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bcftcafcn.« Das Efelsreiten fcbeint aber für die Handwerker
keinen Schrecken gehabt zu haben, denn es bedurfte noch mehr-
facher ernfthafter Erlaffe und Befchwerden beim Kurfürften,
bis die Holzbauten tat fachlich maffiv umgebaut wurden.
Früher, im Jahre 1474, hatte der Magiftrat ficher leichteres
Spiel mit der Einführung befferer Bauweife, denn er unterftütyte
diejenigen, welche fich nach feinem Willen richteten, durch un
entgeltliche Hergabe von Baumaterial. Durch alle Dresdener
Bauordnungen zieht fich jedoch wie ein roter Faden das löb
liche Beftreben, die Stadt zu verfchönern. Die Baudeputation
der Stadt batte fchon 1660 die Verpflichtung, fobald »neue Bauten
gegen die Gaffe« geplant würden, fich darum zu kümmern,
»damit folcber Bau nicht der Stadtzierde zuwider oder dem
Nachbarn zum Schaden gereiche«. In legerem Punkte war man
überhaupt ehemals viel ftrenger wie beute, nimmt doch felbft
die Abteilung des Sächfifchen Allgemeinen Baugefe^es über Be
bauung von Grundftücken die Nachbarn nur in ganz vereinzelten
Fällen in Schul}. Ehemals aber waren Fenfter, »daraus man in
des andern Hoff oder Gemach feben könne«, überhaupt verboten.
Alle diefe Verordnungen batten, wie ich tagte, einen außer
ordentlichen Einfluß auf die Geftaltung des Stadtbildes. Ihre
Wirkung ging aber noch febr viel weiter. Es trat eine völlige
Verfchiebung des architektonifeben Schöpfungszentrums, dem
die Bauwerke entflammten, ein. n
Konnten vordem ganz einfache baukunftlofe Häufer durch
Stellung und Maßverbältniffe im malerifchen Gefamtbilde mit»
fpreeben, fo wurde ihnen durch ihre Einrückung in die Straßen
wand diefe Möglichkeit genommen. Sie mußten, wenn fie zur
Geltung kommen wollten, eigenen Kunftaufwand machen. Mit
dem Verbote der Giebelftellung wurde der handwerklichen
Tradition, die fich in überlieferten guten Hausbauverbältniffen
erging, der Boden entzogen. An der Straße ftand nicht mehr
das dreidimenfionale Haus, fondern die zweidimenfionale Faffade.
Diefe aber bedurfte zu ihrer künftlerifcben Sonderbebandlung
entweder des Architekten oder des Stukkateurs. Wie man fich
noch eine Zeitlang behalf, um tro^ der Einfchwenkung des Haufes
in die Straßenwand dem Straßenbilde die Reibung von Giebeln
zu erhalten, lehren zahlreiche Giebelbäufer mit der Straße
parallel gerichtetem Firft. D
Uns drängt fich beute die Beobachtung auf. daß in der Be»
feitigung der Giebelbäufer eine der einfebneidendften Maßnahmen
zu erblicken ift, der die Städtebaukunft je unterworfen wurde.
Nicht allein, daß fogenannte malerifche Städte durch fie in nicht
malerifche verwandelt worden find, daß die Wohn- und Lebens
weife der Hausbewohner durch den zwangsweife veränderten
Grundriß des Haufes eine andere Richtung erhielt, fo mußte not
wendigerweife die Anfcbauung vom Werte des Haufes für das
Straßenbild eine Wandlung erfahren. Der Gefichtswinkel, unter
dem die Errichtung eines Wobnbaufes vollzogen wurde, ver»
febob fich, man war nicht mehr damit zufrieden, fich felbft zur
Genüge zu bauen, fondern man begann »die Zierde der Stadt«
ins Auge zu faffen. D
Heute, nachdem die meiften modernen Städte ihre Wandlung
zu Architektur- und Stukkateurftädten bewirkt haben, ift diefe
Parallelftellung von fo bemerkenswerter Bedeutung nicht mehr.
