nummer 12.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 187.
brüder faber alles aufboten, den unentbehrlichen Sene-
felder für ihre fabrik zu St. Pölten zu gewinnen.“ (Holland
in flllg. D. Biogr., 34. Bd., S. 14).
Über die Tätigkeit Senefelders in Wien non der Zeit
des Verkaufes seines Prioilegiums bis zu seiner im Oktober
1806 non Baron Aretin neranlafjten Rückkehr nach HUinchen
informiert uns ein noch oarhandener Schriftenfaszikel, der
zugleich die Geschichte des ersten Betriebsjahres der neu-
organisierten Druckerei enthält. Um sein Heben fristen zu
können, mar er und mit ihm sein früherer Kompagnon
Gleifjner gezwungen, gegen eine kärgliche Entlohnung
Steinzeichnungen für die Druckerei zu liefern, flach den
im genannten faszikel befindlichen Wochenabschlüssen be
trug das Einkommen Senefelders für die Zeit uam 29. De
zember 1805 bis 6. September 1806 106 Gulden 62 Kreuzer.
Seine Arbeit bestand, roie dies aus den Rechnungsbeilagen
heruorgeht, zumeist im Grauieren der Titelblätter zu den
non der Druckerei herausgegebenen ITlusikstücken. flach
dem 6. September kommt der flame Senefelders in den
Rechnungen nicht mehr oor; im Oktober uerliefj er Wien,
enttäuscht in seinen Erwartungen und Hoffnungen auf eine
erfolgreiche Tätigkeit in der Kaiserstadt.')
Es läfjt sich nicht leugnen, dafj Steiner mit besonderer
Rührigkeit an die Reorganisierung und den weiteren Auf
bau seiner Anstalt heranging. Der fRusiknerlag nahm einen
bedeutenden Aufschwung, am Ende des Jahres 1806 rourde
schon die Verlagsnummer 547 registriert. Er engagierte
tüchtige Zeichner und Graneure, wie Karl fllüller, J. Dopler,
J. V. u. Schönfeld u. a., mit der Absicht, neben dem
JTlusik- und ITlerkantildruck auch den Kunstoerlag zu pflegen.
Ende 1805 wurde eine Publikation in Angriff ge
nommen, die wohl zu den heruorragendsten Teistungen
der ersten Periode der Wiener Tithographie gehört. Es ist
dies die „Vollständige bildliche Darstellung der gesamten
löblichen uniformierten Bürgerschaft der k. auch k. k. Haupt-
und Residenzstadt Wien nach dem neuesten Kostüme“.
Das die Adresse „Im Verlage der chemischen Druckerey
am Graben im Paternostergassei“ tragende Kastiimwerk
enthält einen Prospekt mit Inhaltsoerzeichnis, 3 Seiten
Widmung an Stephan Edlen oon Wohlleben, Bürgermeister
und Chef sämtlicher Bürgergarden Don Wien, Titelblatt mit
dem Porträt Wohllebens, um das drei Putti einen Blumen
kranz winden, endlich 39 Uniformbilder, Abbildungen der
Chargen in ganzer figur. Die Blätter sind fast durchgehends
nach Vorlagen J. Dapiers oon Karl TRüller mit der feder
4 ) Gleifjner kehrte erst im Flooember nach ITlünchen zurück,
nicht, roie Holland 1. c. S. 15 angibt, zusammen mit Senefelder.
auf Stein gezeichnet. 5 ) Das Porträt Wohllebens ist die
erste in Wien hergestellte Porträtlithographie, das
Uniformwerk selbst der Ausgangspunkt größerer Teistungen
der Wiener lithographischen Schule, die alsbald eine Höhe
erreichte, auf der sie mit den ausländischen Vertretern
der neuen Kunst würdig Schritt zu halten nerstand. Seit
1819, in welchem Jahre das Senefeldersche, respektiue
Steinersche Prioilegium zu Ende ging, entstand in Wien
eine Reihe größerer und kleinerer Steindruckereien, so die
non Ph. o. Phillisdorf, Jos. Georg AJansfeld, Stein
druckerei des k. k. Generalstabes, J. n. Schönfeld, Z. Grund,
C. Gerold und last not least — das 1817 durch den
Grafen Pötting gegründete „Tithographische Institut“.
Speziell die leijtgenannte Anstalt war die Pflegestätte der
lithographischen Kunst in Wien; Künstler wie Kriehuber,
Lanzedelli, Eybl, Agricola, fendi, Cieder, Kininger, Teltscher
u. d. a. waren für das Institut in heroorragender Weise
tätig. Das Tithographische Institut liefj sich die Pflege der
Porträtlithographie besonders angelegen sein, daneben
wurde aber auch die Herstellung oon Architekturen und
Tandschaften, Ansichten, Karrikaturen, Genrebildern etc. in
künstlerischer Weise betrieben.
