Stube« mit feft eingebauter Sitjgelegenbeit. Im Obergefcboß
befinden ficb zwei Scblafräume, auf dem Treppenpodeft der
Abort. Die Kellerräume find gut beleuchtet und geräumig, fo
daß fie zum Teil als Werkftätte benutjt werden können. □
Befonderer Wert wurde auf die Anordnung und zweckent»
fprecbende Ausbildung der zum großen Teil fefteingebauten
Möbel gelegt, und zwar in möglicbfter Ausnutjung der Dach»
fchrägen, Nifcben und Stellwände. □
Die Fundamente find aus Brucbfteinen, die aufgebenden Um»
faffungsmauern in Backfteinen, die inneren Trennungswände in
Fachwerk, die Decken mittelft Holzbalken mit Stackung und die
Dachdeckung als Doppelziegeldach ausgeführt. □
Von den äußeren Anfichtsflächen des Gebäudes find der Sockel
und die Treppenhausvorbauten mit Ringofenfteinen verblendet,
der übrige Teil des Erdgefchoffes verput}t und die oberen Giebel«
flächen gefcbindelt. Die Fenfter find in Holzrabmen ganz an
die Außenfläche der Mauer gerückt. Durch die Verwendung
der Materialien in ihrer ureigenften Form in Verbindung mit
den durch Put), Scbindelung und Ziegeldeckung erreichten Farben»
gegenfätjen wurde verfucht, ein möglicbft freundliches Bild dem
Befchauer zu geben. □
5. EINFAMILIENHAUS
Bauherr: Fabrikant C. W. Cloos, Nidda. Architekt: Profeffor
Walbe, Darmftadt, derzeit Rektor der tecbnifcben Hocbfcbule.
Bei dem Entwurf des Kaufes find oberbeffifche Motive berück«
ficbtigt worden, weil ein für Oberbeffen paffender Typ gefchaffen
werden follte. Doch ift dabei den Anfprüchen des Arbeiters der
Jetztzeit, ebenfo wie der veränderten Technik Rechnung getragen.
Der Erbauer ift von dem Gedanken ausgegangen, daß für ein
Haus, zu diefem Zwecke und für diefe Gegend beftimmt, das
kleine Bauernhaus eben diefer Gegend das befte Vorbild bieten
muß. Die Einteilung lehnt ficb daher an die bewährte ortsübliche
Bauweife an: Hausflur und Küche in unmittelbarer Verbindung
mit Vorplat) und Hof faft zu ebener Erde, Wohnräume (unter«
kellert) etwas höher gelegen. Weder im Innern noch im Äußern
ift eine Kunftform angebracht, die nicht der ortsanfäffige Hand»
werket nach eigener Erfindung oder auf Grund der örtlichen
Überlieferung ohne weiteres felbft ausfübren könnte. Der Reiz
im Äußeren beruht in der deutlichen, fachgemäßen Unterfcbeidung
zwifchen dem maffiven Etdgefcboß und dem aus Facbwetk mit
Ziegelverkleidung erbauten Dachgefchoß, deffen Balkenlage, nach
zwei Seiten weit überftebend, die Wände gegen Schlagregen
fcbütjt. Durch diefen Dachüberftand wird für die Räume im
Dachgefchoß eine größere Grundfläche gewonnen. □
6. EINFAMILIENHAUS
Bauherr: Fabrikant Wilhelm Opel, Rüffelsbeim. Architekt:
Profeffor M. Olbrich, Darmftadt. □
An Räumen find in dem Haufe untergebracht: ein Vorplat) mit
Pergola, ein Vorraum mit Stiegenbaus, eine Küche fowie ein
großer Wobnraum. Das Dachgefchoß enthält zwei Schlafräume,
Bad und Klofett. Das Haus ift unterkellert □
Die Baukoften des Kaufes betragen an Ort und Stelle (in Rüffels»
beim) böcbftens 4000 M., die Koftenberechnung für den Hausbau
und für die Möbel liegen in dem Haufe auf. □
Das Haus ift durchwegs in Brucbfteinen und Ziegeln errichtet
von der Firma J. Wagner Nacht (Inh. Dipl.»Ingenieur Georg
Hinkel, Darmftadt). Das Dach ift mit Biberfcbwanzziegeln ge»
deckt, die äußeren Flächen find verput)t. Der Ofen und Küchen»
herd geliefert von der Firma Karl Thomann, Oflrenbach a. M.
Die Möbel wurden von der Firma Gebr. Scböndorff, Düffeldorf,
ausgefübrt. Die gärtnerifchen Arbeiten rühren von der Groß»
gärtnerei Henkel her. □
BUCHflNZEIGE
FERDINAND GEORG WALDMÜLLER von ARTHUR ROESSLER (55 Seiten
Text und 136 ganzfeitige Illuftrationen). Verlag von Carl Graefer & Co.,
Wien. Preis M. 5.— = K 6. — .
