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Internationale Samml er- Z.e i t u n g. 
Nr. 23 
Seiten Halbsäulen mit figürlichen Pilastern: Halbfiguren einer 
Dame und eines Herrn im .Zeitkostüm. In der Füllung alle 
gorische weibliche Figur mit Flammenschwert und Knorpelwerk- 
urnrahmung. Darunter Maske. Geschnitztes Gesims mit drei 
Knöpfen als Träger und zwei Füllungen mit anno 1646. 
Reizende italienische Bronzearbeiten des 17. Jahrhunderts 
vergegenwärtigen die Kandelaber (Fig. 3 und 4). Beim ersteren 
befindet sich am oberen Teil des profilierten Schaftes über einer 
Kugel eine Scheibe mit acht reich durchbrochenen Kerzen- 
I armen mit Rankenwerk und Tieren. In der Mitte jeder besetzt 
mit einem Adler. Als Bekrönung ein lilienförmig durchbrochener 
Kranz und eine Scheibe mit gekröntem Adler. Der Kandelaber 
(Fig. 4) hat einen schlanken Schaft mit acht durchbrochenen 
Kerzenarmen und schreitendem Löwen. Bekrönt ist er von 
' einem freistehenden Vogel. Oberhalb der Kerzenarme ein Auf 
bau mit gitterförmig durchbrochenem Kranz, besetzt mit profi 
lierter Spitze und bekrönt von einer Scheibe mit zwei gegen 
überstehenden Vögeln und großem, gekrönten Adler. 
Die letzte rheinische Privatsammlung. 
Die lange Reihe rheinischer Kunstsarnrnler, die mit Hübsch, 
Melchior und Sulpiz Boisseree und Wallraf anhob, endet mit dem 
jüngst in Bon n verstorbenen Kaufmann Karl Röttgen. 
Wie Professor Dr. Paul C lernen in der Vorrede zu den: 
Katalog der Sammlung hervorhebt, bietet sich heute einem ein 
zelnen Sammler nicht mehr die Möglichkeit* eine solch erstaun 
liche Zahl von Ausstattungsgeräten und Skulpturen zu vereinigen. 
Schüler Anton Springers und Karl Justis, Freund der Universi 
tätsdozenten Karl Burges und Franz Obernier, des Begründers 
des Bonner Obernier-Museums, weiter der Künstler v. Wille 
d. Aelt. und Albert Küppers, durch seinen Schwager Geheimrat 
Straße I in Bonn, wurde bald zu einem ganz eigenartigen Museuni 
und dank dein Entgegenkommen seines Besitzers zu einer Stu 
dien- und Lehrsammlung der Studierenden der Universität. Ein 
reizvolles Pult der Sammlung schmückt seit der Bonner Stu 
dienzeit des deutschen Kronprinzen dessen Arbeitszimmer in 
Schloß 0 e 1 s. Von zwei Schränken dagegen, die die Kaiserin 
! Friedrich eifrig umworben hat, wollte sich der Besitzer 
schließlich doch nicht trennen. Jetzt kommen sie mit der ganzen 
Sammlung durch Matth. Lempertz (P. Haustein & Söhne) in 
Köln vom 11. Dezember an im Weißen Saale der Kölner 
Bürgergesellschaft zur Versteigerung. 
Die Skulpturensammlung Röttgen ist nach dem 
Urteile des Privatdozenten Heribert R e i n e r s (Bonn) mit ihren 
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Fig. 5. Pieta, 14. Jahrhundert. 
Busch, den Direktor der Frauenklinik, zum planmäßigen Sammeln 
angeregt, machte Karl Röttgen mit seinem Schwager Schröder 
große Studienreisen durch Italien und Spanien und verwertete die 
von allen Seiten gewonnenen Kunstkenntnisse auf ausgedehnten 
Samnielfahrten besonders in Westfalen und Süddeutschland. Auf 
den Versteigerungen im Westen bis nach Frankreich hinein ein 
ständiger Gast, war Röttgen doch nur ein zaghafter Käufer, der 
seine Mittel schonte. Seine Sehnsucht war, überall, in Kirchen 
und Schlössern, später auch bei den kleinen Händlern und Lieb 
habern nach verstaubten Kunstwerken herumzustöbern. Für die 
Vervollständigung der so allmählich zusammengebrachten Samm 
lung ließ sich Röttgen durch die Berliner Wilhelm Bode und 
Julius L e s s i n g und die Kölner Bürgermeister T h e w a 11 und 
besonders Domkapitular Schniitgen beraten. Sein Haus, Nasse- 
Fig. 6. Madonna mit Kind. 
ö7S Nummern die umfangreichste, die je auf den Markt gekommen 
I ist. Sie enthält allerseltenste Stücke, so eine Pieta des beginnen 
den 14. Jahrhunderts (Fig. 5), die in ihrem herben Realismus irti 
Zeitalter der minniglichen Marienbilder seltsam wirkt. Im Gegen 
satz zu der bisherigen Annahme, die sie dem Niederrheine zu 
wies, ist sie als ein Produkt der Kunst des Mittelrheins anzu 
sprechen, die in der Pieta des Domes zu Wetzlar und na 
mentlich im prachtvollen Vesperbilde der Städtischen Galerie zu 
Frankfurt a. M. zwei weitere glänzende Lösungen dieses 
Themas bietet. 
Von eigenartiger Auffassung ist die Madonna mit dem Kind 
(Fig. 6), die als arme flämische Bäuerin gekleidet ist. Die Ma 
donna sitzt in einfach grob geschnittener Gewandung auf einer 
Bnnk und reicht dem gewickelten Kinde die Brust, die sie durch
	        
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