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jnternaficnale Sammler-Zeitung.
riummer 12.
alle Gelehrten angeregt. Vor einigen Tagen erst hat Professor
Wunderer in ITlünchen einen interessanten Portrag über die
Grätschen Bilder und deren Bedeutung für die Kunst gehalten.
Ich entnehme ihm folgende bemerkensroerte Stellen:
fig. 6.
„Seit den Zeiten des Hellenismus entstanden überall
im griechischen Orient grofjartige Gemäldesammlungen und
dann beim römischen Kunstraub, als die römischen Gröberer
griechische Tempel und ITluseen plünderten, da mar die
Gier nach den tabulae pistae (?) nicht geringer, als die
nach anderen Kunstwerken, nach ITlarmor- und Grzstatuen,
nach goldenem und silbernem Tafelgerät. Dichter, Rhetoren
wetteiferten darin, den Ruhm einzelner Gemälde zu oer-
künden, einer Krotoniatischen Helena des Zeuxis, einer
Venus Anadyomene des Apelles. 3a, um ein Bild des
Protogenes zu schonen, soll Demetrios Poliorketes darauf
oerzichtet haben, Rhodos in Brand zu stecken, obwohl er
die Stadt auf keine andere Weise bezwingen konnte. Die
ganze farbenfreudigkeit des Altertums, die auch Plastik
und Architektur in ihren Bannkreis zog und die Statuen
farbig tönte und die Säulen und Architraoe und Giebelfelder
bemalte, sie hat doch nach dem Zeugnis des kunstoer
ständigen Altertums selbst in diesen Tafelgemälden die
höchsten Triumphe gefeiert und gerade oon diesen Tafel
gemälden war nur bis gegen Ende des oorigen Jahrhunderts
nichts oder fast nichts erhalten.
So können wir es oerstehen, mit welchem Gnthu-
siasmus, mit welchen hochgespannten Grwarfungen man
die Graf’schen funde begrüßte, was man oon ihnen erhoffte,
welche Bedeutung man ihnen beimafj. Vor nunmehr
21 Jahren hielten sie ihren Triumphzug durch die Grofj-
städte Guropas, in Berlin, Brüssel, Condon, Paris waren
sie ausgestellt und man erinnert sich noch des Aufsehens,
das sie damals mit Recht überall machten. Alle Zeitungen
und Zeitschriften brachten Besprechungen, Gelehrte und
Künstler, Archäologen und Anthropologen begrüßten sie
mit freudiger Überraschung und mancher ITlaler oersuchte
mit heifjem Bemühen die Technik dieser Bilder zu ergründen,
es waren die ersten antiken Tafelgemälde, die in den
Kreis der Forschung traten. Gs hat sich ja durchaus nicht
alles erfüllt und noch sehen uns diese Bilder rätselhaft
genug an, noch sind oiele fragen offen geblieben und doch
haben sie in oielem unsere Kenntnis oon antiker ITlalerei
gefördert, in oielem oöllig neue Aufschlüsse gegeben.
Schon oor den Graf’schen funden waren einige
ITlumienporträts in dieSammlungen des BritischenlAuseums
und des Touore gekommen, aber an sich unbedeutend,
dazu in schlechtem Zustand erhalten, mit gelblichem firnifj
bedeckt, waren sie fast unbeachtet geblieben. Da glückte
es in den Jahren 1886- 88 Herrn Theodor Graf, einem
Wiener Grofjkaufmann, der sich oorher schon durch seine
Sammlungen antiker Gewebe und durch seine Papyrus
funde, den heutigen Papyrus Rainer in Wien, einen guten
Hamen gemacht hatte, durch seine Agenten eine ganze
Galerie solcher ITlumienporträts in Ggypten aufzukaufen,
es waren etwa 120 Stücke. Ihren eminenten Wert ahnend,
lief] er sie sorgfältig oon der feinkörnigen Sandschicht,
die sie bedeckte, reinigen und pietätooll restaurieren und
der Gindruck, den die Bilder nun machten, war so eigen
artig, so ungewohnt, zum Teil so frappant modern, dafj
man ihnen oielfach, auch in Kennerkreisen zweifelnd
gegenüberstand. Aber noch in demselben Jahre gelang
es dem englischen forscher flinders Petric in controllierten
Ausgrabungen ebenfalls eine Anzahl oon 70 Porträts zu
finden, wenn auch oon oiel geringerer Qualität, so doch
oon derselben ITlalweise. Seitdem sind noch durch andere
forscher ähnliche Bilder ausgegraben worden und die
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Sig, 7.
Originalität und Gchtheit dieser funde ist nun oöllig sicher
gestellt, Der Grundstock der Graf’schen Sammlung, weit
aus die besten Stücke, 58 an der Zahl, befinden sich noch
in Wien zusammengehalten. Die funde oon flinters Petric