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Die bildende Kunst litt nicht weniger als die Architektur unter der allgemeinen
Schwunglosigkeit des Daseins und der Hohlheit des gelehrten Kothurns. An die Stelle des
Naturstudiums und der Schule einzelner Meister war der akademische Unterricht, das
prämiirte Schulpensum getreten. Maler und Bild
hauer, welche Oberösterreich ans der Zeit der Kaiser-
Franz und Ferdinand aufzuweisen hat, sind fast
sämmtlich Treibhauspflanzen der Wiener Akademie.
Zu den bedeutendsten Jüngern dieser Anstalt
zählt der k. k. Hofbildhauer Leopold Kiesling (1770
bis 1827), dessen der griechischen Mythologie
entlehnte Werke sich meist im Belvedere zu Wien
befinden, während in seinem Heimatlande Ober
österreich uns nur die Büste des Erzherzogs Karl
im Stifte St. Florian bekannt ist. Jhni gebührt
unbestritten das Verdienst, die inländischen Marmor
brüche für den Gebrauch der heimischen Kunst
erschlossen zu haben. Ferner nennen wir Franz
Schneider (gestorben 1847), der, von dem Linzer
Bildhauer Franz Liebert unterstützt, in Linz,
Urfahr, Wilhering, Gramatstetten u. s. w. religiöse
Vorwürfe behandelte; eines seiner bekannteren
Werke ist die Kolossalstatne „die Religion" als
Brunnenfigur im Klosterhofe zu Wilhering. —
Von den Malern zehren die beiden Hitzenthaler
auf ihren vielen Altarblättern noch von dem
Schimmer des vorigen Jahrhunderts, in dessen
letzten Decennien Vater und Sohn ihre Künstler
laufbahn begonnen hatten. Anton Hitzenthaler gab
Franz Stirnbrand, der sich zu einem tüchtigen
Pvrträtisten ausbildete (gestorben 1882), den ersten Unterricht. Josef Abel (1756
bis 1818) war einer der begabtesten Schüler Fügers, dessen Pinsel sich fast ausschließlich
der antiken Mythologie, der griechischen und römischen Geschichte widmete; die Pfarrkirche
von Aschach besitzt ein Altarbild von seiner Hand. Studium und ein allerdings von den
Anschauungen der Zeit befangenes Compositionstalent ist diesem Künstler nicht abzn-
sprechen. Dagegen sind Johann Kästner, Johann Reiter, Paul Malzner, Josef Sutter
Akademiker der trockensten Observanz. Eine wohlthuende Ausnahme bildet der Autodidakt
Oberösterreich und Salzburg. t?