MAK
Seite 362 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 23 
C. Haunold. 
Zur bevorstehenden Auktion seines Nachlasses. 
Von Friedrich Stern (Wien). 
Wie wir die guten Seiten und Vorzüge eines Men 
schen, den wir ein Leben lang gekannt haben, eigentlich 
erst dann in ihrer vollen Bedeutung zu würdigen lernen, 
wenn er aus unserem Kreise geschieden ist, so werden 
wir der Vorzüge eines Künstlers erst so recht inne, wenn 
er aufgehört hat, Neues zu schaffen und der Tod ihm 
Pinsel, Malstock und Palette aus den Händen gewunden 
hat. Während aber sonst die mildernde und verklärende 
Trauer das Bild eines Geschiedenen verschönern mag, 
ist es beim Künstler seine eigenste Arbeit, die ihn den 
Ueberlebenden in einem klaren und zuverlässigeren Lichte 
zeigt, als dies ju zu seinen Lebzeiten geschehen ist. Was 
erhaltenen Natureindruck nach bestem Vermögen des 
Künstlers getreu Wiedergaben. Die Zeit mag ja einen 
Hauch von Edelrost über die Blätter gelegt haben, die 
uns durch ihren zarten, schummerigen 'l'on auffallen, 
was ihnen aber von allem Anfang an gehörte, das war die 
sichere, ehrliche Zeichnung, der getreue Farbensinn, der 
gesunde Geschmack in der Stoffwahl und Auffassung. 
Deutschösterreich und ein angrenzendes Stück Bayern 
oder Ungarn hat Haunold einen unendlich abwechs 
lungsreichen Schatz an Motiven geliefert, in denen er 
geradezu schwelgt. Der Sommerfrühmorgen in Aigen 
mit dem hohen Göll im Hintergründe, wirkt auf den Be- 
Fig. 19. Makart, Junge Römerin. 
er da für uns geschaffen hat, das hat ihm seine Schätzung 
in der Gesellschaft, bei den Zeitgenossen, eingetragen; 
was er aber für sich malte, ohne die ja doch nicht zu ver 
scheuchenden Nebengedanken, Rücksichten auf das Ur 
teil anderer, das kommt nun erst aus den heimlichen Ver 
ließen hervor, in die er seine persönliche Sammlung ver 
schlossen hatte, und wir sehen mit einem Male den 
»Künstler an sich«, in dem alles das potenziert erscheint, 
was uns bisher seine Arbeiten sympathisch gemacht, und 
weggewischt, was wir als Konzession an wandelbare 
Geschmacksrichtungen hingenommen haben. 
Es sind eben seine Studien, wie er gleich sehr 
vielen anderen Wiener Malern seiner Zeit Studien auf 
gefaßt hat: Vor der Natur fertiggemalte Bilder, die der, 
schauer wie ein Reiseerlebnis; ein Blick über den Inn 
nach Burg Wernstein kann wohl den intransigentesten 
Bekenner der Stimmungslandschaft mit der Vedute ver 
söhnen und motivische Blätter, wie die Partie vom 
Mönchsberg, die ausgezeichnete Felsenstudie aus Hall 
statt, das geradezu vorbildliche Blatt »Die beiden Fich 
ten«, »Der hohe Steg im Maltatal« und so viele andere 
zeigen, wie dünn die Scheidewand ist, die manche zwi 
schen guten modernen und guten unmodernen Malern 
aufgerichtet haben. Sollen wir noch auf die Hochgebirgs 
landschaften hinweisen, die Wald- und Sccbilder und die 
1 wilden Schluchten, durch die der Gießbach tost, die so 
treu und gegenständlich abgemalt sind, wie das nur ein 
1 so inniger Naturfreund konnte, dem dabei das Handwerk-
	        
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