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Auge über ein weites Waldgebiet, den Weilhardt, eine Hochfläche mit aufgesetzten Kuppen
reihen und Höhenzügen und einsamen Dörfern, in deren einem sich die Geschichte Meier
Helmprechts, der älteste deutsche Roman, abspielte. Der Salzachgletscher hat einst die
Geschiebemassen, welche den Untergrund bilden, mit sich hierhergeschleppt, die Hügelzüge
sind alte Moränenwülle, die weiten Moorlandschaften, die braunen Seebecken, jetzt mit
deni anstoßenden Geröhr das Sommerquartier vielerlei seltenen Federwildes, sind Reste
alter Gletscherseen. Gegen das Salzachthal fällt der düstere Forst in Terrassen und
Steilufern ab, die größeren Ansiedlungen liegen daher ineist auf dem flacheren baierischen
Ufer, dem auch der Verkehr folgt, ein Stück Altbaiern der conservativsten Art wird hier
an der oberösterreichischen Grenze sichtbar.
Vom Tannberg nördlich liegt das Mattigthal, eine grasreiche Flur, in deren Mitte
zwischen niedrigen Ufern das braune aber klare Gewässer der Mattig gemüthlich dahin
schlendert. Ihr entlang liegen anmuthige Pfarrdörfer, freundliche Ausblicke in bewaldete
Seitengräben eröffnen sich und gewähren Abwechslung. Da ist Lengau am Schwemmbache,
der im Kobernauser Walde entspringt, Friedburg und Heiligenstatt, wie Schwalbennester an
den Absturz des rechten Thalgehänges geklebt, unterhalb den Kirchdörfern Palting und
Jeging das stattliche Mattighofen, einst eine kaiserliche Pfalz. Uttendorf, lieblich in
Baumgruppen hingestreckt, und das ansehnliche Mauerkirchen schließen sich thalabwärts an.
Saftige Wiesen, hier und da mooriger Boden mit dunklen schilfnmsäumten Wasser
tümpeln, iiber denen die Blätter der gelben Teichrose sich breiten und blaue Libellen
zitternd schweben, bilden eine rossenährende Flur; sie war schon vor Jahrtausenden der Sitz
eines reisigen Keltenvolkes, dessen Helden und Häuptlinge sammt ihrem Geschmeide und
Waffenwerk flache Grabhügel decken, die das Volk in treuer Überlieferung Gälbühel nennt.
Im Osten des Mattigthales liegt der vielästige Kobernauser und der Hausruckwald.
Auf weichem Schlieruntergrunde, dem Zerreibsel einer früheren großen Meeresbucht,
breitete sich hier einmal eine große Moorlandschaft, von Sumpfwäldern unterbrochen, aus,
deren umgebildete Reste nun als reiche Lignitflötze ausgebeutet werden. Gewaltige Ströme
der Vorzeit setzten darüber mächtige Geschiebemassen ab, welche durch die Gewässer der
jüngsten Erdepoche zerfurcht wurden. Manch einsames Waldthal öffnet sich nach Norden
und nach Süden, an den Ausläufern liegen stille Dörfchen, deren holzgezimmerte Häuser
kaum unter dem beschirmenden Blätterdache der alten Obstbäume Herauslugen, ihr Unterbau
ist oft auf Kohlenblöcken fnndirt, da es der Gegend an Bausteinen gebricht. Ein solches
Dörfchen ist Groß-Piesenham, welches das „Muedastübl" Franz Stelzhamers, des
genialsten der oberösterreichischen Volksdichter, in sich einschließt. Einen Blick werfen wir
noch zurück in die gesegnete Gegend von Ried, dem jetzigen Hauptorte des Jnnviertels, und
durchwandern dann nach Süden den schattigen Hochwald. Wo der Kamm sich südlich gegen