MAK
Seite 200. 
Internationale Sammler-Zeitung. 
riummer 13 
Zinnkraut in der Hange gepult, hat einen unoergleichlichen 
Glanz angenommen und eine Politur, roelche man umsonst 
bei neuen Sachen suchen mürde. Zuerst in sehr bescheidenen 
Grenzen, dann durch den Erfolg ermutigt, mar ich unent 
wegt auf der Ausschau 
nach hübschen Stücken, 
die es lohnen roürden, 
daf3 man sie jahrelang 
aufberoahrt. In einer Hin 
sicht roar es bis oor zehn 
Jahren nichtschroer, altes 
Zinn zu sammeln — es 
gab kein neues und alt 
imitiertes schon garnicht. 
Heutzutage heißt es sehr 
norsichtig sein, nament 
lich roenn nieder Auge 
noch Hand mit den 
charakteristischen Eigen 
schaften non altem Zinn 
nertrautsind. Jedes neue 
Stück, das ich meiner 
Sammlung einoerleibt 
habe — sie besteht ge- 
genroärtig aus 300 Stück 
•— ist erst sorgsam ge- 
Sig. 5. Holländische Wasserurne. pußt morden und hat 
etwa 1760. sichneben den bereits oor- 
handenen Sachen nicht 
sehen lassen dürfen, ehe es blißblank glänzte und so roeit 
als möglich oon den Buckeln und Perbiegungen geheilt 
roar, die ihm Zeit und schlechte Behandlung beigefügt. 
Große freude macht es, roenn eine neue Errungen 
schaft so unzroeifelhaft schön ist, dalj das bisherige mit 
Stolz betrachtete lllittelstiick zur Seite rücken und dem 
Heuangekommenen Plat3 machen muß. In meiner Samm 
lung ist roahl eines der ältesten Stücke nicht aus dem 
Sattel zu heben. Es ist dies die Terrine in der Rokokagruppe 
(fig. 2), die an Schönheit und form des ITletalls, soroie an 
oallkommener Erhaltung nicht gut zu übertreffen ist. Andere 
hochgeschäßte Stücke haben roeichen müssen — die glatte 
behäbige Holländerurne (fig. 3) 
in allerletgter Zeit einem graziösen 
Gebilde, das non Widderköpfen 
gehalten, auf schlanken Bocks 
füßen steht und oon einem Adler 
des ersten Kaiserreichs gekrönt 
roird. Sogar das alte Karafindl 
hat schönere llachfolger gefunden 
und steht unter einem Duzend 
mindestens gleichroertiger Stücke. 
Den Hauptreiz beimSammeln 
oan altem Zinn bildet roohl die 
große lllannigfaltigkeit der far 
men, in denen oergangene Jahr 
hunderte den Hausrat für den 
täglichen Gebrauch herstellten. 
Da gibt es glatte und gezackte, 
seichte und tiefe Teller, selbsfoer- 
ständlich in oerschiedenen Größen. 
Der Rand ist bei den Tellern aus 
Engel- (heil. Illichael) und Rosen 
zinn meist mit Rosenzacken um 
geben und gerippt; zroölf ganz 
gleiche sind schon schroer auf 
zutreiben - größere oon dieser 
Gattung gehören zu den Selten 
heiten. flache, großeSchüsseln gibt 
es bis zu 50 cm Durchmesser, 
Die großen Stücke haben immer die Initialen oder die erste 
Silbe des Hamens der ersten Besitzer, roelche einen Stolz 
in ihr Zinngeschirr selten, roie aus oielen leßfroilligen Ver 
fügungen heroorgeht, in denen das Zinngeschirr als roert 
oolles Vermächtnis angeführt ist. 
Tiefe Schüsseln gibt es heutzutage nicht annähernd 
so oielerlei roie zur Zinnzeit. Da sind die runden tiefen 
Schüsseln mit und ohne Handhaben, oon denen man mit 
Geduld einen „Saß“ Zusammentragen kann, d. h. mindestens 
sechs Stück oon der größten bis zur kleinsten. Dann die 
tiefen, ooalen Schüsseln, die hübsch in Zacken gerundet 
sind, endlich die sehr seltenen oiereckigen, mit abgestumpften 
gezackten Ecken. Hange, seichte fleischschüsseln gibt es 
mit und ohne oerschnörkelte Rokoko-Handhaben, schmale, 
sehr lange und zugespißte Schüsseln rourden zum Anrichten 
der fische gebraucht. Endlich gehören hieher auch die 
capriziös geformten Tabletten für Kannen und Kännchen 
und die schön getriebenen Teller und Schüsseln, die nur 
als Wandschmuck dienten, oder als Prunkstücke an der 
Rückroand der Eichenkredenz lehnlen. Ein Kapitel für sich 
bilden die Zinnflaschen, in denen der Wein aufberoahrt und 
transportiert rourde. Diese gibt es in jeder form und Größe, 
oielseitig, rund und oiereckig, sogar in form eines Eoange- 
liums, zur Aufbewahrung des JTleßroeines. Suppenterrinen 
und Gemüseschüsseln mit Deckel haben dem Zinngießer 
oergangener Zeiten besonders schöne formen eingegeben 
und roer deren ein Duzend besitzt, hat schon allein eine 
hübsche Zinnsammlung. Humpen, Becher, Pokale gehören 
zu den beliebtesten Zinngerätschaften und roerden jeßt am 
teuersten bezahlt, auch am fleißigsten imitiert. Sehr gesucht 
sind auch die kleinen Wasserbrunnen -— Haoemains - 
roie sie in Sakristeien und in bürgerlichen Stuben an der 
Wand zu hängen pflegten. 
Kannen und Kännchen dürften sich in meiner Sammlung 
mehr als 50 befinden und dennoch sind nicht zroei daoon 
gleich, außer denen, roelche paarweise den Dienst am Altar 
getan. Bei den Kannen sind die formen des Rokoko 
(fig. 4) und des Empire (fig. 5) am charakteristischsten 
und auf den ersten Blick zu erkennen. Die größte ITlannig- 
faltigkeit herrscht auch bei den Salzfässern, die nicht nur 
groß und klein, glatt und gerippt, rund und oiereckig 
fig. 4 Aus der Zinnsammlung der Verfasserin,
	        
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