Wer nicht Speziatkenner der öfterreicbifcben Kunftgefcbicbte des 19. Jahr»
bunderts ift, dem war bis vor kurzer Zeit der Name Waldmüller, des
großen Altwiener Meifters Name, fo gut wie unbekannt geblieben. Erft
gelegentlich der Mufterung ererbten Kunftbefit)es, die in unferen Tagen
vollzogen wurde und die zur allgemeinen größten Überrafchung einen
ungeahnten Reichtum an hochbedeutenden Kunftwerken ergab, gefcbab
es, daß ficb aus dem Dunkel halber Verfcbollenbeit die ragende Geftalt
eines ganz großen Künftlers wuchtig erhob — jene Ferdinand Georg
Waldmüllers. In verfchiedenen Wiener Sonderausftellungen wurde nach
und nach ein Teil feines immenfen Lebenswerkes gezeigt. In Deutfcb«
land fab das große Publikum Bilder von ihm wohl zum erften Male
bei Gelegenheit der Jabrbundert=Ausftellung in der Nationalgalerie zu
Berlin, die es offenbarte, daß diefer Meifter zum mindeften den Anfpruch
erbeben darf, als ein bahnbrechender Vorläufer der neuen Kunft in
Öfterreich genannt zu werden. Um einem halbvergeffenen großen
Künftler den ihm gebührenden Ebrenplat) wieder zu erobern, gibt es
aber nur ein Mittel: man muß feine Werke zeigen, d. h. man muß, um
fie in weiteften Kreifen zu popularifieren, jene Möglichkeiten benütjen,
welche die heutige Vervollkommnung der Reproduktionsverfabren bieten
und in künftlerifch wirkungsvollen, tecbnifcb einwandfreien Illuftrations«
werken die wahrhaft wertvollen Bilder auch zum Eigentum des häus»
liehen Heims machen. Diefe Erwägung bat die Verlagshandlung von
Carl Graefer & Co. in Wien dazu bewogen, in Verbindung mit dem als
bewährten Kenner alter und moderner Kunft bekannten Kunftfchrift«
fteller Arthur Roeßler eine volkstümliche Monographie über Waldmüller
und fein Werk berauszugeben. Bei der Anlage der Publikation wurde
von dem Gefichtspunkte ausgegangen, daß der angeftrebte Zweck nur
dann erreicht wird, wenn die Wiedergabe der Gemälde in tecbnifcb
tadellofer Weife erfolgt; aus diefem Grunde wurden mit der Herftellung
der Bildertafeln erfte öfterreichifche Reproduktionsanstalten betraut.
Der trotzdem niedere Preis von 6 K pro Exemplar, wurde durch eine
Subventionierung der Monographie feitens des K. K. Minifteriums für
Kultus und Unterricht ermöglicht. □
Der Illuftrationsteil des Buches, der 136 ganzfeitige, auf mattem Kunft»
druckpapier gedruckte Reproduktionen umfaßt, wurde in die drei Haupt»
gruppen des Porträts, der Landfcbaft und des Genrebildes gegliedert.
Jede diefer Abteilungen ift für ficb cbronologifcb angeordnet und bietet
folcberart einen in Verbindung mit den anderen inftruktiven Überblick
über die verfchiedenen Pbafen der allmählichen künftlerifchen Entwick»
lung des Meifters. Es ift ein reiches Anfchauungsmaterial, das ficb dem
Befchauer darbietet. Landfcbaften aus dem Hochgebirge, wie aus Italien
und der Umgebung Wiens, in allen Licbtftimmungen des Tages, erfebeinen
wie in abgeklärter Vollendung; lebensvolle Genrebilder bringen innig
empfundene Szenen aus dem Familienleben zum Ausdruck; und in einem
Porträtwerk, das feinesgleichen in der Kunftgefcbicbte wohl kaum bat,
ziehen die vielerlei Typen von Männern und Frauen, Gelehrten, Poli»
tikern, Handwerkern und ebrfamen Bürgern an unferem Auge vorüber.
Menfcben in ihrem innerften Wefenskern zu erfaffen und ihnen irgend
einen geheimen Zug beizugeben, an dem die Seele und das Leben des
Dargeftellten offenbar wird, das bat Meifter Waldmüller ganz wunder«
bar, trot) aller Schlichtheit und Befcheidenbeit gekonnt. Der Kenner
von Alt=Wien wird außer diefen allgemein gültigen, gewiß auch noch
andere überaus intereffante Seiten zu entdecken wiffen, denn es liegt
ein Stück allgemeiner Kulturgefcbicbte in diefen meifterlichen Kunft
werken verborgen. □
Was nun den Text betrifft, der den Bildern vorgefetjt ift, fo muß der
geiftvollen Einführung in das feffelnde und reiche Leben, Denken und
Schaffen Waldmüllers und der Cbarakterifierung des Werkes volles Lob
gefprochen werden. Unter Verwertung eines reichen autobiograpbifeben
Materiales — es gelangt unter anderem ein Schreiben Waldmüllers an
den Kanzler Fürften Metternich zur erftmaligen Veröffentlichung — hat
Roeßler nicht nur einen formvollendeten glänzenden Beitrag zur Gefcbichte
der öfterreicbifcben Kunft geliefert, fondern dem großen und fympathi«
feben Maler felbft ein würdiges und volkstümliches Denkmal errichtet.
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