MAK
Zenfralblatt für Sammler, liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: JTorbert ehrlich und J. Hans Prosl. 
1. Jahrgang. 
Wien, 15. Juli 1909. 
Hummer 12. 
Aus der UJerkstätte des Radierers. 
Von Hermann Menkes, Wien. 
*ine Kunst der Andeutung wurde die Zeichnung 
genannt. „Zeichnen ist rueglassen,“ meinte 
ITlax Ciebermann und das gilt selbstoerständlich 
auch uon aller Ätjkunst. Durch die feinste und 
strengste Auslese des Charakteristischen und 
durch das nur An 
deutende erhält die 
Radierung ihren 
tiefsten Reiz und 
ihre die Phantasie 
so sehr anregende 
Kraft. Sie ist eine 
intime Kunst, wel 
che die durch kein 
Clement gefälschte und eigenste 
Handschrift des Künstlers 
miedergibt. Sie fordert das 
minutiöse, die engste Zu 
sammenfassung, und auf einem 
Blätflein Papier erhalten mir 
eine kleine Welt uoll non ge 
heimen, unausgesprochenen 
Wundern der Schönheit, des 
unmittelbaren Erlebnisses, den 
Hauch der Dinge und roeniger 
ihre Gegenständlichkeit. Des 
halb ist die Radierung non 
jeher das Tieblingsobjekt des 
Sammlers geroesen, und hohes 
Interesse rnird er jefjt einem 
Werke entgegenbringen, das 
den Versuch unternimmt, ihn 
in alle Geheimnisse dieser Kunst einzuführen und sein Ver 
ständnis für alle ihre Techniken zu fördern. 
Cs ist ein Künstler, der zu uns spricht und uns 
einen Einblick in seine Werkstätte gemährt. Das Buch, non 
dem hier die Rede sein soll, ist „Die Kunst des Radierens“ 
betitelt, und rührt non dem Berliner Radierer Hermann 
Struck her. (Verlag Paul Cassirer, Berlin W.) 
Struck ist durch sein Gerhart Hauptmannbildnis be 
kannt geworden, ein Porträt, das roie kein anderes mit den 
einfachsten mittein JTlonumentalität und das physiagnomische 
Dokument einer grofjen dich 
terischen Erscheinung unserer 
Zeit gibt. Das Phänomen 
Hauptmann ist auf diesem 
Blatte in einziger Weise zu- 
sammengefafjt. Weniger be 
kannt sind leider bis jef^t 
Strucks Candschaften geblieben. 
Ein feiner eindringender Be 
lauscher tritt uns hier ent 
gegen, es sind Ausschnitte 
aus der Ratur, die uon einem 
starken Temperament gesehen 
wurden. Wie die IRenschen, 
empfindet dieser Künstler 
auch die Tandschaft in all 
ihrer Wesensart, in ihren flüch 
tigsten Stimmungsmomenten. 
Das fremdartige zieht ihn an, 
im Orient roie in der eigenen 
Heimat, in Palästina roie in 
Venedig. Er führt uns anderer 
seits polnische Juden Dar, ehr 
würdige, testamentarisch an 
mutende Gestalten des Ghetto 
und man merkt, dafj er primi- 
troe Seelen ebenso kennt und 
sich in sie hineinzuuerseijen Dersteht, roie in die differen 
ziertesten. Deshalb ist er so sehr dazu berufen, über die 
Kunst des Radierens zu sprechen, und er tut dies in der 
einfachsten, liebeoollsten Weise. Es ist ein künstlerisches 
Bekenntnisbuch, das er bietet und das voll oon intimstem 
fig. 1. Serd. Schmuser: Die Reiterin,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.