MAK
Seite 186. 
Hummer 12. 
Internationale Sammler-Zeitung. 
oon wirklichen Kunstwerken wird sie mahl nicht mit glück 
lichem (erfolg dienen, da die jedem Werkzeug widerstrebende 
Härte dieser Steinplatten durchaus keine Rachhilfe der 
freien Hand des Künstlers gestattet und folglich nur rohe, 
unoollendete Kunstwerke liefern kann. 
minder günstig fiel das Gutachten des Gremiums 
der Kunsthändler aus. ln einer Vorstellung uom 8. ITtärz 
1802 gegen die Erteilung eines ausschließlichen Prinilegiums 
an Senefelder bestreiten sie die Heuheit der Erfindung; 
der Steindruck sei, wie die im Besitze des Kustos der 
Albertina, Adam u. Bartsch befindlichen Proben beweisen, 
schon „uor ungefähr zwölf Jahren in Paris gemacht worden“, 
sie erbieten sich selbst zur Herstellung non Steindrucken etc. 
(Illeder I. c.) Senefelders Rechtfertigungsschrift oom 31. Illärz 
bemüht sich, diese Behauptung zu widerlegen, doch dauert 
es immerhin nach über ein Jahr, bis er das uom 28. Jänner 
1803 datierte Prioilegium auf zehn Jahre am 18. JTlai zu- 
gestellf erhält, nachdem er am 1. Dezember 1802 „die 
oerschlossene Zeichnung seiner neuerfundenen Druckpressen 
samt der Beschreibung seiner ITlanipulatiansart“ bei der 
niederästerreichischen Bundesregierung überreicht hat. 
Hm 20. Juli 1802 kündigt er in der „Wiener Zeitung“ 
(nr. 612, 5. 2897) das ihm bewilligte Prioilegium an. „Ich 
habe schon mehrere Arbeiten oon dieser meiner Erfindung 
geliefert und war so glücklich, den einstimmigen Beyfall 
aller Kenner damit zu erhalten; da ich nun schon einige 
Pressen dieser Art fertiggestellt habe, und dadurch in Stand 
gesetzt bin, mehrere Bestellungen in meiner chemischen 
Druckerey annehmen, und größere Werke selbst oerlegen 
zu können, so gebe ich hieoon einem oerehrungsmiirdigen 
Publicum hiemit die öffentliche Hachricht. Ich werde mit 
dem Drucke der ITlusicülien, geringerer Gattungen oon Bildern, 
Anfangsgriinden der Zeichenkunst, Tabellen, Wechselbriefen, 
Anweisungen, frachfbriefen, Preiscurranten und anderen 
derley kleinern Druckarbeiten den Anfang nehmen, nachher 
in das weite, dieser (Erfindung offen stehende ?eld des 
Kunst- und fabrikationsfaches übergehen, und stäts diese 
Fortschritte zur Wissenschaft der Künstler, Kunstliebhaber 
und fabricanten öffentlich bekannt machen, um sie zur 
Unterstützung meiner gemeinnützigen (Erfindung einzuladen.“ 
Senefelder etablierte seine „k. k. prioil. chemische 
Druckerey“ in der Jasefstadt, Kaisergasse nr. 5 und inaugu 
rierte seine Verlagstätigkeit mit der Herausgabe einer Reihe 
oon lllusikalien, darunter Ouoertüren zu fllazarts „Titus“, 
„Cosi fan tutte“, „Die Hochzeit des figara“ etc., Haydns 
„Winzertanz“ und „Der Winter“ aus den „oier Jahres 
zeiten“ etc. Das im Anhänge zur Ankündigung oom 20. 
Juli mitgeteilte Verlagsoerzeichnis zählt 21 bereits gedruckte 
niusikstücke auf.'-) 
Die neuerrichtete Anstalt Senefelders hatte mit den 
größten Schwierigkeiten zu kämpfen. Der lllusikoerlag 
konnte mit seinen etwas primitioen Produkten gegenüber 
den rein und zierlich ausgeführten (Erzeugnissen des Wiener 
Hatenstiches nicht konkurrieren; im ersten ITlonate des 
Bestandes der Druckerei hat der Vertrieb der UJusikalien 
10 Gulden 48 Kreuzer, im zweiten gar nur 1 Gulden 
36 Kreuzer abgewarfen. An ein gedeihliches fortkommen der 
Druckerei in der oon Senefelder gemachten Anlage war trat] 
weiterer Versuche auf dem Gebiete des IJJusikoerlages (siehe 
2 ) llach ?erchl, „Übersicht der Inkunabeln-Sammlung d. Citho- 
graphie“ (Oberbayr. Archio 1856, XVI.), S. 152, märe der erste in 
Wien hergestellte Steindruck ein „Wiener Studenten-lTlarsch“, ein 
einseitig bedrucktes Blatt, das um 1802 der Oingobe an die Candes- 
regierung als Probe beige’.egt murde. - Das erste Verlagsstück der 
prio. chem. Druckerei mar das Opus 12 des JTlünchner Hofmusikers 
und Kompagnons Senefelders, 5r. öleifjner, „Six Duos pour deux 
Hutes“ (Senefelder, Cehrbuch, 5. 83, 87). Die Datierungen 1801 
bis 1802 für diese und andere niusikstücke („Verlag der k. k. 
prio. chem Druckerei“!) im Katalog der Sammlung Aufseesser und 
ähnliche Rückdatierungen im Katalog der Sammlung Kann sind 
als millkürliche zu betrachten. 
die Ankündigung in der „Wiener Zeitung“ 1804, nr. 7, 5. 311, 
„niederlage in dem Gewölbe des Herrn franz Grund, prio. 