Für die beute beliebten verkrüppelten Dächer ift fie gegen-
ftandslos, fie äußert fich nur noch außerhalb der Städte, auf
dem Gebiete der Landbaukunft und der Baukunft ftädtifeber
Vororte, in denen fich der Baukünftler gern des deutfeben Daches
mit einheitlicher Firftlinie bedient. n
Wenn man im neuen, als verhältnismäßig modern zu be
zeichnenden fäcbfifchen Baugefet) vom Jahre 1900 ein Verbot der
fogenannten Giebelftellung nicht mehr findet, fo bat fich doch
eine folcbe durch drei Jahrhunderte benu^te Schablone eine fo
eingewurzelte Wertfcbätjung erworben, daß fie fich faft in allen
neuen Bauordnungen wiederfindet, und dies unter verändertem
Gefichtswinkel nicht ohne eine gewiffe Berechtigung. Von dem
Giebelbaufe ift nämlich nichts weiter übrig geblieben als die
rechteckige, mit ihrer fcbmalen Seite die Bauflucht berührende
Gebäudegrundfläcbe. Daß diefe die Breite des Baugrundftücks
beeinflußt und damit eine weiträumige Bebauung eines Blockes
ftark beeinträchtigen kann, liegt auf der Hand. □
Während des dreißigjährigen Krieges bat in Dresden an-
fcheinend mit Rückficht auf die ausgefogene Bürgerfchaft nur
eine febr zurückhaltende Handhabung der ftädtifchen Baupolizei
ftattgefunden. Auch fonft fcbeint die autonome Regelung der
ftädtifchen Baugefetjgebung zu vielfachen Mißftänden geführt zu
haben, fo daß nach dem Kriege fich immer das Beftreben der
Regierung, die baupolizeiliche Gewalt felbft in die Hand zu
nehmen, geltend macht, und wir feben fie dann im Intereffe
der Stadtfcbönbeit fortgefe^t in Tätigkeit. Johann Georg ver
anlaßt 1679 nach einem Brand von Alt-Dresden (beute Dresden-
Neuftadt) abgefeben von einer Zwangsumlegung, feinen Ar-
tillerieoberften Cafpar von Klengel »zu mehrerer Kommodität
der Einwohner und als Zierat der Stadt« auf beffere Errichtung
der Gebäude zu achten. Aus Freiberg ift eine Verordnung be
kannt, nach der man »jederzeit dabin bedacht fein folle, daß die
Gefchoffe, Türen und Fenfter ihre rechte Höbe, Weite und gegen-
einander eine geziemende Proportion und Gleichheit haben,
damit nichts zu einem allgemeinen und immerwährenden Übel-
ftande männiglicb vor Augen geftellt werden möge«. Erker
wurden nur zugeiaffen, wenn fie der Stadt zur Zierde gereichten.
Auch die Dresdener Statuten vom Jahre 1559, welche reichlich
lang in Kraft gewefen waren, werden 1660 »aufs neue über-
feben, erkläret und gebeffert, nachdem folche an etlichen Orten
etwas dunkel und daher felbige von den practicis ungleich in
terpretieret wurden«. D
Vom 17. Jahrhundert an feben wir dann die äftbetifchen Rück-
fiebten auf die Straße und die Straßengänger zunebmen und
die Bauvorfcbriften begegnen fich mit den Leiftungen der Bau
künftler und Handwerksmeifter in dem Beftreben, ftattlicbe Ge
bäude an die Straße zu ftellen. 1=1
Hier mögen die Freude am Gelingen und am Befit} mit-
fpreeben. Zahlreiche Hausfprücbe bekunden dies. □
Auch wo diefe Neigung in unteren Tagen häufig entartet,
wie in dem Hang des Bauenden, etwas berzumacben, möglichft
große Häufer zu errichten — wir haben fogar Verordnungen,
die z. B. kleine eingefeboffige Häufer nur zulaffen, wenn fie
1,80 Meter berausgeboben werden - müffen wir fie, ebenfo wie
die beute mit Recht diskreditierten Freilegungen bedeutfamer
älterer Bauwerke und ihre Herauslöfung aus einer von ihnen
untrennbaren Umgebung auf denfelben frommen Wunfch »der
Stadt Zierde« und dem Vergnügen der Straßengänger zu dienen,
zurückfübren. D
Diefe Rückfichten auf die Straßengänger jedoch müffen wohl
allmählich allzufebr angewaebfen gewefen fein, wenn auch na
türlich von einer Architekturklüngelei, wie fie das heutige Bau-
fpekulantentum an der Straße ausbreitet, nicht die Rede fein
konnte. Kunftfinnigen Leuten und namentlich dem Kurfürften
Friedrich Auguft II. mag fchon das damalige Treiben ein Dorn
im Auge gewefen fein, denn er erläßt gleich nach feinem Re
gierungsantritte im Jahre 1733 »wegen der unter den Architekten
eingeriffenen Mißwirtfchaft und Willkür« folgende Verordnung:
»Wir wollen, daß künftighin bei allen neu aufzufübrenden
Palais und anderen Bauten fowobl auf den davon zu hoffenden
Nutzen und Gemächlichkeit, dermalen aber, was die Struktur
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