welcher seit* 
her sowohl von uns, als 
auch von allen Konkurrenzfirmen unzählige Sesselnummern ab* 
geleitet wurden ; 
1888 die erste Type uon Theaterklappfauteuils aus ge* 
bogenem Holze für das Deutsche Volkstheater in Wien (Figur 11), 
welche seither für die moderne Theatermöbiierung bahnbrechend 
und mustergültig wurde ; 
Figur 8. 
Figur 4. 
Figur 10. 
1891 unser Garfensessel llr. 4 (Fig. 12) mit seiner 
originellen Knotenkonstruktion, der zufolge seiner anerkannten 
technischen Vollkommenheit seither einen Absaß non vielen 
Hunderttausenden erreichte ; 
1898 die beliebte Sesseltype laut Katalog llr. 221 (Figur 13), 
welche seither unzählige Varianten gefunden hat. 
Es ist der Erfindung 
michael Thonet sen’. zu 
danken und dem exakten 
Wege, den er zu deren Aus* 
nüßung vorzeichnete, dafj 
heute, soweit sich übersehen 
läßt, 52 Firmen in mehr als 
60 Fabriken die Erzeugung 
von möbeln aus gebogenem 
Holze betreiben ; daß diese 
Industrie in Österreich* 
Ungarn allein die regelmäßige 
forstwirtschaftliche Ausnußung eines Gebietes von 250.000 Hek* 
taren Buchenwaldungen für [Uaferiallieferung erheischt, daß aus 
Österreich*Ungarn im 3ahre 1903 172.727 ületerzenfner von 
möbeln aus gebogenem Holze in alle Weltteile exportiert 
wurden ; daß mehr als 25.000 menschen neue und lohnende 
Beschäftigung fanden. Der üame michael Thonet sen. gehört 
somit mit Recht der Geschichte der Arbeit an, und es ist keine 
Selbstüberhebung, wenn wir dies an dieser Stelle konstatieren. 
Wien, September 1905. SebrÜdeF TflOIiet 
Figur 12. 
Figur 13.
	        
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