Antiquar“) nicht zu denken. Da kam Senefelder auf seine, 
bereits im Jahre 1801 in Condon patentierte Jdee der Ver 
wendung des Steindruckes für gewerbliche Zwecke, speziell 
für den Kattundruck, zurück. Der Hofagent Josef Hartl 
o. Buchsenstein, ein uneigennütziger Vorderer aller edlen 
Bestrebungen, der schon früher Senefelders Gründung in 
wohlmeinender Weise finanzierte, hatte hiefiir die große 
JTlaschinspinnerei und Weberei Tharnstans in Pottendorf ins 
Auge gefaßt. Trotzdem die Proben der Senefelderschen 
Druckart mittels geätzter Walzen allgemeinen Beifall fanden, 
wollte die Anwendung der Bithographie für den Kaftun- 
druck doch nicht ins richtige Geleise kommen, trotz des 
wahlwallenden Interesses Hartls, der die Absicht hatte, 
auf Grund eines speziellen Privilegiums eine Fabrik für 
deu Kattundruck zu errichten und Senefelder als Direktor 
anzustellen. Hartl, der in das Senefeldersche Unternehmen 
bei 20.000 Gulden investierte, zog sich allmählich zurück, 
die Druckerei setzte ihren Verlag oon JTlusikalien, Geschäfts 
papieren etc. unter der Beitung Senefelders und Gleissners 
mit wechselndem (Erfolge fort. Gnde des Jahres 1804 war 
das Unternehmen an einem toten Punkt angelangt. Sene 
felder war gezwungen, sich nach einem Geldmann um 
zusehen, der den unkaufmännisch geleiteten Betrieb zu 
einer lebensfähigen (Existenz verhelfen sollte. Gin solcher 
war jedoch in den unruhigen Kriegszeiten des Jahres 1805 
schwer zu finden. Senefelder entschloß sich daher, sein 
mühevoll erreichtes Prioilegium zu oerkaufen. Gin Käufer 
fand sich in der Person des Sekretärs des Hofagenten 
Hartl, Sigmund Anton Steiner, der zusammen mit einem 
gewissen Rochus Kraszniczky (nicht Granißky, wie er bei 
Wurzbach 34. Bd., S, 105 genannt wird) das Prioilegium 
gegen eine Gntschädigung oon 600 Gulden übernahm. 
Van dieser bescheidenen Ablösungssumme bekam jedoch 
Senefelder nur einen minimalen Betrag; das Konsortium 
mufjte sich nämlich zu einer abschlagsweisen Rückzahlung 
der Vorschüsse Hartls verpflichten, andererseits wurde oon 
dem auf Senefelder entfallenden Teil eine ohne sein Wissen 
oon Gleissner kontrahierte Schuld in Abzug gebracht, 
so daß Senefelder im Ganzen 50 Gulden erhielt. So 
stand Senefelder nach einer fünfjährigen Tätigkeit in 
Wien fast oor dem wirtschaftlichen Ruin. ) In allen diesen 
namenlosen Hetzereien, in dieser fast endlosen Kette oon 
lllifjgeschick, Verdrufj und Widerborstigkeit, im eigentlichen 
Ringkampf ums Dasein bewährte sich Senefelder als ein 
lllann von unerschöpflicher Geduld und Ausdauer, beseelt 
und getragen oon dem redlichsten Streben für seine Kunst 
und deren oerbündeten Vorderer; mitten in dem fast unlös 
bar scheinenden Wirrwarr arbeitete er an neuen Problemen, 
verbesserte sein material und seine JAaschinen und ersann 
immer wieder frische Ressourcen. Senefelder setzte seine 
letzte Hoffnung auf den Kattundruck, für welchen sich Herr 
o. Hartl noch immer interessierte. , . Senefelder oer 
wendete auch seinen ganzen Scharfsinn auf die Heu- 
konstruktion der maschinell, die ihm sehr wohl gelang. 
Aber auch jetzt trat das alte Verhängnis dazwischen in 
Gestalt eines treulosen Werkmeisters, welcher Senefelders 
niaschine abzeichnete und verkaufte, so dal) selbe oon 
mehreren Gtablissements nachgeahmt wurde, überdies oer 
hinderte Rapoleons Kontinentalsperre den Gebrauch der 
englischen Baumwollengarne. Damit erreichte jedes Privi 
legium sein Gnde und Senefelders müheoolles darnenreiches 
Tagewerk in Wien war geschlossen, obwohl jetzt die Ge- 
3 ) In diese Zeit fällt auch die Abfassung einer „Instruktion 
über die Anwendung seiner chemischen Druckkunst auf ITlctall- 
platten“. Geschrieben oan Senefelder in Wien zwischen dem 26. 
und 29. luni 1805, als er dieses sein neues Verfahren dem dort 
anwesenden Komponisten 3. P. Pleyel um 2000 Gulden uerkaufte. 
5. Auktionskatalog d. Sammlung Aufseesser, Berlin 1902, flr. 5.
	        
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