berufen, ein Gutachten abzugeben. Er fand, daß mehrere
erhebliche Konftruktionsfehler vorlägen, und es ward beim hohen
Magiftrat alsbald beichloffene Tatfache, den alten untüchtigen
Stadtbaumeifter zu penfionieren und Elias Holl an feine Stelle
zu fetjen. Diefer zögerte, weil ihm die Beftallung zu gering
fehlen. Man einigte fich endlich: »Jährlich 150 Gulden, jedes
Quartal 37V2 Gulden für Hauszins, Rockgeld fammt 12 Klafter
Holz und Kalchfchaufel, alle Wochen einen ganzen Gulden mit
dem anderen Werkmeifter, im Jahr zweimal Fifch, als 6 Pfund
Karpfen und 5 Pfund Forellen.« FUfo hat er in Gottesnamen
feinen Dienft angetreten und den Zeughausbau vollendet. □
Die alte St. HnnemKirche, die einen baufälligen Turm mit
einem fpitjgemauerten Dache befaß, lieferte ihm die Gelegen-
beit für feinen erften Turmbau. Er richtete an Stelle des alten
einen neuen auf, viereckig und achteckig, mit Kolonnen und
Gefimfen, deckte das fpitje Dach mit Kupfer und fetjte eigen
händig einen vergoldeten Knopf mit Kreuz hinauf. □
Der Neubau an Stelle des abgebrochenen »Sigelbaußes am
Weinftadel« gewährt einen Einblick in die Räumlichkeiten, die
ein Bürgerbaus von damals haben mußte. Das Haus bat einen
auf Pfeilern gewölbten Keller, ift 62 Fuß lang, 42 Fuß breit,
das untere Gefcboß durchaus gewölbt, mit Schreibgewölbe,
Wafchkücbe, Badftube, Röbrkaften und einem Gewölbe für Wein-
zieber. Im erften Stock befindet fich eine feböne große Stube,
ein Zimmer für den Verwalter und eine Kammer für den
»Sigler«. Darüber befindet fich noch ein Stockwerk mit Stuben,
Kammern, Küche und Scbreibftube für den Verwalter und
oberhalb derfelben der Dachboden. Das Siegelbaus ift ringsum
mit Kolonnen und an den vier Ecken geziert. Ein aus Metall ge-
goffener fldler ob einer vergoldeten Kugel, 21 Zentner febwer, ziert
den Giebel. Eine braune marmorne Pforte bildet den Eingang.
Einen Eifenbammer gab es zu reparieren; er ließ den Bach
regulieren, das Geräde ändern, den Hammerftubl verrücken, ein
neues Hbwerk berftellen, und der Hammer ging wieder zur
Freude feines Befitjers. Wie ernft er fein Stadtbauamt nahm,
geht daraus hervor, daß er unermüdlich ift, Baugebrechen auf
zudecken und durch gründliche Reparaturen zu beheben. So
rettet er eine von feinem Vorgänger vier Jahre vorher erbaute
Papiermühle und bewahrte auch das neue Gantbaus vor dem
Schaden, den das Grundwaffer angerichtet haben würde. □
Unter der Parfüßer Kirche im hinteren Lech, der unter diefer
Kirche durchfließt, findet fich ein mit Bilderfcbrift bedeckter Stein
vor, der nur mit großer Gefahr ans Tageslicht gebracht werden
kann. Der Vorgänger im flmt fab fich der Aufgabe nicht ge
wachten. Die Sache ift dadurch fchwierig, daß auf befagtem
Stein ein Kirchenpfeiler aufrubt. Elias febeint ein guter Ingenieur
zu fein. Er unternimmt das Wagnis, bricht das Kirchengewölbe
auf, fpreizt die unterfangene Stelle und erfetjt den heraus-
gelöften antiken Stein durch einen Marmorblock. Der Stein
wurde im fteinernen Gange des Siegelbaufes aufbewabrt. □
Der Architekt, der in jenen Aufzeichnungen die Hauschronik
einer ganzen Stadt erzählt, weil er diefe Stadt faft gänzlich neu
erbaut hat, wird in feiner Schilderung keineswegs eintönig,
weil es das Städteleben der damaligen Zeit nicht war und weil
jedes Haus irgendeinen perfönlichen Charakter durch den Zunft
gedanken bekam. Die Buntheit einer deutfehen Stadt im Zeit
alter der Meifterfinger zieht vorüber, wenn der Augsburger
Meifter von dem neuen Schlachtbaufe, der Metjg, erzählt, und
was er fonft erbaut, den Gefundbrunnen beim Klinkertor, einen
Schmiedbammer, einen Lobftadel, einen Kupferhammer, eine
Sägemüble, eine Sdbleifmüble, eine Schleif- oder Poliermüble,
eine Brücke am Knappentörl, eine Kapelle beim Lazarett, die
Barfüßler-Torbrücke, ein Pilgerbaus, eine Schule und ein Pfarr
haus bei St. Anna, die Wolfgangskapelle, ein Scbütjenbaus,
ein Goldfcbmied- und Kupferfcbmiedgewölbe, einen Turm an
der Judenbaftei, den Kirchturm zu Lütjen und viele andere
Werke, die zum guten Teil beträchtliches Ingenieurwefen voraus-
feßen. Die Wohnbauten find nicht gezählt. Er war auch fort
während mit Niederreißen befebäftigt. Niederreißen, um neu
aufzubauen. Vielleicht ift er in feinem Drange, tabula rasa zu
machen, zu weit gegangen. Denn ficherlich ift manches gute
Werk der Vergangenheit feiner Bauluft zum Opfer gefallen.
