MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Oberösterreich und Salzburg

238 
verstrebten Tachstühlen seine Kunstfertigkeit beweisen, vielmehr Kühnheit und Reichthum 
in der Fvrmung der Thurmhelme bethätigen, und in der That sind diese weit in das 
Land hineinschauenden stvlzen Zimmerwerke das eigentliche Wahrzeichen unserer heimischen 
Schlösser. Ihre typische Form ist die sogenannte Birne oder Zwiebel: eine üppige 
Bauchung über einer müßigen Einschnürung, die, kräftig aufschnellend, sich zum Halse 
verjüngt, aus welchem die durchbrochene Laterne hervorwächst; ihr abermals bimförmig 
geschwungenes Dach endet mit einer Wetterfahne oder einem Wappenthier. Entgegen den 
kärglich profilirten Thurmknppeln Niederösterreichs und jenen förmlich überquellenden 
Baierns halten die Constructionen Oberösterreichs eine glückliche Mitte in Maßverhältniß 
und Lineament ein. Aber nicht nur die eigentlichen Thürme, sondern auch Kapellen, Erker, 
Bodenfenster und Vordächer erhalten Helme, so daß ein förmlicher Wald großer und 
kleiner Thürme, schön geformter Rauchfänge, zierlicher Wetterfahnen und leuchtender 
Knäufe vom Schlosse aufstrebt, die kräftigen Massen des Baues in einen duftigen 
AuSklang auflöst. 
Vvn den noch erhaltenen Schloßbauten ist Puchheim bei der Westbahnstation 
Attnang, Dank seiner weitläufigen Anlage und seiner schönen Silhouette, besonders 
erwähnenswerth. 
Das Herrenhaus umschloß den gebräuchlichen Arcadenhof mit seinen gedrückten 
Proportionen, aber dem fein gefühlten Ornamente; jener anmuthenden Verbindung 
deutschen Wesens und italienischer Formenwelt, die bei allen unseren Renaissancebauten 
wiederkehrt und uns berechtigen könnte — wären wir weniger bescheiden — von einer 
speeiellen österreichischen Renaissance zu sprechen. Würdig an die Seite des bei Nieder 
österreich besprochenen Schloßhofes zu Schalaburg ist jener zu Hartheim mit seiner 
farbenheiteren Fresko-Decoration zu stellen. 
Im Innern jener außen einfachen und noch für die Vertheidigung erdachten 
Schlösser entfaltete sich eigentlich die Renaissance an den köstlichen Schreiner-, Schnitzer-, 
Hafner- und Schlosserarbeiten, wodurch die Wohnräume ihre stilvolle Ausstattung erfuhren, 
so wie an dem ganzen stets anwachsendcn Hausrathe, von dem allerdings nur wenige 
ehrwürdige Reliquien uns überkommen sind. 
Besonders schön sind die Interieurs der Schlösser Weinberg, Hartheim, Eferding, 
Württing und Puchheim vermöge der in edelster Renaissance gehaltenen, reich eingelegten 
Holzgetäfel, ihrer gigantischen Majolikaöfen mit den wimmelnden bunten Bildwerken, ihrer 
zierlich geschmiedeten Gitter und prächtigen Thürbeschläge — noch zu wenig gewürdigte 
Denkmale des heimatlichen Kunstgewerbes. Wenn auch Wälsche für Stuccaturarbeiten und 
mitunter für die Malerei berufen waren, alles was aus Holz, Thon und Eisen besteht, 
ist aus der Hand heimischer Werkleute hervorgegangen; waren ja damals die Schreiner
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.