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wird das Geld nicht angesehen, und manch ein übermüthiger Junge hat sich schon die
Cigarre mit Banknoten angezündet oder diese beim Tanze den Musikanten nur so vor
die Füße geworfen, als wüchsen sie wie Tannenzapfen.
Bei solchen Gelegenheiten geht auch bisweilen alles ernste Wesen verloren. Sonst gut-
müthig und friedfertig, setzt es dann gegenseitige Neckereien, Sticheleien, Spottlieder n.s.w.,
besonders wenn das junge Mannsvolk in „Rüden", das ist in Rotten aufeinander trifft.
Nicht lange währt es, und man kömmt vom Wort zur That. Bierkrüge bekommen Flügel,
Bänke und Stühle müssen Knittel liefern, oder man geht mit Raufeisen, Stoßringen und
Messern aufeinander los — es beginnt eine solenne Schlägerei; Blut fließt hier und dort,
ja selbst Todte hat man schon manchmal hinweggetragen. Besonders der heißblütigere
Innviertler, der Biertrinker, ist um seiner Rauflust willen bekannt; der ruhigere „Landler",
der Mostmensch, greift seltener zu solch improvisieren Waffen.
Man hat dem Oberösterreicher, besonders dem Öberösterreichischen Bauer, nicht
selten hochgradigen Egoismus vorgeworfen. Nicht immer mit Unrecht. Aber er hat auch
seine Ideale, für die er mit Begeisterung Gut und Blut hingibt. „Gott und Religion",
„Kaiser und Vaterland" — nicht blos das eigene „Lande!", sondern das große öster
reichische Vaterland — das sind ihm Worte von Hellem Klang und diese finden jederzeit
lauten Wiederhall in der Brust eines rechten Oberösterreichers. Wer ihm diese Ideale
angreift, der kann es gründlich mit ihm verderben. Kunst und Wissenschaft haben von
altersher zahlreiche Jünger in Oberösterreich gefunden, und groß sind die Werke, welche
sie auf diesem Gebiete geschaffen haben — lautsprechende Zeugen für die Geistesvorzüge
des trefflichen Volkes. Das schöne Land und das herrliche Volk sind einander Werth!
Zur Vervollständigung des Bildes, das wir von den Bewohnern Oberösterreichs
zu entwerfen suchten, wollen wir uns auch noch um die üblichen Kleidertrachten
umsehen, umsomehr, da das Sprichwort „das Kleid macht den Mann" nicht ohne alle
Wahrheit ist. Dabei sehen wir ab von den höheren Kreisen der Gesellschaft, die sich nach
dem Mode-Journal vom Pariser Kleiderkünftler oder von der Modistin ihr Gewand
machen lassen, und schenken unsere Aufmerksamkeit den unteren, breiteren Schichten des
Volkes. Auch bei diesem hat die Kleidertracht ihre Geschichte und es wäre der Blühe Werth,
derselben vom germanischen Urcostüm, dessen Einfachheit uns Tacitus so anschaulich
schildert, bis zur Solidität der Gewände in den Zeiten Karl des Großen und von der
wunderlichen Geckenhaftigkeit der Bauerntracht in jenen Tagen, da der Sohn des Meiers
Helmbrecht lebte, bis in die Zeiten zu folgen, da durch den Einfluß Spaniens und Frank
reichs auch der oberösterreichische Bauer seine Kleider zuerst nach spanischer, dann nach
französischer Manier umzugestalten für gut fand, woraus endlich die Volkstracht unserer
Tage sich entwickelte. Doch das würde uns zu sehr in die Weite und Breite führen. Wir