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ist der allgemeinen Annahme zufolge ein Salzburger und zwar aus dem Lungau, wo
die Tanuhänser seit den ältesten Zeiten seßhaft sind. Das Wappen dieser „Tanhuser" ist
eine goldene Greifenklaue ans gekröntem Helm im schwarzen Schilde. Mit dem Bilde des
Minnesängers in der Manesse'schen Handschrift hat eS das Schwarz und Gold des
Wappenschildes gemein. Wie Neidhart wohnt der Tannhänser eine zeitlaug an dem
„wonniglichen Hofe" zu Wien, bei Herzog Friedrich, den er in prächtigen Liedern besingt.
Er führt das Leben eines Fahrenden, locker und unstät. Heute auf stolzem Rosse, zieht er
morgen wieder kümmerlich seine Straße. Vieler Herren Länder durchwandert er; die
„milden" Fürsten zählt er getreulich ans. Sogar den fernen Osten lernt er auf einem
Kreuzzuge kennen. Wein, Weib und Lied sind seines Lebens Inhalt. Den edleren Ton des
Minnesanges schlägt er nur an, um ihn zu verspotten. Die späteren Minnesänger ahmen
ihn nach, die Meistersänger wählen ihn zu ihrem Liebling, sie sehen in ihm das Abbild
ihres eigenen genußsüchtigen, ruhelosen und in sich zerfallenen Zeitalters. Und so kam es,
daß sein Bild, mit alten und neuen Zügen ausgestattet, in den Sagenschatz des Volkes
ausgenommen wurde und daß sein Name in höherer sinnbildlicher Bedeutung fortlebt
neben dem eines Faust und Don Juan.
Wie anders die fromme Gestalt des Sängers, der uns jetzt entgegentritt: — der
Mönch von Salzburg! Hermann nennt ihn die älteste (Tegernseer) Handschrift seiner
Lieder. Er lebte in rauher Zeit, an der Wende des XIV. und XV. Jahrhunderts. Aber
nicht die lärmende Welt ist seine Heimat, sondern der stille Klosterbezirk, und Maria, die
süße Gottesmutter, ist seine Königin. Er übertrug lateinische Kirchenhymnen in die Mutter
sprache und dichtete zahlreiche eigene Lieder, die er selbst in Musik setzte. Vor Allem schön
sind seine Marienlieder, wie „das Ave Maria des Münichs", „das gnldein Fiugerlein
des Münichs" und andere, in denen er weltliche und kirchliche Tone auf das innigste
verbindet. Er ist, mit dem etwas späteren Straßburger Geistlichen Heinrich von Laufenberg,
der Begründer des deutschen Kirchengesangs, lange vor Luther.
Salzburg war schon früh eine Heimat des geistlichen deutschen Liedes; auch das
Volk sang solche Lieder. Aus dieser Quelle schöpften die Salzburger Protestanten ihre
religiöse Begeisterung, aus ihr stammen jene zahlreichen, oft ergreifend schönen Exulanten-
lieder. „In des Münich von Salzburg Tone" ist eine beliebte Tonweise der Meistersänger.
Selbst noch in den veränderten Zeiten des XV. und XVI. Jahrhunderts nimmt Salzburg
eine weithin bekannte Stellung ein. Hans Sachs selbst kam hieher und dichtete einen
Lobspruch auf die Stadt.
Die neue Zeit pochte vernehmlich an die Thore der altehrwürdigen Bischofsstadt.
Salzburgs geistliche Fürsten des XVI. Jahrhunderts erwarben sich den Ruhm, dem
Neuerungsgeiste nicht sowohl mit Waffen der Gewalt als mit solchen der Wissenschaft und