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gehören zu den schönsten und lautersten Erzeugnissen der damaligen patriotischen Muse.
Pfest starb als königlich baierischer Landrichter in Salzburg 1816. Maria Johanna
Sedelmaier wurde in Salzburg 1811 geboren. Sechsjährig las sie Pestalozzis „Lienhart
und Gertrud". Mit ihrem Bruder studirte sie Latein und Griechisch. Sie kannte ihren
Horaz und Virgil wie ihren Klopstock und Schiller. Nach dem Tode der Mutter über
nahm sie das Tabakgeschäft derselben, nebenbei ertheilte sie Unterricht. In ihrem Laden
verkehrten merkwürdige Männer. König Ludwig von Baiern suchte die Dichterin auf,
so oft er nach Salzburg kam; Ladislaus Pyrker bei seiner jährlichen Durchreise nach
Gastein; Lenau, Feuchtersleben sprachen bei ihr vor, selbst der ernste Grillparzer zollte
ihrem Streben seine Anerkennung. Das Leben der Dichterin ist sonnen- und freudelos.
Ihre ganze Liebefähigkeit wendete sie der Heimat, ihrem theureu Salzburg zu, dessen
Natur und Geschichte sie mit Schiller'schem Pathos besingt. In das Alterthum, in das
Salzburg der Römer hat sie sich ganz eingelebt; der Verlust der römischen Funde von
Bürglstein erfüllt sie mit wahrem Schmerz. Ihre Dichtungen, besonders die epischen: der
heilige Maximus und Rupertns, die Sage von Lambach, Jvsef Speckbacher, sollten in ihrer
Heimat unvergessen bleiben. Maria Johanna Sedelmaier starb 1853. Ein vollständiges,
regelrecht dnrchgeführtes Drama „Romulus und Remus" fand sich in ihrem Nachlasse.
Als österreichisches Herzogthum ist Salzburg in eine neue Phase der Entwicklung
getreten. Der gesteigerte Verkehr brachte geistige Zufuhr. Heimisches und Fremdes ver
banden sich zu neuen Lebensformen. Ludwig Mielichhofer, dessen Erinnerungen an das
elastische Wien der Zwanziger- und Dreißigerjahre reichen, war als Redacteur der Salz
burger Zeitung durch viele Jahre der gesellige Mittelpunkt des literarischen Sommerlebens
in Salzburg. Julius von der Traun (Alexander Schindler) fand in seinein salzburgischen
Tusculum die Sammlung zu seinen reifsten poetischen Schöpfungen. Karl Ziegler
(Carlopago) schrieb hier seine formschönen Verse „Vom Kothurn der Lyrik" und „Oden".
Dr. Märzroth rettete seine Alt-Wiener Erinnerungen in den Frieden der Alpennatur.
Ludwig von Mertens, der Sänger des belagerten Wien und des Idylls auf dem Kahlen-
berge, einer der wenigen epischen Dichter Österreichs, ünd Adolf Bekk, als Lyriker nicht
unbekannt, neunen Salzburg ihre zweite Heimat. Constant von Wurzbach, der Verfasser
des „Schillerbuches", weilt gleichfalls in dem Banne der Alpenstadt; vom Südfuße des
Untersberges, dein nahen Berchtesgaden aus sendet er seine poetischen und literarischen
Arbeiten, die Bände seines österreichischen biographischen Lexikons in die Welt. Richard
von Strele stimmt markige Lieder im Tone Scheffels an. Anton Breitner in Mattsee
versuchte sich auf episch-lyrischem Gebiete, gleichfalls in Scheffels Weise. Heinrich Reitzenbeck
und Josef Mayr wirkten von der Schule aus poetisch anregend auf die Jugend. Als
Jugend- und Volksschriftsteller im Geiste Christoph von Schunds ist P. Heinrich Schwarz
Obervsterreich und Salzburg. 32