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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift für Architektur, angewandte Kunst und alle modernen Kulturaufgaben, 4. Jahrgang 1908

GARTENKUNST 
ie Gartenarchitekten BERZ & SCHWEDE in Stuttgart 
verfenden ihren Katalog, der dem Streben und Können 
diefer Gartenkünftler ein gutes Zeugnis ausftellt. Wir 
entnehmen dem hübfchen Heft die obigen Illuftrationen und die 
nachfolgenden einleitenden Worte, die beweifen, daß fich diefe 
Firma in den geiftigen Befit} der allgemeinen Grundlage der 
Gartenkunft gefegt hat, wobei allerdings hervorzubeben ift, daß 
ihre Entwürfe nicht bloß papierene Kunft find, fondern in der 
Ausführung halten müffen, was fie in der artigen Zeichnung 
verfprechen, was durch Photographien angelegter Gärten beftätigt 
erfcheint. Im allgemeinen fteben diefe Architekten auf dem Stand 
punkt, daß die organifche Einheit des Gartens mit dem Charakter 
des Haufes die Richtlinie für das Walten des Künftlers fein muß, der 
den Naturelementen die fchöne, gefällige, feine Form zu geben 
bat. Bäume, Sträucber, Stauden, Blumen, Gräfer, Farben, Waffer 
und Erde find die Materialien für die Pläne des Gartenkünftlers; 
aber auch nur ein gewandter und begabter Gartenkünftler wird 
das Material der hoben Aufgabe entfprecbend zu meiftern wiffen. 
Seit dem Erfolg der Mannheimer Gartenbau»Ausftellung ift 
darüber kein Zweifel mehr und Gartenbaudirektor Aug. Siebert, 
Frankfurt, einer der hervorragendften Fachmänner, hat das an 
Hand des Mannheimer Ergebniffes in der Zeitfcbrift »Kunft und 
Dekoration« mit befonderem Nachdruck feftgeftellt. Der Garten» 
befitjer, fagt er, der in der Tat ein Kunftfreund ift und der Ge» 
ftaltung feines Gartens die notwendige Aufmerkfamkeit fcbenkt, 
wird die Anlage und Pflanzungen nur nach den Ratfcblägen 
eines künftlerifrb durchgebildeten Gartenfachmanns ausführen 
laffen, der feinem Werk den Stempel perfönlicber Gefchmacks» 
richtung, wie der Liebhaberei des Befitjers, aufdrücken kann. 
Wie die Mannheimer Gartenkunft-Ausftellung feinerzeit im großen 
das herrliche Prinzip verwirklichte, Zufammenwirken von Natur 
und Kunft als Träger einer neuzeitlichen künftlerifcben Kultur, 
fo follte feit den Ergebniffen diefer Ausftellung kein Garten- 
befiijer mehr im Zweifel fein über die gebotenen Mittel und 
Wege bei Neu» und Umbauten feines Gartens. Man darf fogar 
heutzutage, ohne zu weit zu gehen, ruhig behaupten, daß der 
Geift und das Können unterer modernen Gartenarchitekten fich 
ebenbürtig und parallel der bocbftrebenden Entwicklung der 
Innen» und Außenarchitektur angefcbloffen haben, die uns in den 
letzten Jahren fo viele herrliche Werke gefcbaffen. Rechtzeitig 
haben fie von den alten Meiftern, namentlich Italiens, gelernt, 
wie die Linien eines fcbönen Gebäudes binausgeben in die Natur, 
wie die Architektur die Veranden und offenen Hallen, die 
Loggien, Terraffen und Baluftraden, die Fontänen, Kaskaden 
und Skulpturen nach ftrengem Grundriß ordnet, die Höben« und 
Farbenunterfchiede der Umgebung berückficbtigt, um Haus und 
Garten, Natur und Bauwerk als ein reizvolles organifcbes Kunft« 
werk erfcbeinen zu laffen. Durch die Vereinigung der eigenen 
Ideen und Wünfche mit den Anfcbauungen des Gartenarchitekten 
macht der Befitjer auch die Umgebung feines Haufes in Wahrheit 
zu feinem Eigentum. Ferner ift dabei wohl zu bedenken, daß 
eine Gartenanlage nicht mit Alltagsbedürfnis dient, wie ein Wand» 
fcbmuck, ein vergänglicher Obrenfcbmaus, eine verfcbwindende 
Sinnenwirkung. Eine moderne Gartenanlage foll ihr Wertmaß auf 
Jahrzehnte zum minderten behalten können. Sie muß dem ganzen 
Leben feines Befi^ers einen gewiffen Zweck und Anhalt geben, an» 
dererfeits aber auch ihm und den Seinigen ein Leben lang zum Ge» 
nuß, zur Freude gereichen; fie wird feine kleine Welt, das gelobte 
Land feiner engften Heimat, in dem er die Freuden und Sorgen 
feines Dafeins in ftiller Ruhe auszugleichen in der Lage fein muß. 
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