Aber er war einer, der für das, was er nahm, wieder gab und
zumeift ein Befferes wiedergab. Als Lebendiger batte er recht,
und er war viel zu gewaltig, um fein Titanenredk, mit dem er
der Väter Werk ftürzte, nicht zu gebrauchen. □
Ihm felbft erfebeint es unmöglich, fein ganzes Werk aufzu-
zeichnen. Eine faft elegifcbe Grundftimmung klingt durch, wenn
er fagt: »In Summa, es ift febier unglaublich, was ich diefe
14 Jahre bero in meinem Stadt-Werkmeifter-Dienft für große
Müh und Arbeit und großes Umlaufen inn und außerhalb der
Stadt gehabt, mit anderen mehr Gebäuen auch und Fleck-
Werk, fo hie befebrieben, welche auf gemeiner Stadtgüter ge=
wefen, da dann nicht allein die Arbeiten fein anzuwenden, wie
folcbe follen gemacht werden, fondern auch allerlei Zeug und
Materie dazu verfebaffen, welches ich nicht alles habe mögen, fo
umftändlicb auffebreiben, wird ob dem leicht zu vernehmen fein,
was hernach folgen wird. Als erftlicb auf den drei Blaicben,
die dann ordinari im Frühling, in der Faften, um den Sommer-
Bau bey den Herren anbalten, ihr Gebäu zu unterhalten, als
da fein. Die langen Häußer, Städel, Viebftallungen, Waffer-
häufer, Weißbäufer, Sommerbäufer, Feldbütten, Wafchbütten,
Hundftall und viel anders dergleichen auch auf den Walken,
Hammerfcbmidten, Sägmüblen. Item die Ringmauern und vieler
anderer Arbeit mehr, fo meine Herren betrifft, fo lang zu be-
febreiben wäre und nur Verdruß zum Lefen geben, mir aber
große Sorg und überaus viel Laufens und Rennens gemacht bat.«
Nach diefen vierzehn Jahren Stadtbauamtstätigkeit bekommt
er einen großen Monumentalbau. Das neue Rathaus. Die Bau«
gefchichte ift ein Dokument für alle Zeiten. Wir berichten daher
in des Baumeifters eigenen Worten: »Diß Jahr (1614) aße ich
einmal mit Hrn. Job. Jakob Rembold, Stadtpfleger, zu Mittag,
wurden des alten Ratbaufes hier zu Red und fagte ich: Ihr
Geftr. und Herren folten daran fein als ein bauverftändiger
Hr. Obmann, das alte und auf einer Seiten febr baufällige Rat
haus möchte verändern, abbreeben und an deffen ftatt ein
febönes neues, wohl proportioniertes Rathaus erbauen laffen,
vermelte auch dabey, ich hätte großen Luft darzu, ein febönes
bequem zu bauen, welches wohl wäre. Dachte Hrn. Stadt
pfleger nicht übel zu fein und antwortet, er wolle mit feinen
Herrn Mitcollegi, Bauherren und anderen des Raths davon
reden und ihre Gedanken darüber vernehmen, ich follte ein
Vifier und Abriß machen, in was Form und Größe ich ibne
ftellen wollte, und meinen Herren hernach vorweifen, fo könnte
man weiter der Sache naebdenken. □
Ich machte etlicb Vifieren, bis daß diefer, wie jeßt ift meinen
Herren gefallen bat. Dann trieb ich diefen Bau immer bey
denen Hrn. Stadtpflegern; da wurd mir eine Antwort von Hrn.
Rembolden folgendergeftalt: Ihr treibt mich immer mit dem
neuen Rathausbau an, folcbes ift aber boebbedenkliebe Sache,
zu dem fo ift unfer Schlagwerk in dem Rathaus-Turm wol
geordnet und febr nüßlich, alfo biß ihr mir ein Ort faget, da
man das Schlagwerk zuvor und ehe diefer Bau angefangen
wird, füglich anrichten könnt, fo will ich zu diefem Bau mit-
helfen. Da fpracb ich: Wenn es nur an diefem fehlt, fo wollt
ich bald ein tauglich Ort darzu finden oder verfeben. War
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