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realistischen Richtung und dem Ersätze der durstigen Tempera durch die saftige Ölfarbe
Bedeutendes schaffen.
Als Bahnbrecher sehen wir auch auf dem Gebiete der Farben Michael Pacher mit
seiner menschlich wahren Auffassung, seinen den Goldgrund verdrängenden Landschaften
und Architekturen, sicher und schön in der Zeichnung, satt und leuchtend im Tone. Von
seiner Hand sind die vier Bilder auf der Innenseite des ersten Flügelpaares vom Altäre zu
St. Wolfgang, und zwar die Geburt Christi, die Beschneidung, die Vorstellung im Tempel,
der Tod Mariä. Die Klarheit und Einfachheit der Conception, die wir seiner Plastik
nachrühmten, zeigt Pacher auch in diesen Bildern, deren Gestalten bei aller Individualität
auch ausgeprägte nationale Elemente zeigen; Technik und Colorit, Vorliebe für Helle,
schillernde Stoffe, Costüme und Naturtreue zeigen die ältere schwäbische Schule, ja sogar
den Einfluß Eycks, während die vorzügliche Modellirung, die Bildung des durchaus nicht
knitterigen Faltenwurfes, sowie die tiefe, warme und vorzüglich gestimmte Farbe mit
braunen Localtönen den Beweis liefern, daß der Künstler die Werke der Venetianer
gekannt haben muß. Die acht Bilder, welche sich bei geschlossenen inneren Flügeln zeigen,
sind tüchtige Leistungen, jedoch eines anderen, anscheinend der fränkischen Schule
angehörenden Malers, während die äußere Seite des zweiten Flügelpaares, sowie die
Rückseite des Schreines abermals eine andere, erstere sogar eine schwache Hand bekunden.
So dürften denn wenigstens drei Maler Pacher beigestanden haben.
Dieser Meister scheint indeß im Lande Schule gemacht zu haben; denn an seine
Altarflügel zu St. Wolfgang gemahnen lebhaft die von einer Chorbrüstung stammenden
Bilder zu Adelwang, die jetzt zu einem Blatt vereinigten Altarflügel zu Wartberg an der
Krems und andere in den Kunstsammlungen der Stifte aufbewahrte wenn auch mitunter
die Unsicherheit des Kunstjüngers verrathende Gemälde.
R enai s s a n c e.
Architektur.
In keinem anderen deutschen Lande sollte die großartige religiös-politische Bewegung
der Reformation so intensiv alle Schichten der Bevölkerung aufwühlen, so blutige hart
näckige Kämpfe Hervorrufen, so recht und schlecht den Charakter des socialen Krieges
annehmen als in Oberösterreich. Die oberösterreichischen Stände wußten von der
ursprünglich auch gegen sie gerichteten bäuerlichen Bewegung der Jahre 1594 und 1625
Nutzen zu ziehen und waren eine politische Macht geworden, in demselben Maße als den
anderen Kreisen jede Bedeutung versagt bleiben mußte.
Konnte sich unter so bewegten Zeitläuften irgend eine Bau- oder Kunstthätigkeit im
Lande überhaupt regen, so war wohl nur der ständische Adel befähigt, eine solche zu