Wichtig für die Entwicklung der Tithographie waren
die in diesem Institute 1818 bis 1819 gemachten chromo
lithographischen Versuche, als deren Ergebnis 1819 das
schöne figurenreiche und farbensatte Blatt „Siebenbürger
Jahrmarkt“ oon Tanzedelli und das Porträt des persischen
Botschafters am englischen Hofe oon fendi erschienen ist.
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, den Ent
wicklungsgang der Tithographie in Wien bis zu ihrer
höchsten Blüte und ihrem teilweisen lliedergang zu uer-
folgen. Auf dem Gebiete der Porträtlithographie behauptete
Wien drei Jahrzehnte unbestritten den ersten Plafj. Künstler,
wie oor allen Josef Kriehuber, dann die Deckers, Eybl,
Herr, Eduard Kaiser, Tanzedelli, Tieder, Prinzhofer,
Robert Theer, Teltscher u. o. a. haben die Porträt
lithographie auf eine Höhe gebracht, die weder das Erwerbs
moment, dem die meisten dieser Porträts in erster Reihe
ihre Entstehung oerdanken, nach aber die ITlasse der Er
zeugnisse kaum beeinträchtigen kann.
6 ) Bei dieser Gelegenheit sei auch festgestellt, dafj Senefclder
mit der Herstellung des Uniformwerkes gar nichts zu tun hatte.
Die Konstatierung dieser Tatsache ist schon deshalb roichtig, roeil
Kann in seinem flufsatj „Cithographica“ (Zeitschr f. Bücherfr. Hl.
S. 193) bezüglich des Werkes die unrichtige Angabe macht: „Ge
druckt non Alois Senefelder, bei seiner Vereinigung mit der Sirma
Steiner & Co.“ Cine solche Vereinigung hat jedoch nie stattgefunden
und die Rechnungen der chem. Druckerei missen auch nur oon
Teistungen ITlüllers und Doplers bei Herstellung des Werkes.
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Chronik.
Antiquitäten.
(Der Rother Schnitjalfar.) Der „ITlannheimer Altertums-
uerein“ hat, roie ITlarie Vetter in der „frankf. Ztg.“ berichtet, ein
überaus kostbares Jubiläumsgeschenk erhalten: Den rühmlich be
kannten Rother Schnitjaltar, der nach seiner nunmehr erfolgten
Aufstellung der Besichtigung frei steht. Der Rother Schnitjaltar ist
aus seinen mannigfachen Schicksalen nicht ganz unoersehrt her-
oorgegangen, aber in seinen Hauptbestandteilen darf er doch zu
den besonders gut erhaltenen polychromen Holzplastiken des
deutschen ITlitfelalters gezählt roerden. Genau läfjt sich die Cnt-
stehungszeit nicht feststellen, obroohl sich der ITlaler in spätgotischer
ITlinuskel an der Rückseite der Predella oereroigt hat: „Hans strüb
maler zu neringe hat difj tafel gemachet do man zalt MCCCC un
XIII iar uf lichtmefj.“ Die Altarplastik ist roohl in eine etroas frühere
Zeit zu uersetjen. Vom reichen Schmuck der Predella ist nur
noch der schön gemusterte eingeprefjtz Goldrand übrig geblieben,
derselbe, der auch die Altarroand ziert. Der mittlere Aufsatj, der
oor al'en Zutaten und Renouationsgelüsfen späterer Zeiten beroahrt
blieb, bildet den eigentlichen kunsfhistorischen Wert. Gr hat die
übliche kastenarfige Sonn, die fast darauf schließen läfjt, dafj auch
noch Slügel dazu gehörten. Ohne die Seitenornamente hat er die
beträchtliche Tange non 220 cm bei einer mittleren Höhe non 185 cm.
Sehr pikant ist die Dreiteilung des Sfabroerks der oberen Um
rahmung zu der in fünf Stufen abgetreppten Basis, auf der die
figuren nach der lllitte ansteigend aufgestellt sind. So hat der
Künstler auf dem natürlichsten Weg die überragende fRitfelfigur
der ITtaria erhalten. Sie trägt das Jesuskind uor sich, als wollte
sie es der Gemeinde zeigen; die Krone über ihrem Haupte wird
oon zwei schwebenden Engeln gehalten. Zu ihrer Rechten steht